Hoffentlich treffen sie richtig
(Marita Lorenz über ihr Leben als CIA-Agentin und wie sie ihren Geliebten Fidel Castro
ermorden sollte)
Journalist:
Im Kino läuft seit kurzem ein Dokumentarfilm über Ihr Leben. Sie haben einmal behauptet,
"Fidel Castro lebt noch, weil ich es ihm erlaubt habe!" Welche Macht besitzen Sie
über den kubanischen Diktator?
Lorenz:
Ich lernte Fidel Castro im Februar 1959 auf dem Kreuzfahrtschiff "Berlin" kennen.
Mein Vater war der Kapitän, und Fidel kam an Bord, weil er noch nie so ein großes
Schiff gesehen hatte. Ich führte den Gast herum. Beim Essen griff er unter dem Tisch
nach meiner Hand. Es war um mich geschehen. Fidel war mein erster Mann. Unsere verrückte
Liebe dauerte fast neun Monate.
Da ich ihm so nahe Stand, wollte mich der amerikanische Geheimdienst CIA später überreden,
ihn zu ermorden. Das schaffte ich aber nicht. Im Oktober 1959, ich war schwanger
von Castro, betäubten und verschleppten mich Unbekannte. Als ich in einer Suite des
"Havanna Hilton" wieder auwachte, war das Kind weg, und ich hatte furchtbare Schmerzen.
Zurück in den USA, versuchten mich CIA-Agenten zu überreden, an Castro Rache zu nehmen.
Ich reiste mit zwei Giftpillen im Gepäck nach Havanna Zurück, warf sie aber ins Bidet, bevor Fidel ins Zimmer kam. Eigentlich lag mir nur daran, ihn wieder zu sehen.
Ich dachte mir: Das ist nicht mein Krieg, soll doch die Weltgeschichte ihren Lauf
nehmen.
Man kommt leicht in die CIA hinein, raus aber zumeist nur im Leichensack. Ich wusste
zu viel, kannte die Undercover-Agenten in Florida. Ich war eine Gefahr und musste
also bleiben. Mit der geheimen Attentatsgruppe OP 40 übten wir in den Everglades
Sabotageaktionen und Mordanschläge. Meine Spezialität war es, Jachten von reichen Amerikanern
zu stehlen und damit Waffen nach Mittelamerika zu transportieren. Manchmal setzte
ich eine Jacht absichtlich auf Grund, um Fidel zu helfen. Wenn ich jetzt mein Leben
erzählt habe ist es weil ich Angst hatte, dass mich die CIA fertig macht. Schon 1988 habe
ich mit fünf anderen ehemaligen Agenten den Ausstieg aus der schmutzigen Company
erklärt. Wir durchbrachen damit eine unsichtbare Mauer, und sie machten uns das Leben
zur Hölle. Ich habe immer noch Angst, Tag für Tag. Seit einem Schweren Herzinfarkt weiß
ich, dass mir nicht mehr viel Zeit bleibt.
In meiner Autobiographie die im Frühjahr erscheint möchte ich alles schonungslos erzählen.
Wenn sie mich dann erschießen, kann ich nichts dagegen tun. Ich hoffe nur, dass sie
richtig treffen. Deutschland ist immer noch meine Heimat. Ich möchte ein kleines
Häuschen auf dem Land, einen Garten und eine Kuh. Dann wäre ich glücklich. Ich muss
aus den USA weg, für die ich mein ganzes Leben gearbeitet habe. 1978 bekam ich zwar
Immunität für alle Verbrechen, die ich im Namen der nationalen Sicherheit begangen
habe. Aber weder CIA noch FBI zahlen mir eine Rente. Sie verzeihen mir wohl nie, dass ich
Fidel am Leben gelassen habe.
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