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2. Die Utopien des städtebaulichen Neubeginns im Berlin der Nachkriegszeit

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bot sich den Menschen der Stadt die einmalige Chance einer Neukonzeption. So wurden Pläne für Gesamtberlin erstellt. Das Hauptproblem von Beginn an aber war, einerseits die Beseitigung der Trümmer und anderseits die anschließende Schaffung von ausreichenden Baugrund. Der Architekt Hans Scharoun (1893-1972) entwickelte dafür den Plan der Trümmerberge. Dieser Plan sah vor, die nicht mehr zu verwendenden Trümmer an zentralen Orten, meist auf den von den Alliierten gesprengten Luftschutzbauten (z.B. Flakbunker im Friedrichshain), aufzuschütten und später zu begrünen. So entstanden in den Parkanlagen Berlins kleine künstliche Hügel. Die Planung sah aber vor allem eine totale Neukonzeption der Stadt vor.
Hans Scharoun erhielt 1946 den Auftrag zur Schaffung eines Konzeptes zur Neugestaltung Berlins. Unter seiner Leitung wurde der sogenannte Kollektivplan entwickelt. Dieser sah eine völlige Neuaufteilung und Dezentralisierung der Stadt vor. Breite Strassen sollten gitternetzförmig die Stadt von Ost nach West und von Nord nach Süd durchziehen und die Hauptverkehrsadern bilden. Zwischen den Strassen sollten als abgeschlossene Einheiten Wohnzellen errichtet werden, die völlig unabhängig voneinander eine zentrale Einheit für mehrere tausend Menschen bilden sollten.
Die Grundidee basierte auf  den Gedanken der Bauhausarchitektur der zwanziger Jahre und wollte eine zu starke Konzentration von Menschen, wie bei den Mietskasernen, vermeiden. Die Wohndichte sollte 350 Personen pro Hektar nicht übersteigen und innerhalb der Wohnzelle sollte der Autoverkehr minimiert bleiben. Die Einheit selber bot Wohnraum für 4000-5000 Menschen und war ebenso für Familien konzipiert, wie auch für Alleinstehende, kinderlose Ehepaare und ältere Menschen. Soziale Infrastruktur wie Schulen, Kindergärten und Einrichtungen der Freizeitgestaltung (z.B. Kino, Theater usw.), sowie Versorgungseinrichtungen sollten den Mittelpunkt der Siedlung bilden. Die Gebäude sollten in moderner Erscheinung errichtet werden und viel Platz zwischen den Häusern würde Freiräume bieten und Enge vermeiden. Die Schaffung von Gärten, Grünflächen und das Anpflanzen von Bäumen wurden in die Planung mit einbezogen.
Der zentrale Mittelpunkt sollte der Mensch sein, er sollte sich wohl fühlen und "Luft zum atmen" haben. Die Planer wollten die unliebsamen Mietskasernen aus dem Stadtbild verbannen und die schlechten sozialen, hygienischen und oft erniedrigenden Umstände durch die Neugestaltung der Wohngebiete ins Positive wandeln. Bei weniger zerstörten Komplexen sollte eine Entkernung der Innenbereiche stattfinden, bei stark zerstörten Häusern der Abriss. Der Mensch sollte mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. In Ost und West sah man die Mietskaserne als überholt an, beide Seiten fanden auch ideologische Erklärungen. So schreiben Geist und Küvers: "...je nach Blickwinkel und Interessenslage  entweder den einen als undurchsichtig, unkontrollierbar, chaotisch, unhygienisch, entsittlichend und als Brutstätte des Kommunismus, anderen als Ausgeburt des Kapitalismus." (Geist/Küvers 1989, S. 237). Der erste Fünfjahresplan der DDR von 1951-1955 sah im Kern den Wiederaufbau der zerstörten Stadtzentren vor. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Sechzehn Grundsätze des Städtebaus bereits Wirksamkeit. Der Leitsatz dazu lautete: "Das Ziel des Städtebaues ist die harmonische Befriedigung des menschlichen Anspruches auf Arbeit, Wohnung, Kultur und Erholung." (Grundsatz 2).



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