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4. Zusammenfassung

Die Grundsätze des Städtebaus in der DDR von 1950 lesen sich wie die Verfassung eines neu entstandenen Staatsgebildes. Die Eckpunkte der Städteplanung waren vorgegeben und ließen kaum Spielraum für die Gestaltung der Stadt nach dem Kollektivplan. So passt die Wohnzelle weniger ins Konzept der Grundsätze, als es die Monumentalbauten nach sowjetischen Vorbild im Vergleich tun, obwohl das Grundkonzept der Wohnzelle in den späteren Bauphasen der industriellen Errichtung von Wohnhäusern wieder aufgegriffen worden ist. Letztendlich waren es politische Entscheidungen, die für die Umstrukturierung  ausschlaggebend waren. Dies wurde durch die Führung der DDR immer wieder deutlich gemacht. Berlin war die Hauptstadt des sozialistischen Deutschlands und damit auch Konfrontationspunkt der Systeme. Nirgendwo sonst trafen zwei so grundsätzlich verschiedene Ideologien so unmittelbar aufeinander wie in Berlin. Die Stadtentwicklung wurde ein Teil der Ost-West-Auseinandersetzung. Beide Systeme schufen Bauten, die mehr waren, als nur Unterkünfte für Menschen. So war die Stalinallee ein Symbol der Stärke des sozialistischen Systems. Die Wohnungen waren begehrt, weil sie modern und gut ausgestattet waren. Wer dort wohnte, lebte im Herzen einer Stadt, die wahrhaftig aus Ruinen auferstanden war. Sicher kann Berlin nicht als Gradmesser für die gesamte DDR stehen, dazu waren die Anstrengungen zu groß und die Investitionen für das Prestige der Hauptstadt wurden zu Lasten der übrigen Bevölkerung Ostdeutschlands getätigt, aber dennoch galt besonders die Stalinallee in den fünfziger Jahren als wegweisend.
Persönlich sehe ich weniger die ideologischen Grabenkämpfe im  Vordergrund, als viel mehr das Produkt einer Zeit, die durch Umbruch und dem Wunsch nach einem klaren Neubeginn bestimmt war. Die DDR wollte als Repräsentant eines neuen Deutschlands erscheinen. Bescheidenheit und Neutralität galten nicht unbedingt als Methode im Kampf der Systeme. Dementsprechend erfüllte die Umsetzung des Monumentalkonzeptes diese Erwartungen. So lieferte das Aussehen der Stalinallee immer genug Interpretationsstoff in Ost und West und das, wie ich finde, zu Recht. Dabei spielt es keine Rolle wie interpretiert wurde, allein die Tatsache, dass interpretiert wurde, ist ausschlaggebend. Wären Scharouns Pläne in die Tat umgesetzt worden, wäre eine beispiellose Gleichförmigkeit der Architektur und des gesamten Stadtbildes entstanden. Trotzdem ist es bedauerlich, dass dem Konzept der Wohnzelle nicht mehr Durchsetzungskraft zur Umsetzung verliehen wurde, besonders im Hinblick darauf, Bescheidenheit auszudrücken und Anschluss an die Ideen der Bauhausarchitektur zu finden. Sicher ist in den späteren Neubausiedlungen der Grundriss der Wohnzelle wiederzuerkennen, aber die vollständige Umsetzung blieb eine Absicht.
So stellen aber vor allem die Monumentalbauten der Stalinallee Individualität in der Architektur dar. Weitere Bauten dieser Art entstanden in Berlin nicht. Hohe Baukosten und lange Bauzeiten waren die Hauptgründe dafür, dass man sich in der DDR letztendlich für das industrielle Bauen entschied. So wurden aber auch die Monumentalbauten der ersten Bauphase indirekt Opfer der Sechzehn Grundsätze des Städtebaus. Schließlich wurde dieses Konzept nicht mehr verfolgt, obwohl es doch den Wünschen der DDR-Führung entsprach. Dem Gesetz der Ökonomie mussten sich alle anderen Grundsätze kompromisslos unterwerfen.
Anfang der fünfziger Jahre waren die Menschen in Ost und West immer noch davon geprägt, dass ein gemeinsames Deutschland die Zukunft bilden würde. Diese Hoffnungen wurden zunächst mit dem Bau der Berliner Mauer 1961 begraben.
Seit dem 02. Oktober 1990 steht die heutige Karl-Marx-Allee, bis 13. November 1961 noch Stalinallee, unter Denkmalschutz. Ein Baudenkmal von besonderer Bedeutung stellt diese Allee auf jeden Fall dar. So lässt sich auf gut 2,5 Kilometer Länge, 40 Jahre DDR-Architektur und Städteplanung studieren. Ein Gefühl der Größe erreicht sicherlich jeden, der sich die Zeit nimmt, entlang der Karl-Marx-Allee auf Entdeckungstour zu gehen.



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