Reinhold Wulff

Als Reaktion auf die Sammelrezension zur Hanse in Heft 2/96 erreichte die Redaktion eine weitere Neuauflage.

Die Hanse wird in den Darstellungen zu ihrer Geschichte zumeist als Handelsgemeinschaft beschrieben und interpretiert, vergessen wird dabei, daß die Hansestädte seit ihrem Zusammenschluß als Wirtschaftsmacht immer auch auf ihre politische und daraus folgend auch militärische Stärke achten mußten, um ihre Privilegien zu verteidigen oder auszuweiten. Zahlreiche Seeschlachten, mit Dänemark, England oder den Holländern beweisen die Kriegskunst der hansischen Oberbefehlshaber, aber auch so manches eklatante Versagen der Kaufleute in strategischen Fragen. Dem nur nachlässig behandelten Thema der hansischen Seekriegführung widmeten sich die Greifswalder Historiker Konrad Fritze und Günter Krause bereits 1989 in der Endzeit der DDR, nun liegt im Brandenburgischen Verlagshaus eine zweite Auflage vor.


Konrad Fritze/Günter Krause
Seekriege der Hanse
Das erste Kapitel deutscher Seekriegsgeschichte.
Berlin: Brandenburgisches Verlagshaus, 1997
224 S., DM 39,90


Die Autoren gliedern ihre Darstellung in drei Teile, im knappen einleitenden Teil wird eine Übersicht über "Wesen und historische Leistung der Hanse" gegeben. Auf gut einem Dutzend Seiten erfolgt hier eine Einführung in die Hansegeschichte, die aufgrund ihrer Kürze wenig mehr ist als ein essayistischer Überblick. Teil 2 beleuchtet dann das "Seekriegswesen in der Geschichte der Hanse" und führt hier en detail die Entwicklung der Seekriegskunst unter den Aspekten der verschiedenen Strategien, Flottentaktiken, der Besatzungen und der Bewaffnung der Hanseschiffe vor. Ein für außerhalb des maritimen Sprachgebrauchs stehende Laien ermüdend detaillierter Abschnitt.

Das Schwergewicht in der Monographie wird dann in den Teil 3 "Seekriegsunternehmen hansischer Städte" gelegt. Hier wird streng chronologisch vorgegangen, die Phasen der Hanseentwicklung (hier unter den griffigen Schlagwörtern "Aufstieg", "Bewährung" bzw. "Abwehr" zusammengefaßt) werden hinsichtlich der geführten Seekriege untersucht, wobei zunächst jeweils ein knapper Abriß des historischen Hintergrundes der jeweiligen Epoche gegeben wird. Dieser Teil ist zweifelsohne der interessanteste, die hier präzise beschriebenen Seeschlachten, deren Vorbereitungen, Ausführungen und Folgen werden detailliert analysiert. Für die wichtigsten Kämpfe werden, so weit bekannt, die Angaben über die jeweiligen Flottenstärken in tabellarischer Form präsentiert, zudem erleichtern Übersichtsskizzen die geographische Einordnung der Kampfplätze. Diese sind allerdings so grob, daß sie über den eigentlichen Verlauf der Kaperungen, Schlachten oder Landungen keine Auskunft geben. Ähnliche Graphiken finden sich auf den Vorsatzblättern, wo alle seemilitärischen Aktionen in Ost- und Nordsee mit der Art der Aktionen sowie ihres Datums angegeben werden. Diese bieten eine gute Übersicht über die Ballung der Auseinandersetzungen an einigen Orten, wobei auch hier wieder deutlich wird, das die Ostsee das hansische "Binnengewässer" war.

Wenige Schlußsätze ziehen die Verbindung von der Hanse in die moderne Zeit, wonach die wesentlichen Bestandteile der hansischen "Seekriegskunst auf den nördlichen Meeren ... - freilich in zeitgemäß modifizierter Form - ihre Bedeutung bis in die Gegenwart behalten" haben. Nicht nur an dieser Stelle erspürt man die Sozialisation des Koautors Krause, der bis 1982 eine Marinelaufbahn verfolgt hatte.

Im abschließenden Anhang wird zunächst ein "Kleines Lexikon zur mittelalterlichen Seefahrtsgeschichte" geliefert, das mehr ist als es die bescheidene Überschrift verrät. Auf über fünfzehn Seiten wird hier ein Glossar wichtiger Fachbegriffe aus der Hansezeit geliefert, das über den seefahrtstechnischen Bereich hinaus ein wertvolles Hilfsmittel für jede Lektüre von Texten zum Mittelalter sein kann.

Es folgt auf fünf Seiten eine Zeittafel zur Hansegeschichte, dann eine Auswahlbibliographie, ein Personenregister sowie eine Liste "der" Hansestädte. Illustriert wird der Band u.a. durch acht Farbtafeln mit Darstellungen von Hanseschiffen, die der Greifswalder Maler Bernd Anders geschaffen hat -beeindruckende Gemälde, die auf zeitgenössischen Abbildungen und wenigen Grabungsbefunden beruhen, aber doch aufgrund unserer schlechten Quellenlage viel von künstlerischer Phantasie spüren lassen, ebenso wie das Schlachtgemälde, das den Schutzumschlag ziert.

Insgesamt eine Monographie, die das vernachlässigte Kapitel der hansischen Seekriege sicherlich erschöpfend behandelt, das sich aber gerade deshalb wohl nur an einen eingeschränkten Kreis von Interessierten wenden wird. Leider ließ das Lektorat eine erkleckliche Zahl von Druckfehlern, teilweise sinnentstellenden, durchgehen, so daß nicht nur aufgrund der umständlichen Sprache der Autoren der Lesegenuß getrübt wird.