"Kochen Sie mit den Kindern!"
Die Ernährungswissenschaftlerin Mathilde Kersting über fettarme Milch, den Nutzen
von Tischsitten und typische Fehler von Eltern dicker Kinder
Journalist:
Frau Kersting, was machen Eltern pummeliger Kinder falsch?
Kersting:
Meist kommen zu wenig Bewegung und falsche Ernährung zusammen. Der Kalorienbedarf
des Kindes wird überschritten. Das Problem ist das zu fettreiche Essen. Kinder und
Jugendliche in Deutschland nehmen wie auch ihre Eltern etwa 38 Prozent ihrer
Kalorien in Gestalt von Fett zu sich. Empfohlen werden aber nur 30, allenfalls 35 Prozent für
Kinder. Es werden einfach zu viele Lebensmittel eingekauft, in denen sich das Fett
versteckt. Es handelt sich unter anderem um Wurst, Vollmilch, Sahne, Käse, Süßigkeiten,
Schokolade, Gebäck.
Eltern müssten einfach nur ihre Einkaufsgewohnheiten im Supermarkt ändern. Vor allem
raten wir dazu, dass die ganze Familie ihre Ernährungsgewohnheiten überdenkt. Wenn
in der Familie ein dickes Kind sich anders ernähren soll als der Rest der Familie.
Das ist auf Dauer zum Scheitern verurteilt. Zudem muss man sein Kind an mehr Bewegung gewöhnen
die Behandlung des Übergewichts ist eine Lebensaufgabe. Den Kindern muss man Alternativen
anbieten. Es ist schlecht, von Verboten zu sprechen. Aber man kann einteilen: in empfohlene und geduldete Lebensmittel. Empfohlen sind Gemüse und Kartoffeln,
in Maßen auch Milch und Fleisch. Geduldet sind zum Beispiel Süßigkeiten in kleinen
Mengen.
An Stelle von Fett und Kalorienreicher Schokolade sollte man lieber Gummibärchen geben,
oder anstatt eines fettreichen Big Mac den einfachen Hamburger. Statt mit Majonäse
kann man auch eine Soße auf Joghurtbasis machen. Und was wir als generelle Maßnahme
für Familien empfehlen, das ist ein Umsteigen von Vollmich auf teilentrahmte Milch
mit 1,5 Prozent. Es soll auch gelten für Kinder die gar nicht zu schwer zu sind.
Das sehe ich als Präventionsmaßnahme, weil man damit die gesättigten Fette in der
Vollmilch tragen mit zu erhöhten Cholesterinwerten bei.
Manche Eltern sagen: "Mein Kind isst aber gar nicht viel." Wenn man dann nachfragt,
kommt heraus, dass es große Mengen an süßen Getränken trinkt: Limonade also oder
Cola. Man kann die Kinder jedoch nicht von heute auf morgen vom Limonade trinken
zum Leitungswassertrinken bringen. Deshalb empfehlen wir, dass die Eltern die süßen Getränke
zum Übergang mit Wasser mischen. Wasser ist das ideale Getränk.
Viele Kinder essen einfach aus Frust, weil sie mittags oder abends zu Hause allein
sind. Die futtern einfach irgendwas, was auch immer im Kühlschrank steht. Das gemeinsame
Essen, das wenigstens einmal am Tag zu Stande kommen sollte, ist wichtig, weil es
eine Ernährungserziehung ohne Worte ist. Wir empfehlen deshalb das gemeinsame Abendessen.
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