4.4.3 Zeitstempeldienst der Zertifizierungsstellen

Im Entwurf des Maßnahmekatalogs für digitale Signaturen [MaßK 97] werden folgende Leistungen der Zertifizierungsstellen (ZS) beschrieben, die im SigV von den ZS gefordert werden: Da Zeitstempel Bestandteile der Protokolle sind, wird auf den Zeitstempeldienst etwas ausführlicher eingegangen.
Die digital vorliegenden Daten von Teilnehmern werden durch den Zeitstempeldienst mit der aktuellen Zeit verknüpft und durch die ZS signiert. Die signierten Daten werden an den Teilnehmer zurückgeschickt. Im Entwurf des Maßnahmekatalogs wird der folgende Lösungsvorschlag beschrieben:

Der Zeitpunkt (Datum, Stunde, Minute, ggf. Sekunde und Zeitzone) wird durch einen Funkempfänger (DCF77, 77kHz) festgestellt und automatisch zusammen mit den zu stempelnden Daten signiert. Die Form der Daten ist für den Zeitstempeldienst irrelevant. Es kann sich um Signaturen, Hashwerte oder vollständige Dateien handeln. Parallel wird durch eine lokale IT-gestützte Referenzuhr die Korrektheit der empfangenen Zeit überprüft. Alternativ kann zur Bestimmung der Referenzzeit auch ein GPS-Empfänger o.ä. benutzt werden. Wenn zwischen der Funkuhr und der Referenzuhr eine Abweichung festgestellt wird, wird der Zeitstempeldienst abgeschaltet und eine Warnmeldung erzeugt.
Die Verwendung eines sekundengenauen Zeitstempels ist nur möglich, wenn die technisch bedingten Abweichungen zwischen dem Funkempfänger und der Referenzuhr im Bereich von Millisekunden liegen. Generell darf die zulässige Abweichung zwischen den Uhren maximal die Hälfte der vom Zeitstempeldienst-Betreiber garantierten Antwortzeit liegen. Diese Antwortzeit sollte nicht mehr als eine Minute betragen.
Der Zeitstempeldienst ist eigener Teilnehmer der zugeordneten ZS. Hierdurch wird der Schaden, der bei einer Kompromittierung des Zeitstempel-Signaturschlüssels entsteht, auf eine ZS begrenzt. Das Zertifikat des Zeitstempeldienstes wird im Verzeichnisdienst abrufbar gehalten. Auch im Falle, daß er nur organisatorisch zur ZS gehört (im Rahmen der Pflichtdienstleistung), wird ein eigener Signaturschlüssel verwendet, der von der zugehörigen ZS zertifiziert wird.
Um einen Zeitstempel zu bekommen, verschickt der Benutzer seine Daten über eine öffentlich zugängliche Telekommunikationseinrichtung an einen Kommunikations-Rechner beim Zeitstempel-Anbieter. Hierbei kann es sich z.B. um einen HTTP-Proxy mit stark eingeschränkter Funktionalität handeln. Der Telekommunikations-Zugang muß so abgesichert sein, daß keine Angriffe auf den Kommunikations-Rechner möglich sind. Der benutzte Protokoll-Stack muß dann mit entsprechenden Packet-Filter Eigenschaften versehen werden, die keine zusätzliche Nutzung ermöglichen.
Der Kommunikations-Rechner ist zusätzlich über ein gesichertes Protokoll mit einer speziellen Sicherheitsbox verbunden. Hierbei kann es sich z.B. um ein Store-and-Forward Verfahren handeln, bei dem der Kommunikations-Rechner die empfangenen Daten auf einer Festplatte ablegt, von wo aus sie in regelmäßigen Abständen von der Zeitstempel-Sicherheitsbox abgeholt werden. An diese Sicherheitsbox sind die im Kapitel 6.7 (des zitierten Maßnahmekataloges) beschriebenen Anforderungen zu stellen. Darüber hinaus kann die Sicherheitsbox den aktuellen Zeitpunkt feststellen und diesen mit der Referenzzeit vergleichen. Änderungen am Funkempfänger oder der Referenzuhr werden als Manipulationen der Sicherheitsbox betrachtet. Dieser Zeitpunkt zusammen mit den übertragenden Daten und einer laufenden Nummer werden in der Box signiert. Anschließend wird das Ergebnis über den Kommunikations-Rechner an den Benutzer zurückgegeben. Dieser muß überprüfen, ob die mit einem Zeitstempel versehenen Daten mit den verschickten übereinstimmen, ob der Zeitstempel korrekt ist und ob die vom Zeitstempeldienst verwendete Zeit plausibel ist.
Um im Verdachts- oder Manipulationsfall die Überprüfung eines Zeitstempels zu ermöglichen, wird jede Nutzung des Zeitstempeldienstes auf einem einmal beschreibbarem Medium protokolliert, und es können zusätzlich verkettete Listen der erzeugten Zeitstempel verwendet werden. Der Zeitstempel-Signaturschlüssel muß mindestens einmal jährlich gewechselt werden.
Der Zugang zu dem Zeitstempel-Rechner ist nur für vertrauenswürdiges Personal nach entsprechender Identifizierung und Authentisierung möglich.
Bei der Prüfung eines Zeitstempels muß geprüft werden, ob der verwendete Zeitstempel-Signaturschlüssel zum Zeitpunkt der Prüfung nicht gesperrt ist.

Siehe auch [Tsct WWW98].


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