Sommersemester 2001

GK A/B Einführung in die Literaturwissenschaft

Montag 14-18 Uhr, Hegelplatz Raum 407
Joseph von Eichendorff gilt als der bekannteste Dichter der deutschen Romantik – wohl jeder kennt die Erzählung Aus dem Leben eines Taugenichts und einige Gedichte. Ausgewählte lyrische Texte, Erzählungen und ein Drama bilden die Grundlage für diesen Einführungskurs, der neben einer Einführung in die Techniken wissenschaftlicher Arbeit vor allem mit den grundlegenden Fragen der Interpretationspraxis vertraut machen möchte. Im Mittelpunkt stehen also Fragen wie: Was ist ein (literarischer) Text und was heißt es, ihn zu lesen, zu verstehen und zu interpretieren? Wie lassen sich literarische Gattungen bestimmen und in ihren Funktionsprinzipien erklären? Was ist ein Autor und welche konstruktiven Schritte sind notwendig, um ihn und sein Werk einer bestimmten literarhistorischen Epoche zuzuordnen?
Die im Seminar erarbeiteten Schlüsselbegriffe und Interpretationen gehen in ein digitales Lexikon zu Theorie und Praxis der Literaturwissenschaft ein, das jeder Teilnehmer zum Abschluß des Semesters auf CD-ROM erhält. Technische Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, erwartet wird jedoch die Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit.
CD-ROM Einfuehrung in die Literaturwissenschaft So sah das Ergebnis des im vergangenen Jahr angebotenen Einführungskurses aus; in ähnlicher Form wird auch die CD-ROM dieses Seminars aussehen.
Lektüregrundlage: Neben den Texten Eichendorffs das von Thomas Eicher und Volker Wiemann herausgegebene Arbeitsbuch Literaturwissenschaft (2. Aufl. Paderborn 1997). Alle benötigten Texte stehen in einem Reader in der Germanistik-Bibliothek (Institut für deutsche Literatur, Schützenstr. 21) zur Lektüre/Kopie bereit.
Sprechzeiten:
Dienstag 14.00 – 16.00 Uhr im Institut für deutsche Literatur, Schützenstr. 21, Zi. 324 sowie jederzeit nach Vereinbarung
 

Seminarplan mit Literaturangaben

23. April 2001  Einführungsveranstaltung; Erläuterung der Themenstellung, Vergabe von Referaten
30. April 2001  Was ist ein Text?
Volker Wiemann: Einige Grundbegriffe der Textanalyse. Semiotische Grundlagen. In: Eicher/ Wiemann: Arbeitsbuch Literaturwissenschaft, S. 33-52
Was ist ein literarischer Text / Literatur?
Volker Wiemann: Einige Grundbegriffe der Textanalyse. In: Eicher/Wiemann: Arbeitsbuch Literaturwissenschaft, S. 13-28
Grundbegriffe zur Beschreibung literarischer Texte: Bilder (Metonymie+Metapher; Vergleich; Hyperbel; Allegorie+Symbol); Figuren (Wortspiel; Lautmalerei; Emphase; Oxymoron)
Josef Körner: Einführung in die Poetik. Frankfurt/M. 1949, S. 8-20


Anwendung der Grundbegriffe auf Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts, 1. + 2. Kapitel (unter besonderer Berücksichtigung der integrierten Lieder)
7. Mai Was heißt es, einen (literarischen) Text zu lesen, zu verstehen, zu interpretieren?

Alberto Manguel: Eine Geschichte des Lesens. Berlin 1998, S. 39-69
Heinrich Bosse: Verstehen. In: Heinrich Bosse (Hrsg.): Literaturwissenschaft. Einführung in ein Sprachspiel. Freiburg 1999, S. 63-81
Axel Spree: Interpretation. In: Eicher/Wiemann: Arbeitsbuch Literaturwissenschaft, S. 167-183
(Fakultativ: Klaus Weimar: Text, Interpretation, Methode. In: L. Danneberg, F. Vollhardt (Hrsg.): Wie international ist die Literaturwissenschaft? Stuttgart, Weimar 1995, S. 110-122
Axel Spree: Kritik der Interpretation. In: Eicher/Wiemann: Arbeitsbuch Literaturwiss., S. 185-215)



Anwendung: Joseph von Eichendorff: Das Schloss Dürande [Erzählung] Joseph von Eichendorff: Zwielicht [Gedicht]
14. Mai   Wie lassen sich verschiedene Sorten literarischer Texte (Gattungen) voneinander abgrenzen und in ihren Funktions- und Organisationsprinzipien bestimmen?
Klaus W. Hempfer: Art. Gattung. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Berlin, New York 1997. Bd. 1, S. 651-655 [Germanistik-Bibliothek, GB 1252 – W 422]
Josef Körner: Einführung in die Poetik. Frankfurt/M. 1949, S. 39-51
Wilhelm Voßkamp: Gattungen. In: Helmut Brackert, Jörn Stückrath (Hrsg.): Literaturwissenschaft. Ein Grundkurs. Reinbek 1992, S. 253-269
(Fakultativ: Klaus Müller-Dyes: Gattungsfragen. In: Heinz Ludwig Arnold, Heinrich Detering (Hrsg.): Grundzüge der Literaturwissenschaft. München 1997, S. 323-348)


Anwendung: Joseph von Eichendorff: Eine Meerfahrt (Erzählung); das in diesem Text enthaltene Gedicht Ich seh von des Schiffes Rande; Der letzte Held von Marienburg (Trauerspiel) 1. und 2. Aufzug
21. Mai Entfällt - dafür Besuch einer Theatervorstellung
Vorschlag: William Shakespeare Ein Sommernachtstraum, Heinrich von Kleist Der zerbrochene Krug / Das Kätchen von Heilbronn am DT
28. Mai  Wie lesen, analysieren und interpretieren wir lyrische Texte?

Grundbegriffe zur Beschreibung lyrischer Texte: Vers und Versrhythmus; Strophe; Reim: 
J. Körner: Einführung in die Poetik. Frankfurt/M. 1949, S. 26-38
Volker Wiemann: Aspekte der Lyrikanalyse. In: Eicher/Wiemann: Arbeitsbuch Literaturwissenschaft, S. 53-77



Anwendung: Joseph von Eichendorff: Denkst Du des Schlosses noch auf stiller Höh’?
Johann Wolfgang Goethe: Kennst Du das Land, wo die Zitronen blühn? (Mignons Lied)
4. Juni  Entfällt – Pfingstmontag
11. Juni Wie lesen, analysieren und interpretieren wir Prosatexte?

Thomas Eicher: Aspekte der Erzähltextanalyse. In: Eicher/Wiemann: Arbeitsbuch: Literaturwissenschaft, S. 79-128
(Fakultativ: Jochen Vogt: Grundlagen narrativer Texte. In: Heinz Ludwig Arnold, Heinrich Detering (Hrsg.): Grundzüge der Literaturwissenschaft. München 1997, S. 287-307)



Anwendung Joseph von Eichendorff: Das Marmorbild
18. Juni  Wie lesen, analysieren und interpretieren wir dramatische Texte?

Bernd Hamacher: Aspekte der Dramenanalyse. In: Eicher/Wiemann: Arbeitsbuch: Literaturwissenschaft, S. 129-166



Anwendung Joseph von Eichendorff: Die Freier (Lustspiel)
25. Juni  Was ist ein Autor; was sind „literarische Generationen“ ?

Art. Autor. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Berlin, New York 1997. Bd. 1, S. 176-180 [Germanistik-Bibliothek, GB 1252 – W 422]
F. Jannidis, G. Lauer, M. Martinez, S. Winko: Rede über den Autor an die Gebildeten unter seinen Verächtern. Historische Modelle und systeamtische Perspektiven. In: F. Jannidis, G. Lauer, M. Martinez, S. Winko (Hrsg.): Rückkehr des Autors. Tübingen 1999, S. 3-35
Walter Schmitz: Literaturrevolten: Zur Typologie von Generationsgruppen in der deutschen Literaturgeschichte. In: Rudolf W. Leonardt (Hg.): Das Lebensalter in einer neuen Kultur? Köln 1984,S.144-165



Anwendung: Eichendorff (*1788) und seine Generationsgenossen Achim von Arnim (*1781), Clemens Brentano (*1778), Adelbert v. Chamisso (*1781), E.T.A. Hoffmann (*1776), Otto Heinrich von Loeben (*1786)
Art. Joseph von Eichendorff. In: Killy Literaturlexikon Bd. 3, S. 198ff. [Germanistik-Bibliothek]
Günther Schiwy: Eichendorff. Der Dicher in seiner Zeit. München 2000. Zeittafel, S. 667-688
Julius Petersen: Die Wesensbestimmung der Romantik. Eine Einführung in die moderne Literaturwissenschaft. Leipzig 1926, S. 132-170
(Fakultativ: Walter Schmitz: „Die Welt muß romantisiert werden...“ Zur Inszenierung einer Epochenschwelle durch die Gruppe der ‚Romantiker’ in Deutschland. In: Henrik Birus (Hrsg.): Germanistik und Komparatistik. Stuttgart, Weimar 1995, S. 290-308)
2. Juli Was heißt „literarisches Leben“; welche Beziehungen bestehen zwischen Literatursystem, Künsten/ Medien und Gesellschaft?

Theodor W. Adorno: Rede über Lyrik und Gesellschaft. In: Th. W. Adorno: Gesammelte Schriften. Bd. 11: Noten zur Literatur. Frankfurt/M. 1977, S. 49-68
Erhard Schütz, Thomas Wegmann: Literatur und Medien. In: Heinz Ludwig Arnold, Heinrich Detering (Hrsg.): Grundzüge der Literaturwissenschaft. München 1997, S. 52-78


Anwendung
Die deutsche Romantik im zeitgeschichtlichen, literatur- und kunsthistorischen KontextJoseph von Eichendorff: Erlebtes. II: Halle und Heidelberg
Gerhard Schulz: Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration. Erster Teil. München 1983, I. Kapitel: Deutsche Verhältnisse 1789-1815, II. Kapitel: Kraftfelder und Tendenzen, S. 3-45; 46-80; 
Gerhard Schulz: Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration. Zweiter Teil. München 1989, Kapitel I. 4.: Literaturlandschaft, Kapitel II. 1.: Deutsche Verhältnisse 1815-1830, S. 81-101, 103-118

9. Juli Was ist eine Literaturepoche und wie ordnen wir einen Autor und sein Werk einer bestimmten literaturhistorischen Epoche zu ?

Art. Epoche. In: In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Berlin, New York 1997. Bd. 1, S. 476-480 [Germanistik-Bibliothek, GB 1252 – W 422]
Rainer Rosenberg: Epochen. In: Helmut Brackert, Jörn Stückrath (Hrsg.): Literaturwissenschaft. Ein Grundkurs. Reinbek 1992, S. 269-280



Anwendung: Romantik als Literaturepoche
Art. Romantik. In: Killy-Literaturlexikon, Bd. 14, S. 316ff. [Germanistik-Bibliothek]
Gerhard Schulz: Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration. Ertser Teil. München 1983, S. 69-80
(Fakultativ: Joseph von Eichendorff: Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands. Zweiter Teil, Kap. VII: Die neuere Romantik)
Darstellung künstlerischer/literarischer Epochen:Rainer Baasner, Georg Reichard: Romantik. Hypertext-Informationssystem (CD-ROM, Stuttgart 1999); Romantik – ein multimedialer Wegweiser zur Kunst (CD-ROM, Würzburg 1998) = Computergestützte Präsentation mit Beamer?
16. Juli 2001  Abschlußveranstaltung
Literatur und Kunstsystem: Texte, Musik, Bilder der Romantik

Ausgewählte Texte romantischer Autoren – Musik, z.B. Robert Schumann: Liederkreis Opus 39 (nach Eichendorff-Gedichten) – Bilder von Caspar David Friedrich, Philipp Otto Runge, Carl Gustav Carus (Dia-Serien aus der Zweigbibliothek Kunstgeschichte, CD-ROM) ...alles ist möglich!

Literaturhinweise:
Ernste Spiele. Der Geist der Romantik in der deutschen Kunst. Ausstellungskatalog München 1994
Markus Schwering: Eichendorff und C. D. Friedrich: Zur Ikonographie des romantischen Landschaftsbildes. In: Aurora 44 (1984), S. 130-146
Theodor W. Adorno: Zum Gedächtnis Eichendorffs.. In: Th. W. Adorno: Gesammelte Schriften. Bd. 11: Noten zur Literatur. Frankfurt/M. 1977, S. 69-94, insbesondere Coda: Schumanns Lieder, S. 87-94

Elementares

Im Seminarablauf sollen systematische Erläuterungen literaturwissenschaftlicher Begriffe und Verfahren mit ihrer "praktischern" Anwendung verschränkt werden; dazu sind die (durchgängig kurzen) theoretischen Texte und die angegebenen Anwendungsbeispiele von allen Seminarteilnehmern zu lesen

Eine kurze Einführungen durch Studierende – günstig in Arbeitsgruppen + mit knappem, konzisem Thesenpapier – soll die Basis für die nachfolgende Seminardiskussion bilden 

Der Erwerb von benoteten Leistungsnachweisen („Schein“) erfolgt durch aktive Mitarbeit im Seminar, mit kurzem Auftritt (Einführung) und schriftlicher Hausarbeit auf Basis dieses Einführungsreferates

Um Abwesenheit bei Seminarveranstaltungn zu minimieren, gilt: Einmaliges unentschuldigtes Fehlen ist erlaubt (wenn auch nicht gern gesehen), zweite Absenz nur mit Entschuldigung

 



So sieht das materiale Ergebnis des Seminars aus
  

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