Antispaß mit der S-Bahn oder: Wie man effektiv Stammkunden vergrault

Ach wären wir doch einfach mit dem Auto gefahren…

Eigentlich war unsere Planung für den heutigen Tag ganz banal: mit der S-Bahn zum Fahrradladen, dort ein Fahrrad für Nessi kaufen, dann mit der S-Bahn zurück nach Hause und den restlichen Abend fröhlich radeln.

Im Prinzip haben wir diese Planung auch mehr oder weniger durchgezogen, nur das die Stimmung ab Punkt drei (Rückfahrt mit der S-Bahn) ziemlich im Eimer war – doch der Reihe nach…

Ursprünglich wollten wir ein Faltrad kaufen – u.a. um es leichter ins Auto zu bekommen, aber sicherlich auch, weil für die Dinger im VBB kein separates Ticket nötig ist.

Nur eine Stunde Probefahren auf etlichen Falt- und Nicht-Falt-Fahrrädern später entschieden wir uns dann aber ob des Komforts doch für ein (natürlich todschickes) Damenrad.

Ok – gekauft, zum S-Bahnhof geradelt, kurz gewartet und rein in die S-Bahn und…
…natürlich in eine Fahrkartenkontrolle geraten. Und da wir entgegen unserer eigentlichen Planung kein Faltrad gekauft hatten, fehlte uns nun ein Fahrradticket.

Ein Unternehmen, dem irgendetwas an seinen Stammkunden (wir haben beide eine Umweltkarte) liegt, hätte jetzt vermutlich ein Auge zugedrückt – der Fahrradladen (Stadler) ist von der S-Bahn aus nicht zu übersehen, das Fahrrad ist offensichtlich neu (im Zweifel hätten wir natürlich auch sofort die Rechnung parat gehabt) – selbst der größte Widerling müsste zugeben, dass hier offensichtlich ein Versehen vorlag.

Aber die S-Bahn wäre nicht sie selbst, wenn sie die Situation nicht noch unangenehmer machen könnte, denn um nicht ganz wie ein Arschloch dazustehen, wählte der Kontrolleur seine stärkste Waffe: die Falschinformation.

Wir mögen jetzt einfach noch nicht die 60 EUR bezahlen, sondern bis zu unserem Ziel weiterfahren, dort ein Fahrradticket nachkaufen und entwerten. Dann sollen wir am nächsten Morgen zum Kundenbüro in den Ostbahnhof fahren und müssten lediglich 7 EUR bezahlen. Auf unsere Nachfrage, ob er das nochmal wiederholen könnte (es war in der Bahn ziemlich laut), blaffte er uns an, es stehe alles auf dem Zettel und schwups war er weg…

Also auf den Zettel geguckt und dort steht mehr oder weniger deutlich, dass es in unserem Fall auf gar keinen Fall eine Reduzierung der Strafe gibt… Wollte uns der Kontrolletti jetzt ernsthaft am Folgetag nochmal durch halb Berlin schicken, damit wir uns auch nochmal im Kundenbüro anblaffen lassen können? Dass auf dem Feststellungsbeleg auch noch eine völlig falsche S-Bahn angegeben wurde, rundete das Gesamtbild ab.

Doch es wird besser: wir saßen ja nun in der S-Bahn und hatten immer noch kein gültiges Fahrradticket (das sollten wir uns ja erst am Fahrtende besorgen) sondern lediglich eine Zahlungsaufforderung, auf der nichts von Ersatzfahrschein o.ä. steht.

Völlig verunsichert riefen wir aus dem Zug das Kundentelefon der S-Bahn an … und nur 5 min Sprachcomputer später ging sogar jemand ran.

Als ich den Satz damit begann, dass wir gerade kontrolliert wurden, fiel mir die Service-Dame sofort ins Wort, dass sie mir dann jetzt eh noch nicht helfen könne, da die Daten erst am Folgetag vorliegen würden.

Nur der lautstarke Hinweis meinerseits, dass wir evtl. gerade auf Anraten eines Kontrolleurs Schwarzfahren, brachte sie dazu, mir gnädigerweise weiter zuzuhören.

Machen wir’s kurz: das mit der Reduzierung der Strafe war (leider erwartungsgemäß) Bullshit, die Weiterfahrt und die gesamte Story mit dem Fahrradticket am Ende lösen ebenso. Wir fuhren gerade schwarz und sie bat (zumindest verstand ich es so trotz ihres Tonfalls) darum, am nächsten Bahnhof auszusteigen und ein Fahrradticket zu lösen – was wir dann auch taten.

Auf meine Nachfrage, ob wir bei Befolgung des Kontrolletti-Vorschlages bei einer weiteren Kontrolle trotz expliziten Hinweises auf eben diesen ersten Kontrolleur erneut als Schwarzfahrer gelten würden, antwortete sie im besten Ausweichgeschwurbel, dass die Kontrolleure keinen Ermessensspielraum hätten.

Auf die direkte Nachfrage, ob der Kontrolleur dementsprechend völligen Blödsinn erzählt habe, antwortete sie nach einer weiteren Ausweichantwort schließlich: “Ja, hat er!”

Kurze Pause beiderseits, dann meine Nachfrage: “Möchten Sie sich evtl. notieren, dass auf dem Ostring gerade Kontrolleure unterwegs sind, die Fahrgäste unfreiwillig zu (erneuten) Schwarzfahrern machen?”

In diesem Moment schien auch der Service-Dame aufzufallen, dass das evtl. wirklich eine gute Idee sein könnte und sie fragte die Kontrolleursnummer (steht auf dem Feststellungsbeleg) ab.

Meine Hoffnung, dass das was bringt ist zwar begrenzt, aber gar nicht zu versuchen, freilaufende Inkompetenz einzudämmen ist auch keine Lösung.

Zusammengefasst hat uns die S-Bahn den heutigen, eigentlich schönen Tag wirklich verdorben. Und ich habe wieder ein Argument weniger, mit dem ich die (rein) autofahrenden Kollegen zum Umsteigen bewegen könnte.

Danke S-Bahn – für nix!

P.S.: Falls es aus dem obigen Beitrag nicht deutlich genug herauskommt: wir haben uns mangels Erfolgsaussicht die Stadtreise zum Kundenbüro erspart und am Abend die 60 EUR überwiesen…