Bibliographie zur schleswig-holsteinischen Schulgeschichte 1542 - 1945.

Herausgegeben von Jörg Biehl, Stefan Hopmann und Reinhold Wulff

© 1994 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln:

INHALTSVERZEICHNIS

VORBEMERKUNG

EINFÜHRUNG

1. Literatur zur schleswig-holsteinischen Schulgeschichte

1.1 Gesamtdarstellungen und Einführungen
1.2 Schularten
1.2.1 Elementarschulen
1.2.2 Höhere Schulen
1.2.3 Andere Schulformen und -einrichtungen
1.3 Arbeitsbedingungen, Vereinigungen und Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer
1.3.1 Arbeitsbedingungen
1.3.2 Vereinigungen
1.3.3 Ausbildung
1.4 Schulordnung, Lehrplan und Schulleben
1.4.1 Schulordnungen und Lehrpläne
1.4.2 Fächer, Examen und inneres Schulleben
1.4.3 Schulbau und Schulausstattung
1.5 Schulverwaltung

2. Quellen und Hilfsmittel zur schleswig-holsteinischen Schulgeschichte

2.1 Bibliographien
2.2 Archive
2.3 Statistiken
2.4 Rechtssammlungen
2.5 Hilfsmittel
2.6 Zeitschriften
2.7 Literatur zur dänischen und preußischen Schulgeschichte
2.7.1 Dänische Schulgeschichte
2.7.2 Preußische Schulgeschichte

2.8 Wichtige Anschriften
2.8.1 Schleswig-Holstein
2.8.2 Nordschleswig
2.8.3 Dänemark
2.8.4 Hamburg
2.8.5 Preußen/Deutschland

BIBLIOGRAPHIE

Literatur zur schleswig-holsteinischen Schulgeschichte

Stichwortverzeichnis zum Sachregister

Sachregister

Ortsregister
Holstein, Lübeck und Fürstentum Lübeck
Lauenburg
Schleswig

ANHANG

Bibliographien zu Quellen und Hilfsmitteln zur schleswig-holsteinischen Schulgeschichte


1. Bibliographien
2. Archive
3. Statistiken
4. Rechtssammlungen
5. Hilfsmittel
6. Zeitschriften
7. Literatur zur dänischen und preußischen Schulgeschichte
7.1 Dänische Schulgeschichte
7.2 Preußische Schulgeschichte

VORBEMERKUNG

Die schulgeschichtliche Forschung in Schleswig-Holstein ist von wenigen Ausnahmen abgesehen geprägt von der Heimat- oder Institutionengeschichte. Typisch sind zum Beispiel Erinnerungen an Lehrer und Jubiläumsschriften zu Schulgeburtstagen, selten dagegen übergreifende Darstellungen etwa zur Geschichte eines Schulfaches oder zu Traditionen der Schularchitektur. Dementsprechend finden sich Daten und Befunde zur Schulgeschichte zersplittert in einer kaum zu überblickenden Zahl von Monographien, Festschriften, Zeitschriften, Broschüren, Jahrbüchern und Sammelbänden. Die Bestände sind quer über das Land verstreut, vieles darüber hinaus auf dänisch und/oder in Dänemark publiziert. Eine für die Heimatgeschichtsschreibung wie für wissenschaftliche Zwecke nutzbare zusammenfassende Bibliographie existierte bislang nur für Teilbereiche.

Deshalb wird hier nun erstmals eine annähernd vollständige Bibliographie zur schleswig-holsteinischen Schulgeschichte vorgelegt. Mit mehr als zweitausendneunhundert Eintragungen ist sie die bislang umfangreichste Spezial-Bibliographie zur Geschichte des Landes. Sie umfaßt für den Zeitraum von 1542 bis 1945 (d.h. von der ersten Schulordnung bis zum Ende der preußischen Zeit) und für alle im heutigen Sinne zu Schleswig-Holstein rechnenden Gebiete (also einschließlich Lauenburgs, Lübecks und Eutins) zuzüglich solcher, die nach 1800 aus dem Gebiet der beiden Herzogtümer bzw. deren Rechtsnachfolger ausgegliedert worden sind (wie Altona, Wandsbek und insbesondere Nordschleswig):

- Quellensammlungen und andere historiographische Hilfsmittel, die Bezug zur schleswig-holsteinischen Schulgeschichte haben,

- in Schleswig und Holstein erschienene/erscheinende pädagogische Zeitschriften und Jahrbücher,

- wissenschaftliche Literatur zur schleswig-holsteinischen Schulgeschichte,

- allgemeine wissenschaftliche Literatur zu Schleswig, Holstein, Lauenburg, Lübeck, Dänemark, Preußen und Deutschland, die schleswig-holsteinische Schulgeschichte nicht nur als "Fußnote" erwähnt,

- verwaltungswissenschaftliche Literatur, die Schulverwaltung in historischer Perspektive und auf Schleswig und Holstein bezogen bearbeitet,

- lokalhistorische Literatur zu Landschaften und Orten in Schleswig und Holstein, sofern Schulfragen berücksichtigt werden,

- erziehungswissenschaftliche Literatur, die sich explizit auf historische Verhältnisse in Schleswig und Holstein bezieht,

- Beschreibungen von Unterrichtsverläufen,

- Schlüsseltexte aus schulpädagogischen und schulpolitischen Debatten über die Schulen des Landes,

- Berichte über Lehrer(vereins)konferenzen,

- Erinnerungen schleswig-holsteinischer Lehrer oder Lehrerinnen, Schulaufseher, Schülerinnen und Schüler etc. (Biographien und Autobiographien).

Zwei schulhistorisch bedeutsame Sparten bleiben dabei bis auf Beispiele überragender landesgeschichtlicher Bedeutung ausdrücklich ausgeklammert: Nicht erfaßt wurden Schulbücher und Lehrmaterialien, die in Schleswig-Holstein produziert oder verwendet wurden. Allein die schulgeschichtliche Sammlung der Pädagogischen Hochschule umfaßt für diese Sparte mehrere tausend Bände, die alle zu bibliographieren und auf ihren Entstehungs- bzw. Verwendungskontext zu prüfen, unsere gegenwärtigen Möglichkeiten überschritten hätte. Nicht erfaßt wurden darüber hinaus biographische Literatur über und Veröffentlichungen von Personen, die zeitweise in Schleswig oder Holstein gelebt, hauptsächlich aber außerhalb der Landesgrenzen gewirkt haben, es sei denn, die uns bekannt gewordenen Schriften befassen sich ausdrücklich und ausführlich mit Landesverhältnissen. So fehlen beispielsweise - um nur einige bekannte Namen aus dem 18. Jahrhundert hervorzuheben - für Basedow, Trapp und die Brüder Reventlow fast alle einschlägigen Arbeiten. Hier gilt in besonderem Maße, was im Prinzip für alle Bereiche einer solchen Bibliographie gilt: sie kann eine fall- und personenbezogene Literaturrecherche nicht ersetzen, nur erleichtern.

In der gegenwärtigen Fassung der Bibliographie ist etwa die Hälfte der erfaßten Literatur im vorigen Jahrhundert oder noch früher erschienen, nur etwas mehr als ein Drittel nach 1945. Diese Verteilung hat zwei Ursachen: Zum einen haben wir uns bemüht, neben selbst als Geschichtsschreibung oder Hilfsmittel zu verstehender Literatur (etwa drei Viertel aller Eintragungen) auch solche Veröffentlichungen zu berücksichtigen, die zur Aufklärung zentraler Abschnitte der Landesschulgeschichte als zeitgenössische Quelle oder Darstellung unabdingbar sind. Zum anderen verweist diese Zusammenstellung auf den Ursprung der Bibliographie in einem Projekt zur Lehrplangeschichte Schleswigs und Holsteins im 19. Jahrhundert.

Zur Vorbereitung der Bibliographie wurden neben den Bibliotheken der Hochschulen des Landes die Bestände der Landesbibliothek in Kiel, der Landesarchive in Schleswig und Apenrade, der Schulgeschichtlichen Sammlung der Pädagogischen Hochschule Kiel, des (inzwischen aufgelösten) Seminars in Tondern, der Dänischen Zentralbibliothek in Flensburg, der Pädagogischen Zentralbibliothek und der Nationalbibliothek in Kopenhagen sowie die im Kapitel 2.1 und im Anhang 1 aufgeführten Bibliographien ausgewertet. Zudem wurden die Literaturverzeichnisse neuerer Veröffentlichungen zur Landes- und Schulgeschichte berücksichtigt, soweit sie bibliographisch nachgeprüft werden konnten.

Für jede Publikation werden in den Haupt- bzw. Bereichsbibliographien soweit vorhanden die Namen der Autoren bzw. Autorinnen mit Vornamenskürzel, der Titel, Erscheinungsort und -jahr sowie ggf. der Sammelband bzw. die Zeitschrift, der der Beitrag entstammt, ausgewiesen. Maßgebend waren, wenn bekannt, die im Haupttitel einer Publikation verwendeten Schreibweisen. Aus den aufgeführten Quellen ergaben sich häufig unvollständige, mitunter auch widersprüchliche Hinweise. Wo immer möglich, wurde versucht, Daten, die erkennbaren Anlaß zu Zweifel gaben, durch Nachweis des Originals aufzuklären. Auf in ihrem Ursprung völlig unklärbare Publikationen haben wir verzichtet, im übrigen aber auch Zweifelsfälle aufgenommen in der Hoffnung, aus dem Kreis der Leserinnen und Leser ggf. korrigierende Hinweise zu erhalten. Fehlende Namen, Titel oder Vornamenskürzel wurden nur dann ergänzt, wenn sie nach bisherigem Kenntnisstand zweifelsfrei waren. In Klammern stehende Angaben sind von uns zur Information beigefügt. Bei Mehrfachabdruck haben wir aus Platzgründen einen Text nur dann mehrfach aufgelistet, wenn die Erstfassung im allgemeinen schwer zugänglich ist; ansonsten ist in der Regel nur die Erstveröffentlichung angegeben. Alle Literaturangaben wurden zugleich in einer ständig aktualisierten, computergestützten Datei erfaßt, um für künftige Bearbeitungen Korrekturen und Ergänzungen einarbeiten zu können. Die Datenaufnahme für die vorliegende Fassung wurde mit Ausnahme weniger Korrekturen und Ergänzungen im Herbst 1993 beendet.

Um den Leser mit der Fülle der Daten nicht allein zu lassen, ist die Bibliographie mehrschichtig gegliedert: Am Anfang steht eine bibliographisch orientierende Einführung zum Stand der Forschung auf den verschiedenen schulhistorischen Teilgebieten (1), zu der auch ein Bericht zu Quellen und Hilfsmitteln für die schulgeschichtliche Forschung gehört (2.1 - 2.6) sowie eine knappe Übersicht zu einführender Literatur zu den landesgeschichtlich bedeutsamen Schulgeschichten Dänemarks und Preußens (2.7). Daran anschließend finden sich die wichtigsten Adressen für schulhistorische Forschung (2.8). Es folgt das alphabetisch geordnete Hauptverzeichnis der von uns erfaßten Literatur zur Schulgeschichte Schleswig und Holsteins 1542 - 1945. Die nachfolgenden Sach- und Ortsregister, in denen jeweils unter Stichworten Autorennamen, verkürzter Titel und Erscheinungsjahr einschlägiger Publikationen aufgelistet sind, erschließen den im Hauptregister erfaßten Bestand. Die dänischen Umlaute Å, Æ und Õ sind in allen Teilen der Bibliographie jeweils am Ende des Alphabets zu finden. Da manche Autoren diesseits und jenseits der deutsch-dänischen Grenze publizieren, empfiehlt es sich in Zweifelsfällen, sowohl die dänische als auch die deutsche Schreibweise ihrer Namen zu überprüfen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wie der Arbeitsökonomie waren bei den Registern Beschränkungen erforderlich:

Im Sachregister sind nur Publikationen berücksichtigt, die über die Darstellung eines Einzelfalls (der Geschichte eines Dorfes, einer Schule, eines Lehrers etc.) erkennbar hinausgehen (rund sechzig Prozent aller erfaßten Veröffentlichungen). Die auf Einzelfälle bezogene Literatur ist ausschließlich im Ortsregister aufgeführt. Im übrigen haben wir uns entsprechend der Struktur der bibliographierten Literatur (meist regional, aber nicht thematisch spezialisierte Literatur) auf wenige Stichworte beschränken müssen, die grob Themenbereiche abdecken. Die Schularten sind der Dreigliederung der Allgemeinen Schulordnung von 1814 folgend in drei Hauptgruppen zusammengefaßt: Elementarschule (das meint auch: Aufsichtsschulen, alle Formen der Volksschule oder Landschule), Realschule (Bürgerschule, Mittelschule, Stadtschule) und Gymnasium (Gelehrtenschule, Lateinschule). Die Abgrenzung zwischen Realschule und Gymnasium auf der einen, Realschule und Elementarschule auf der anderen Seite war den schulhistorischen Verwicklungen folgend nicht immer einfach und hat zu vielen Doppeleintragungen geführt. Besonders für die Zeit bis 1848 empfiehlt sich ggf. das jeweils andere Stichwort mitzuberücksichtigen. Daneben sind mit eigenen Stichworten die Sonderschulen (alle selbstständigen Formen), die Gewerbeschulen (Berufsschulen, Fachschulen) sowie die Industrieschulen (Arbeitsschulen) bedacht. Zur Geschichte der Unterrichtsinhalte führen darüber hinaus die Stichworte Lehrplan, Wechselseitiger Unterricht, Mathematik, Naturkunde (Physik, Biologie, Chemie), Religion und Sprachen (Mutter- wie Fremdsprachen: Dänisch, Deutsch, Friesisch, Englisch, Französisch, Latein etc.) und Didaktik (übergreifend sowie alle übrigen Fächer). Ebenfalls über das innere Schulleben finden sich Auskünfte unter den Stichworten Examen (Abitur, Konfirmation, Versetzungsordnungen usw.), Schulbesuch und Schulpflicht und Schüler. Grundlegende Literatur zu rechtlichen Regelung der Schulverhältnisse sind unter den Stichworten Schulverwaltung, Allgemeine Schulordnung und Reformation aufgezählt, die Literatur zu Ordnungen unterhalb der Landesregelungen unter dem Stichwort Schulordnung. Zum Recht der Schulaufsicht führen außerdem auch noch die Stichworte Kirche und Schule, Dienstrecht und Schulverwaltung und mittelbar die Literatur über Schulbesuch und Schulpflicht. Die Geschichte der Lehrerinnen und Lehrer ist unter verschiedenen Aspekten aufgelistet: Beschäftigung, Biographie, Dienstrecht, Lehrerbildung, Lehrereinkommen sowie Seminare und Präparandenanstalten. Die Geschichte der äußeren Schulverhältnisse ist unter dem Stichwort Schulausstattung und Schulbau zusammengefaßt, zur Geschichte der Schulträgerschaft und der Ökonomie der Schulen führt schließlich - neben den Stichworten Beschäftigung und Lehrereinkommen - auch noch das Stichwort Schulfinanzen. Die Literatur zum Schulgeschichte und Geschichtsschreibung bis heute prägenden Verhältnis von Minderheiten und Schule ist unter einem eigenen Stichwort zusammengefaßt. Durchweg empfiehlt sich vorab die Lektüre der entsprechenden Abschnite der Einführung, in denen jeweils die wichtigsten übergreifenden Darstellungen bzw. exemplarischen Publikationen hervorgehoben sind.

Beim Ortsregister wurden zur einheitlichen Orientierung durchweg die in preußischer Zeit üblichen deutschen Bezeichnungen benutzt; soweit möglich und sinnvoll, sind für die heute dänischen Teile Nordschleswigs und einige südschleswigsche Gemeinden die dänischen Ortsbezeichnungen mit Hinweis auf ihre deutsche Entsprechung aufgenommen. Die Zuordnung zu Orten erfolgte hierarchisch: Bezieht sich der Text auf einen ganzen Landesteil oder eine Region, sind nur diese erfaßt; einzelne Ortsnamen wurden demnach nur dann berücksichtigt, wenn sich ein Text ganz oder überwiegend mit einem einzelnen Ort beschäftigt. Besondere Schulen wie die Traditionsgymnasien und schulgeschichtliche bedeutende Einrichtungen (wie Seminare, das Christianspflegehaus etc.) sind gesondert ausgewiesen.

Wo immer die Menge der Literatur es sinnvoll erscheinen ließ, sind die Angaben in Epochen unterteilt (z.B. bis 1814, 1814 - 1848/50, 1848 1864/66, nach 1864/66, Nordschleswig nach 1920 oder einfach bis 1864/66 und nach 1864/66), ggf. darüber hinaus auch noch unterschieden nach Primärliteratur (d.i. zeitgenössische Literatur) und Sekundärliteratur (d.i. nach dieser Epoche erschienene Literatur zu dieser Epoche). Werke, die mehrere Epochen berühren, sind jedesmal angeführt, auch wenn sie diese Epochen ggf. nur zum Teil behandeln (z.B. ein Werk, das die Jahre 1800 bis 1825 erfaßt, ist sowohl unter vor 1814 wie auch unter 1814 - 1848/50 verzeichnet). An den landesgeschichtlich bedeutenden Übergängen (um 1814, 1848/50 und 1864/66) war eine eindeutige Zuordnung nicht immer möglich. Es empfiehlt sich, in Zweifelsfällen beide Abschnitte zu sichten.

Im Anhang sind schließlich Bereichsbibliographien zu einschlägigen (1) Bibliographien, (2) Archivregistern, (3) Statistiken, (4) Rechtssammlungen und (5) zu sonstigen Hilfsmitteln sowie für (6) Zeitschriften beigefügt. Ihrem in der Regel sach- und ortsübergreifenden Inhalt entsprechend sind die in den Bereichsbibliographien erfaßten Bestände nur dann im Hauptregister und dem dazugehörigen Orts- und Sachregistern erfaßt, wenn sie aus sachlichen Gründen als eigenständige schulgeschichtliche Untersuchung eines speziellen Bereichs/ Themas auch in das Hauptverzeichnis aufgenommen worden sind. Auch hier empfiehlt sich, vor evtl. Nutzung erst die entsprechenden Abschnitte der Einführung zu lesen (2.1 - 2.6). Den Abschluß bilden kurze Literaturhinweise zur dänischen bzw. preußischen Schulgeschichte (Anhang 7.1 und 7.2), die die in der Einführung für diese beiden Bereiche genannte Standardliteratur mit einigen Ergänzungen zusammenfassen.

Schleswig-Holstein ist gegenwärtig das einzige Bundesland, in dem es keine institutionalisierte Beschäftigung mit der Schulgeschichte des Landes, keine einzige Forschungsstelle oder auch nur Professur für Schulgeschichte gibt. Schulgeschichtliche Recherchen und die dafür notwendige grenzüberschreitende Zusammenarbeit beruhen daher ausschließlich auf der Initiative und dem guten Willen einzelner. Gerade eine Bibliographie wie diese bedarf in dieser Situation der Mitarbeit vieler. Zuförderst danken wir den Studentinnen und Studenten, die bei der Sichtung, Sammlung und Datenaufbereitung mitgeholfen haben: Tanja Bessler, Annette Stabenow, Jürgen Festersen, Rainer Jochim, Volker von Kajdaczy, Matthias Mokros und Stephan Schröder. Die zahllosen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Bibliotheken und Archiven, die unsere Fragen geduldig beantwortet haben, können wir nicht aufzählen; das ergäbe einen Ergänzungsband. Stellvertretend möchten wir die freundliche Hilfe von Charlotte Fenner und Kurt Örtel von der Schulgeschichtlichen Sammlung der Pädagogischen Hochschule Kiel sowie von Ingrid Markussen, Leif Degnbol und Vagn Skovgaard-Petersen am Institut für Dänische Schulgeschichte in Kopenhagen hervorheben. Bedanken möchten wir uns schließlich für die tatkräftige Unterstützung, die wir durch die Gesellschaft zur Förderung der Forschung auf dem Gebiet der schleswig-holsteinischen und norddeutschen Landesgeschichte sowie der skandinavischen Geschichte an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel e.V. (gff) erhalten haben, insbesondere für die kritische Durchsicht des Manuskripts durch Erich Hoffmann, Ralph Uhlig und Kay Fuhrmann.

In gleicher Aufmachung und ergänzend zu dieser Bibliographie ist im selben Verlag ein Reprint einer schleswig-holsteinischen Rechtssammlung aus dem Vormärz mit einem vollständigen Register zum Schulrecht in dänischer Zeit und einer Einführung in die Geschichte des Schulrechts der Herzogtümer erschienen.1 Geplant ist, diese kleine Reihe im kommenden Jahr durch eine umfassende Darstellung der Geschichte der Elementarschule in Schleswig-Holstein in dänischer Zeit abzuschliessen. Alle diese Publikationen wurden in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt begonnen, das bis November 1990 im Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften (IPN) an der Universität Kiel beheimatet war. Leiter dieses Projekts war bis zu seinem frühen Tod 1990 Henning Haft. Kurt Riquarts hat dort die Dokumentationsarbeiten sach- und fachlich betreut. Gunhild Nissen vom Universitetscenter in Roskilde hat bei der Vorbereitung und Durchführung der dänischen Projektteile, Rudolf Künzli vom Didaktikum Aarau bei der Vorbereitung und Durchführung der auf Preußen bzw. Deutschland bezogenen Projektteile beraten. Einzelne Vorarbeiten wurden durch ergänzende Förderung durch das Land Schleswig-Holstein sowie durch Mittel des Universitetscenters Roskilde, der Universität Oslo und der Pädagogischen Hochschule Kiel ermöglicht. Die vorliegende Publikation wurde außerdem durch eine großzügige Druckkostenbeihilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft gesichert.

Bei soviel Hilfe können für unweigerlich verbliebene Mängel nur wir allein verantwortlich sein. Kritik, Korrektur und Ergänzung sind nirgends so erwünscht wie bei Bibliographien. Die Vielzahl möglicher Fundstellen vollständig und richtig zu erfassen, ist eine Sisyphusarbeit mit ungeahnten Fehlerquellen, die sich auch hier eingeschlichen haben werden. Wir sind beispielsweise sicher, die Erträge lokalgeschichtlicher Forschung noch nicht annähernd ausgeschöpft zu haben, da diese in Bibliotheken und Bibliographien oft nicht erfaßt werden. Alle zu beschaffen und zu durchforsten hätte unsere Ressourcen überfordert. Zudem werden ununterbrochen neue Dorf- und Kreischroniken publiziert, die für die heimatgeschichtliche Forschung unverzichtbar sind, deren schulgeschichtliches Material oft aber kritischer Würdigung bedarf, bevor es im größeren Kontext verarbeitet werden kann. Auch das war hier nicht zu leisten. Für jeden Hinweis auf Fehler in dieser Bibliographie und auf übersehene oder neue schulgeschichtliche Literatur (und ggf. für ein Belegexemplar, das wir Interessenten zur Verfügung stellen können) sind wir dankbar (c/o Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften (IPN) an der Universität Kiel, Olshausenstraße 62, 24098 Kiel 1).

Kiel, im Januar 1994

Jörg Biehl Stefan Hopmann Reinhold Wulff


Stefan Hopmann / Reinhold Wulff:

GRUNDLAGEN DER SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN SCHULGESCHICHTE

450 Jahren ist es her, daß mit der Kirchen- und Schulordnung von 1542 die Reformation des Schulwesens in Schleswig und Holstein begonnen wurde. Bereits elf Jahre zuvor, 1531, hatte die Hansestadt Lübeck ihre Kirchen- und Schulordnung erhalten. Es folgten Ordnungen für Mecklenburg 1551 (ab 1561 gültig in Holstein-Pinneberg) und für Sachsen-Lauenburg 1585. Mit der Forderung nach Unterricht für jedermann haben diese Kirchen- und Schulordnungen eine bis heute nachwirkende Schulentwicklung eingeleitet: Aus vereinzelten Schulen in Stadt und Land, die wenigen vorbehalten waren, kaum ausgebildete Lehrer hatten und meist ohne eigene Räume auskommen mußten, ist seitdem ein umfassendes Schulangebot mit tausenden Lehrkräften und Klassenzimmern entstanden. Wie die Schule wuchs auch ihr Umfeld: Aus einigen Dutzend Seiten Schulordnung sind inzwischen mehrere tausend Blatt Schulrecht geworden, und an die Stelle der Schulaufsicht durch eine Handvoll Bischöfe und Pastoren ist eine für den Einzelnen kaum mehr überschaubare Schulverwaltung getreten.

Über die Verbreitung und Veränderung der Schule ist seit der Reformation immer wieder geschrieben worden, auch über ihre Geschichte. Insbesondere der seit dem 18. Jahrhundert in den Herzogtümern sprunghaft wachsende Buch- und Zeitschriftenmarkt (vgl. Kirchhoff-Larsen 1962; Sievers K.D. 1970) war seinen Bindungen an die Aufklärung folgend von Beginn an offen für Beiträge zu pädagogischen Themen. Seitdem sind mehr als zweieinhalbtausend Veröffentlichungen zur Schulgeschichte entstanden und ständig kommen neue hinzu. Die meisten von ihnen sind unter der Prämisse geschrieben, daß aus der Geschichte etwas zu lernen ist. Was zu lernen wäre, ist aber längst nicht offenkundig. Wozu nutzt es (um wenige Beispiele zu nennen) zu wissen,

- daß in Kiel 1781 das erste Lehrerseminar in Nordeuropa eingerichtet wurde,

- daß mehr als hundertfünfzig Jahre vor den meisten anderen europäischen Ländern in den Herzogtümern eine neunjährige Schulpflicht existierte,

- daß in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Eckernförde weit über die Landesgrenzen hinaus Mekka fortschrittlicher Volksschulpädagogen war,

- daß zu dieser Zeit die Lübecker Schulkasse von Konzessionsabgaben der Lübecker Anzeigen gefüllt wurde, oder

- daß vor rund hundert Jahren der erste Schulverein der dänischen Minderheit gegründet wurde?

Diese Beispiele sprechen nicht für sich selbst, sind nicht aus sich heraus lehrreich, vorbildhaft, abschreckend oder auch nur wissenswert. Erst der Blickwinkel, aus dem erzählt wird, bestimmt, was zum Beispiel gehört und wofür es beispielhaft ist. Allgemeiner gesagt: Schon die einfachste Nacherzählung von Geschichte, die Festlegung der Eckdaten einer Chronologie oder die Aufzählung von Ereignissen beinhaltet eine Interpretation, die über Abgrenzung, Auswahl und Auswertung der präsentierten Inhalte entscheidet. Nur wenn man deren Ursprung, die Interessen und Umstände früherer Erzählung kennt, ist der historische Gehalt zu beurteilen.

Kaum eine Disziplin hat sich so früh und so ausgiebig mit diesem Problem beschäftigt wie die pädagogische Geschichtsschreibung. Pädagogisch läßt sich nämlich Geschichte nicht bloß zu Kenntnis geben, wenn sie ihrer Tradition gemäß vor der Aufgabe steht, "... Begebenheiten so zusammenzustellen, dass sie das Gemüth auf ähnliche Weise, als die Wirklichkeit selbst, bewegen". So war und ist Geschichte der Pädagogik meist Geschichte in pädagogischer Absicht, erzählt zur Belehrung des Publikums. Die erste Geschichte schulpolitischer Maßnahmen in den Herzogtümern Schleswig und Holstein war zum Beispiel zugleich Schulpolitik und Selbstrechtfertigung eines Akteurs (Adler 1817), die bislang einzige Gesamtgeschichte der Schulen des Landes eine Streitschrift für die Beibehaltung der konfessionellen Schule (Jessen J.C. 1860). Zumindest implizite Parteilichkeit findet sich auch heute noch. Manchmal prägt sie ganz offen den Grundton der Erzählung (wie in Weimars Geschichte des Gymnasiums in Schleswig-Holstein von 1987).

Vermeiden läßt sich Parteinahme nicht. Schulgeschichtliche Forschung ist schließlich weitgehend Auseinandersetzung mit Material, das mit Blick auf bestimmte Leser (und später auch: Leserinnen) konzipiert und geschrieben worden ist. Von den Visitationseingaben und berichten über die Schulchroniken und Konferenzprotokolle bis hin zu den Personalakten oder den Schulzeugnissen gibt es in den Archiven kaum eine Zeile, die nicht durch Vorgaben formatiert, durch vorgeschriebene Kategorien gefiltert und mit Sanktionen für abweichende Eintragungen bewehrt ist. Vieles steht da, weil es da stehen mußte - ganz gleich, ob es wirklich so war oder nicht. Da wurde geschönt oder schwarzgemalt, unter- oder übertrieben, manchmal gelogen oder vielleicht auch die Wahrheit gesagt, ganz wie der Zweck des Schriftstücks sein sollte. Das hat erhebliche Folgen für das historische Wissen: Allein gestützt auf archivierte Handlungen ist Schulgeschichte Verwaltungsgeschichte, mehr Spiegel der Aktenlage als Abbild der Erfahrungen der Lehrkräfte, Eltern, Schüler und Schülerinnen.

Leider ist auch die zweite Textsorte, auf die sich Schulgeschichtsschreibung vornehmlich stützen kann, nicht frei von Sprachregelungen: Schulerinnerungen und Schulgeschichten stammen meist selbst aus der Schule. Lehrer - sie haben rund drei Viertel aller schulgeschichtlichen Texte geschrieben - waren von berufswegen trainiert und standesgemäß verpflichtet, bestimmte Sichtweisen und Sprachspiele einzuhalten (vgl. Hopmann 1991; Petrat 1979). Durch ihre Darstellung sollte beispielsweise die Achtung vor dem Lehrerstand oder der Schule nicht untergraben werden. Die Sicht auf die alltäglichen Niederlagen und Kämpfe des Schullebens, didaktische Mißgriffe, Ärger mit Vorgesetzten oder Eltern etc. blieb so weitgehend verstellt. Kritik am Schulträger konnte unangenehme Folgen haben: Deshalb fiel zum Beispiel Kritik am Schulbau oder an der Schulverwaltung schwer. Beides ist dementsprechend kaum überliefert worden.

In Schleswig und Holstein kam zu den schulpolitischen und pädagogischen Motiven oft ein weiteres hinzu: Der Streit um die nationale Zugehörigkeit. Das hat nicht so sehr durch die parteiblinden Pamphlete im Nationalitätenkampf (wie Hansen H. 1855; Lange J.C. 1833) Nachwirkung gehabt; man spürt schnell die Absicht und ist verstimmt. Folgenreicher war auch hier die Formung der Blickwinkel. Wenn zum Beispiel das bedeutendste Schulgesetz in der Landesgeschichte, die Allgemeine Schulordnung von 1814, ausschließlich als Werk des Generalsuperintendenten J.G.C. Adler vorgestellt wird (vgl. z.B. Erichsen 1964c, 1965; Erichsen/Sellschopp 1964; Schöler 1977), so liegt darin nicht nur ein verdientes Lob für Adler, sondern auch eine Unterschlagung der zeitgleich abgeschlossenen Reform in Dänemark, aus deren Umkreis die Konzepte und Rechtsfiguren der schleswig-holsteinischen Ordnung stammten. Umgekehrt halbiert eine Darstellung diese Episode auch, wenn sie die dänischen Schulgesetze vom gleichen Jahr ohne Rücksicht auf Adlers Beitrag verhandelt (vgl. Larsen J. 1914; Nellemann A.H. 1966). Auch anderswo, beispielsweise in Archiven, hat der Nationalitätenkampf doppelt Spuren hinterlassen, durch zweckgeprägte Überlieferung ebenso wie durch nicht minder zweckdienliche Auslassungen, und so in der Summe bewirkt, daß die Herrschaftswechsel überdauernde Kontinuität einheimischer Traditionen aus dem Blick geriet (vgl. Hopmann/Haft 1988). Noch heute färbt der nationale Widerstreit dort ab, wo diesseits und jenseits der Grenze über Landesgeschichte geschrieben wird, ohne auch nur die Literatur des Nachbarn zur Kenntnis zu nehmen. Das führt mindestens bezogen auf die Schulgeschichte des Landes in dänischer Zeit zwangsläufig dazu, daß entscheidende Ursachen und Wirkungszusammenhänge der Schulgeschichte des Landes ausgeklammert bleiben (vgl. z.B. Pattet 1993). Darüber hinaus hat der Wechsel in der nationalen Zuordnung auch dazu beigetragen, daß die Schulgeschichte des Landes in der Regel weder in der dänischen noch in der deutschen Schulgeschichtsschreibung systematisch berücksichtigt worden ist. So sind beispielsweise der weit überdurchschnittliche Entwicklungsstand des Elementarschulwesens der Herzogtümer im 18. und frühen 19. Jahrhundert oder die vielen im Lande entwickelten oder erprobten Schulreformen nicht nur außerhalb der Landesgrenzen fast völlig unbekannt. Sogar in der erziehungswissenschaftlichen Literatur aus Schleswig-Holstein und selbst in den an Kieler Hochschulen entstandenen Einführungen zur Geschichte der Pädagogik (wie z.B. Blättner 1951ff.) fehlen einschlägige Hinweise.

Andersartig im Vergleich zu anderen Ländern, insbesondere zu den beiden zeitweiligen Oberherrschaften Preußen und Dänemark, ist im übrigen die Struktur historischer Aufarbeitung. Während es beispielsweise zum gegenwärtigen Kenntnisstand über preußische Schulgeschichte heißt, man wisse

"... heute ohne Zweifel mehr und genaueres über die Typenbildung im höheren Schulwesen, über den Ausbau des niederen Schulwesens, über den Umfang des Schulbesuchs und die Herkunft der Schüler, über die politischen Durchsetzungsstrategien dieses Institutionalisierungsprozesses und über seine sozialen Träger" (Baumgart 1990, 7),

aber "... noch immer zu wenig über regionale Varianten des Schulausbaus, über die Schulwirklichkeit einzelner Städte oder gar Schulen" (ebd.), trifft auf Schleswig und Holstein das genaue Gegenteil zu. Über einzelne Städte und Schulen liegen Dutzende von Berichten und Beschreibungen in breit gestreuter Qualität vor. Arbeiten zu übergreifenden Prozessen der Typenbildung, der Politikdifferenzierung, der Lehrplanentwicklung etc., sind dagegen rar. Schulgeschichte ist hierzulande fast ausschließlich als Heimatgeschichte beschrieben. Dieser Mangel an Systematik hat Gründe in der im Vergleich zu anderen Ländern schwach ausgebauten Infrastruktur professioneller Forschung. Es gibt südlich der Grenze kein Forschungsinstitut, keine Forschungsstelle oder wenigstens Professur für die Schulgeschichte. Nördlich davon sieht es abgesehen von der Forschungsstelle beim Seminar in Hadersleben kaum besser aus. Zum Glück gab und gibt es jenseits spezialisierter Einrichtungen auf beiden Seiten der Grenze vielfältige Beiträge aus beinahe allen Fach- und Sachgebieten, die sich im Rahmen anderer Vorhaben (wie der Verwaltungs- oder Politikgeschichte) auch mit Schulgeschichte befassen. Doch hat diese Einbindung Folgen für die Auswahl des Erzählten: Sie richtet sich nicht nach Erfordernissen einer pädagogischen Schulgeschichte.

Beide Vorgaben - die Formung der Blickwinkel und die Struktur bisheriger Forschung - zwingen dazu, die hier bibliographierten Publikationen nicht einfach beim Wort zu nehmen, sondern stets zu prüfen, was sie vielleicht nicht zur Kenntnis nehmen konnten oder sollten. So wichtig wie die beschriebene ist häufig auch die verschwiegene Geschichte. Was, wie und wo trotz dieser Tendenzen und Lücken in der Überlieferung für künftige Arbeiten zu lernen ist, wird im folgenden in zwei Kapiteln skizziert. Das erste Kapitel beschreibt die vorliegende Fachliteratur zur schleswig-holsteinischen Schulgeschichte und befaßt sich mit (1.1) Gesamtdarstellungen und Einführungen, (1.2) den Schularten, (1.3) den Arbeitsbedingungen, den Vereinen und der Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer, (1.4) der Schulordnung, dem Lehrplan und dem Schulleben sowie (mit 1.5) der Schulverwaltung. Das zweite Kapitel befaßt sich mit den Quellen und Hilfsmitteln zur schleswig-holsteinischen Schulgeschichte und beschreibt dazu (2.1) Bibliographien, (2.2) Archive, (2.3) Statistiken, (2.4) Rechtssammlungen und (2.5) die sonstigen Hilfsmittel, die für die Schulgeschichtsschreibung genutzt werden können, sowie ergänzend (2.6) Zeitschriften, soweit sie im engeren Sinne zur Schulgeschichte zu rechnen sind. Den Schluß bilden (2.7) einige kurze Hinweise zu ausgewählten Publikationen über die dänische bzw. die preußische Schulgeschichte, die für das Verständnis der Landesgeschichte die notwendigen Kontextinformationen bereitstellen können, sowie (2.8) ein Verzeichnis der wichtigsten Institutionen, die bei schulgeschicht-lichen Vorhaben informieren und beraten können.

Leider haben nicht alle in der Bibliographie erfaßten Texte im Original zur Verfügung gestanden. In wenigen Einzelfällen, die ihrer im Titel angegebenen Bedeutung wegen nicht unerwähnt bleiben sollten, konnten nicht einmal Fundorte nachgewiesen werden. So ist trotz sorgfältiger Recherche nicht auszuschließen, daß in Einzelfällen wichtige Informationen übersehen wurden, unvollständig oder - was hoffentlich eine Ausnahme ist - fehlerhaft wiedergegeben sind. Insbesondere die Daten aus und zur Schulgeschichte der Herzogtümer vor 1800 waren nicht immer wünschenswert eindeutig und vollständig zu ermitteln. Das gilt auch für die Daten derjenigen Gebiete, die erst später in Schleswig-Holstein inkorporiert wurden oder einen besonderen Rechtsstatus hatten (vom Törniger Lehn bis hin zu Lauenburg). Außerdem haben die erwähnten besonderen Blickwinkel und Strukturen dazu geführt, daß in der Literatur einzelne Episoden - insbesondere der Sprachenstreit - uneinheitlich oder gegensätzlich dargestellt werden. Deshalb soll im folgenden ausdrücklich der dokumentarische Gehalt der bibliographierten Texte im Vordergrund stehen und versucht werden, die unsortierte Vielfalt bisheriger Überlieferung grenzüberschreitend und mit Blick auf Möglichkeiten zur ergänzenden Recherche darzustellen. Wo möglich und nötig, wird auf Lücken oder Kontroversen in der bisherigen Geschichtsschreibung und auf ersatzweise bzw. ergänzend heranzuziehende Literatur ausdrücklich hingewiesen. Eine weitergehende Diskussion der Leistungen und Mängel einzelner Texte würde jedoch den Rahmen einer Einführung sprengen. In jedem Einzelfall bleibt zu prüfen, was den Inhalt und die Aussage des angezeigten Textes mitbestimmt haben kann.

1. Literatur zur schleswig-holsteinischen Schulgeschichte

1.1 Gesamtdarstellungen und Einführungen

1860 erschienen als Abschluß und Krönung des Lebenswerkes des Grömitzer Pfarrers und Schulreformers Jessen dessen Grundzüge zur Geschichte und Kritik des Schul- und Unterrichtswesens der Herzogthümer Schleswig und Holstein, vom christlich wissenschaftlichen Standpunkte. Sie sind bis heute die einzige Gesamtdarstellung zur Geschichte des Schulwesens der Herzogtümer. Vor allem für die Geschichte der Elementarschule sind sie eine immer noch unverzichtbare Fundgrube für Grundlinien und Querverweise, freilich ganz von ihrem Zweck - Plädoyer für eine enge Bindung der Schule an die Kirche - geprägt und im Stil der Schulgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts mehr essayistisch denn dokumentarisch.

Daneben existieren nur noch Geschichten für Teilbereiche. Das ganze Land umspannen Weimars Geschichte der Gymnasien (1987) und mit Auslassungen Knoops Überblick zur Geschichte der Lehrerbildung (1984) sowie Problemstudien wie die von Grönhoff (1963) zur besonderen Tradition des neunten Volksschuljahrs, das Schleswig-Holstein lange Zeit ein weit überdurchschnittliches Schulbildungsniveau bescherte. Die meisten Arbeiten sind regional eng begrenzt. Beispielhaft waren etwa Erichsens Schulgeschichten aus beiden Dithmarschen und Nordfriesland (1930ff.), die vielen Untersuchungen von Achelis zu Schleswiger Städten und Landschaften (1921ff.), von Grönhoff zu Kiel (1925ff.) und von Bünder (1968ff.) zum Neustädter Schulwesen. Typisch für den Versuch einer auf Einzelbeiträge gestützten Gesamtschau, wie er seitdem in mehr als zwei Dutzend Heimatjahrbüchern versucht wurde, ist der unter dem Titel Degn og skole erschienene Sammelband zur Schulgeschichte des Amts Sonderburg (1962).

Bei den übrigen die Gesamtzeit oder mehrere Jahrhunderte umfassenden Darstellungen handelt es sich mit Ausnahme weniger Untersuchungen im Bereich der beruflichen Bildung (vgl. 1.2.3) um Geschichten einzelner Einrichtungen. Sie befassen sich beispielsweise mit einer Dorfschule (vgl. etwa Claußen über Großenaspe 1970, 1972; Storjohann über Lindhöft 1975) oder erfassen sogar nur zeitweise betriebene Nebenstellen (wie Johnsen über Kischelund/Bau 1982; Petersen J. über Ockholm/Norddeich 1987). Manche Berichte zeugen von der Trauer über den Niedergang der kleinen Landschulen (so z.B. Laage über Fehmarn 1969, 1970, 1973; Peter über Behrendorf/Schleswig 1980); andere sind mit lokalpatriotischem Stolz gefüllte Detailsammlungen (z.B. Hansen H.F.J. über Tingleff 1979; Lutzmann über Eidelstedt 1986). Zu den Ortsschulgeschichten zählen schließlich Dutzende im Ortsregister aufgeführte Festschriften, insbesondere aus dem Bereich höherer Schulen. So wichtig und hilfreich die erfreuliche Arbeit der zahlreichen Lokalhistorikerinnen und -historiker ist, so sind doch viele der dabei entstehenden Veröffentlichungen von der schwierigen Lage der schleswig-holsteinischen Schulgeschichtsschreibung geprägt. Da sie typischerweise nur auf lokalen Recherchen beruhen und sich für die Rahmendaten bislang auf keine umfassenden Schulgeschichte des Landes stützen können, sind häufig die überregionalen Zusammenhänge unvollständig oder gar unrichtig dargestellt. So sind beispielsweise, um nur einen aktuellen Fall zu nennen, in der detailreichen und schön ausgestatteten Geschichte der Volkschule in Kiel (Mohr/Konarske 1992) zahlreiche Aussagen zum schulgeschichtlichen Kontext mindestens irreführend (etwa die Aussage, es habe "eine in ihrer äußeren Form und ihren Bildungs- und Erziehungszielen durch Gesetz und Lehrplan bestimmte Volksschule ... in Schleswig-Holstein erst seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts gegeben", ebd. 9) oder schlicht falsch (wie fast alle Personendaten und Sachaussagen im Abschnitt über den wechselseitigen Unterricht; ebd. 43ff.).

Für die von Jessen nicht erfaßten Landesteile, die zu seiner Zeit nicht zu Schleswig und Holstein zählten, gibt es zur Geschichte des Elementarschulwesens eine Reihe von Regionaldarstellungen: Jessen in Geist und Tonfall nahe kommt die erste Gesamtdarstellung der Lauenburgischen Schulgeschichte von Mirow (1898). Sie findet sich ergänzt in Scharnwebers Bericht über die Landschulen des ehemaligen Herzogtums Lauenburg von der Reformation bis zur Eingliederung in Preußen (1955). Für das Elementarschulwesen Lübecks und Eutins liegen ebenfalls Gesamtdarstellungen aus dem 19. Jahrhundert vor: Zunächst im fünften Band von Heppes Geschichte des deutschen Volksschulwesens (1860), die bezogen auf Schleswig-Holstein ansonsten nichts Neues gegenüber Jessen enthält, sowie für Lübeck ergänzt und fortgeführt in Funk M.S. (1911) und Offen C.-H. (1990). Die Schulen in und um Eutin sind von einem der eifrigsten Lehrerschriftsteller des 19. Jahrhunderts, Langfeldt, in einem Bericht über die Schulen im Fürstentum (1841) dargestellt. Einiges über das Volksschulwesen des Fürstenthums Lübeck in dänischer Zeit ist ohne Autorennennung im Schulblatt für die Herzogtümer 1860 zu finden, weitere Rahmendaten sind u.a. bei Prange (1990, 1991) zusammengetragen. Über die jüngere Zeit informieren knapp Rönnpag (1989) sowie die für einzelne Bereiche dem Ortsregister entnehmbaren Lokalberichte. Die Gymnasial- und Mittelschulgeschichte ist wie für Schleswig und Holstein vornehmlich durch Schulchroniken in Festschriften aufgezeichnet. Für alle drei - Lauenburg, Lübeck und das Fürstentum - ist weiteres Material in den Stadt- und Ortsgeschichten zu finden.

Als Randnotiz in dieser Regionalübersicht mag interessant sein, daß es entgegen den sonstigen Mengenverhältnissen (Holstein allein hatte im 19. Jahrhundert anderthalb mal so viele Schulen wie Schleswig) in allen Bereichen der Schulgeschichte mehr Publikationen aus und über Nord- und Südschleswig gibt als insgesamt zu Holstein, Lübeck, Lauenburg sowie zu den ehemals fürstlich lübschen Gemeinden. Das spiegelt zum einen das besondere Bedürfnis historischer Rückversicherung in einem kulturell und national geteilten Land, zum anderen sicher auch die erwähnte, mit landeskundlichen und -historischen Einrichtungen u.a. in Apenrade, Bredstedt, Flensburg, Hadersleben und Schleswig dichtere Infrastruktur für schulhistorische Forschung wider.

Gemeinsam ist den Bereichs-, Lokal- und Institutionengeschichten, daß sie höchstens zufällig über den Rahmen des bearbeiteten Falles vergleichend hinausschauen, in der Regel nicht einmal die jeweilige Regionalentwicklung mit in den Blick nehmen. Sie können bei der Erarbeitung weiterer Bereichsgeschichten als Exempel, aber ohne ergänzende Quellen kaum als Vergleichsgrundlage dienen. Dazu sind die Informationen meist zu zufällig gesammelt und zu ungenau belegt. Dies ist bei den zeitlich begrenzten Zusammenfassungen, insbesondere Japsens (1968) monumentaler Geschichte des dänischsprachigen Nordschleswiger Schulwesens vor 1814, auffallend anders. Nirgends sonst wird Schulentwicklung von unten und die gegenläufige Überformung der lokal gewachsenen Bildungsbedürfnisse durch staatliche Absichten so quellennah und konkret demonstriert wie hier.

Es gibt keine vergleichbar detailliert lokale, regionale und gesamtstaatliche Faktoren kombinierende Untersuchung und leider auch keine übergreifende Darstellung zur Südschleswiger und holsteinischen Schulgeschichte im gleichen Zeitraum. Umfassenderes als Rendtorffs Kommentar (aus dem Jahre 1902!) zu seiner Sammlung schleswig-holsteinischen Schulrechts seit der Reformation ist bezogen auf die Zeit bis zur Allgemeinen Schulordnung von 1814 für alles südlich der heutigen Grenze noch nicht publiziert worden, und Rendtorff setzt eben auf der Ebene staatlicher Intervention, nicht auf der der Bildungsbedürfnisse und diskurse ein. Dabei belegen schon die rund einhundertfünfzig in der Bibliographie für den Zeitraum bis 1814 erfaßten Texte (die um zahlreiche Werke Basedows, Ehlers', Trapps und anderer in den Herzogtümern wirkender Pädagogen ergänzt werden können), daß auch das südliche Schleswig, Holstein und die kleineren Gebiete im Süden und Osten (etwa mit Voß in Eutin) kein pädagogisches Ödland waren. Weiterhelfen bei der Bearbeitung dieser Regionen können Fallstudien zu Teilthemen (wie Kopitzsch F. 1981 zur Reform der Latein- und Gelehrtenschulen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts), Teilbereichen (wie Prange 1990 und 1991 über die Plöner Elementarschulen im 17. Jahrhundert) und zu herausragenden Personen (wie Kelle 1907 über Ehlers). Wichtige Themen sind jedoch ausgeklammert: Beispielsweise sind (anders als etwa in der skandinavischen Forschung) die Verbreitung der Lese- und Schreibfertigkeiten seit der Reformation oder die Wirkungen der Konfirmationsordnungen des 18. Jahrhunderts systematisch noch nicht untersucht.

Anders der Zeitraum ab 1814: Mit dem großen Reformwerk der Allgemeinen Schulordnung von 1814 und dessen Folgen beschäftigt sich eine Reihe von Publikationen (vgl. 1.5), unter anderem das erste Stück offizieller Geschichtsschreibung. Es ist der Bericht des seinerzeit verantwortlichen Generalsuperintendenten Adler über seine zwanzigjährige Reformarbeit 1797 - 1817. Die nachfolgenden Jahre bis 1848 sind anhand der Gesamtdarstellungen von Barløse (1959) und Japsen (1972) zur Schulgeschichte des Herzogtums Schleswig, von Elkar (1978) zur höheren Bildung in Holstein, von Hopmann/Haft (1988) zur Lehrplangeschichte der Herzogtümer und von Offen C.-H. (1990) zur Lübecker Elementarschule bis 1860 leicht zu erschließen. Elkar (1978) und Offen C.-H. (1990) bieten zugleich ein zeitgeschichtliches Panorama, wie es sonst so ausführlich in der Literatur zur Schulgeschichte des Landes kaum zu finden ist. Zudem ist diese schulpolitisch und pädagogisch lebhafteste Periode der Herzogtümer mit gut fünfhundert zeitgenössischen Schriften in der Bibliographie vertreten, die z.T. breitangelegte Übersichten zur Schulsituation enthalten (wie z.B. Rönnenkamp 1840b5; Tadey 1836).

Das knapp dreijährige Interregnum von Krieg und provisorischen Behörden 1848 - 1851 ist trotz überrragender schulpolitischer Aktivitäten, die zu Kommissionen, Gesetzentwürfen und zum ersten und einzigen Kultusministerium der Herzogtümer führten, weder für Schleswig noch für Holstein oder eines der anderen Gebiete mehr als kursorisch aufgearbeitet. Das in der Bibliographie erfaßte Material (einige Dutzend zeitgenössische Artikel, Flugschriften etc. könnten ergänzt werden) harrt noch der Auswertung. Die letzten Jahre der dänischen Zeit von 1851 bis 1864 sind dann in der Geschichtsschreibung vom Sprachenstreit geprägt. Zeit- und regionübergreifende Darstellungen stammen abgesehen von wenigen die Schule nur am Rande berührenden Ausnahmen (wie Bracker 1964ff.) alle aus der dänischen Forschung. Einführend können die historischer "Selbstkritik" wegbereitende Arbeit Madsens (1945) zur Schulentwicklung im Herzogtum Schleswig, die in der Detailarbeit unübertroffene Zusammenstellung L.S. Ravns (1971b) zu Lehrerschicksalen und Lehrplanänderungen in Mittelschleswig oder die politik- und personengeschichtliche Würdigung des Schleswig-Ministeriums durch Hjelholt (1923, 1978) gelesen werden. Vergleichbares über Holstein existiert nicht, leider auch nicht über das in dieser Zeit besonders interessante Herzogtum Lauenburg, in dem während dieser Jahre ein schulpolitisches Eigenleben blühte, das schließlich zum ersten und einzigen Landeslehrplan für ein Herzogtum führte (vgl. Mirow 1898).

Einige Arbeiten aus dem dänischen Umkreis führen nahtlos vom dänischen Sprachenkampf vor 1864 zum preußischen nach 1864. Eine knappe Einführung bietet L.S. Ravns (1981) Abriß der Volksschulgeschichte Nordschleswigs von 1864 - 1920. Sie ist zugleich neben den genannten Gesamtdarstellungen die einzige regionale Überblicksdarstellung zur schleswig-holsteinischen Schulgeschichte im Kaiserreich! Was sonst noch vorliegt bezieht sich auf Teilbereiche (etwa: Realschulentwicklung im Übergang zu Preußen), spezielle Aspekte (insbesondere die Minderheitenproblematik in Nord- und Mittelschleswig) oder Lokal- bzw. Personengeschichte (etwa zur schillernden Person Kaftans, Schulaufseher und späterer Generalsuperintendent in der Zeit des Kaiserreichs). In vielem kann die hier (vgl. 2.7.2) nur sparsam dokumentierte Literatur aus und über Preußen genutzt werden, die häufig auch Daten zur Provinz Schleswig-Holstein enthält. Das ist freilich nicht ganz unproblematisch: Eine kritische Würdigung des preußischen Einflusses auf das Schulwesen der Provinz, anhand derer sich Differenzen zu und Gleichartigkeiten mit preußischen Altlanden oder anderen Neuprovinzen (wie Hessen und Hannover) abschätzen ließen, steht noch aus.

Daß für die Jahre der Weimarer Republik die 1920 zu Dänemark zurückgekehrten Teile Schleswigs wegen der dort aufblühenden Reformpädagogik besonders interessant sein können, belegt u.a. Nørgaard (1977) am Beispiel Haderslebens. Den reformpädagogischen Eifer in südlichen Landesteilen illustriert beispielsweise Leschinsky (1978) an einem Lübecker Fall. Eine spezialisierte Ausarbeitung zur Schulgeschichte dieser Jahre oberhalb der Orts- und Institutionen-geschichte gibt es jedoch - sieht man von den zweckbegrenzten Darstellungen zum Aufbau der Minderheitenschulen einmal mehr ab - bislang leider nicht. Daß es schließlich ebenso keine Geschichte der schleswig-holsteinischen Schule während des Nationalsozialismus gibt und die vorliegenden Gesamtdarstellungen diese Periode stief-mütterlich behandeln, rechnet zu den peinlichsten Mängeln bisheriger Forschung. Dabei existieren hier Vorarbeiten aus Sicht der in diesen Jahren komplizierten Minderheitenproblematik (beginnend mit Basse, Nielsen C.J., Novrup alle 1946, fortgesetzt z.B. bei Mogensen C.R. 1981; Rerup 1991) und auf lokaler Ebene (wie Antifaschistische Arbeitsgruppe 1988 zu Lübeck; Unverhau 1983 zu Schleswig; Weichert-Hassel 1980 zu Flensburg).

Will man eine Summe ziehen, dann präsentiert dieser erste Abschnitt die Strukturschwäche bisheriger Schulgeschichtsschreibung zu Schleswig, Holstein und den angrenzenden Gebieten: Gesamtdarstellungen und Problemgeschichten sind rar. Die wenigen, die vorliegen, können fast durchweg nur als angereicherte Chronik gelten, verzichten auf die Einordnung der behandelten Ausschnitte in grenzüberschreitende Zusammenhänge dänischer bzw. preußischer Schulentwicklung und erfüllen kaum einmal die Ansprüche, die an eine moderne Schulgeschichte zu stellen sind.

1.2 Schularten

Numerisch sind die einzelnen Schularten in der Bibliographie ungleich vertreten: Fast zwei Drittel aller Veröffentlichungen befassen sich ganz oder teilweise mit Elementarschulen, etwa jeder dritte Text behandelt wenigstens in Abschnitten die Latein-, Gelehrtenschulen oder Gymnasien, jeder vierte Mittel- und Realschulen und weniger als zehn Prozent widmen sich irgendeiner anderen Schulform von den Sonder- bis zu den Gewerbeschulen. Wollte man aus diesen Mengenverhältnissen den Bearbeitungsstand ablesen, würde das die Dinge geradezu auf den Kopf stellen: Es gibt beispielsweise kein Traditionsgymnasium, das nicht in mehreren Jubiläums- und schulhistorischen Schriften gewürdigt ist. Abgesehen von seltenen Ausnahmen (wie dem Christianspflegehaus in Eckernförde) sind es nur wenige Elementarschulen, denen mehr als eine einzelne eigenständige Publikation gewidmet ist. Während es zur Geschichte der Gewerbeschulen immerhin Ansätze einer institutionenübergreifenden Bearbeitung gibt, sind die Darstellungen zu Mittel- und Sonderschulen von Ausnahmen abgesehen auf einzelne Einrichtungen fixiert. Jenseits der höheren Schulen ist der Bearbeitungsstand selbst bei schulhistorisch herausragenden Einrichtungen sehr unterschiedlich. Einige (wie das Internat der Herrnhuter in Christiansfeld) haben Mit- und Nachwelt gleichermaßen beschäftigt, andere (wie die verschiedenen Realschulvorläufer aus dänischer Zeit) sind nie so recht zur Kenntnis genommen worden.

1.2.1 Elementarschulen

Für die publizierte Elementarschulgeschichte ist deutlich zwischen Stadt- und Landschulen zu unterscheiden. Die Elementarschulen der Städte sind in der Regel in ihrer formalen Historie (Gründungsdaten, Lehrkräfte etc.) kontinuierlich dokumentiert, für viele Landschulen müssen diese Daten noch zusammengestellt werden. Neben den Gesamtdarstellungen vermitteln Zugang zur Elementarschulgeschichte vor allem Fallstudien, die sich zum Beispiel mit der Entwicklung des Schulrechts seit der Reformation (vgl. 1.5), Aufstieg und Fall der wechselseitigen Schuleinrichtung 1818 - 1864 (vgl. 1.4) oder der Berufs- und Bildungsgeschichte der Lehrkräfte (vgl. 1.3) befassen. Für den, der an der Geschichte einer bestimmten Region oder Schule interessiert ist, taugen sie in der Regel wenig. Mit Ausnahme der personengeschichtlichen Daten (u.a. bei Arends 1932; Barløse 1981 und Ravn L.S. 1963, 1966, 1971b; weitere unter 2.3) sind nur wenige Regionen und auch die nur für einzelne Zeitabschnitte so vollständig dokumentiert, daß vergleichende Auswertungen ohne zusätzliche Recherchen möglich sind.

Mindestens bis zum offiziellen Ende der geistlichen Oberaufsicht unter preußischer Herrschaft 1872 (oft auch darüber hinaus) gibt es reichhaltiges Material in den bei den Landesarchiven Schleswig und Apenrade abgelegten Visitationsprotokollen und -eingaben, die etwa für die Herzogtümer Schleswig und Holstein seit der ersten Kirchen- und Schulordnung von 1542 in wechselndem Umfang und mit wechselnder Häufigkeit verbindlich vorgeschrieben waren. Indirektes Hilfsmittel können Schulrechtssammlungen sein. Da in dänischer Zeit Schulrecht formell lokal spezifiziert wurde, gibt es kaum eine Schule, die nicht irgendwann einmal in einem Reskript oder Konsistorialschreiben erwähnt ist. Darüber hinaus leisten gleiche Dienste auch für die preußische Zeit die ab dem frühen 19. Jahrhundert von verschiedener Seite erstellten Statistiken und Topographien. Über all diese Hilfsmittel berichtet ausführlicher der 2. Hauptteil dieser Einleitung. Ein wichtiges, vergleichend aber noch nicht systematisch genutztes Hilfsmittel sind schließlich die Schulchroniken, die seit dem Kaiserreich verbindlich für jede Schule vorgeschrieben waren und vielerorts eifrig gepflegt wurden (vgl. z.B. Ravn L.S. 1971a, 1971c).

Eine Sonderstellung unter den Elementarschulen nahmen die besonders an der Ostküste, in Schwansen und in Wagrien, verbreiteten Gutsschulen ein. Sie unterstanden regelmäßig nicht der unteren, geistlichen Schulaufsicht (sind dort also auch kaum archiviert), sondern neben dem Gutsherrn gleich der mittleren oder nur der oberen Schulaufsicht. Manche waren triste Nebenschulen, andere hatten aber auch besonders im späten 18. Jahrhundert für die Schulentwicklung in Dänemark und den Herzogtümern besondere Bedeutung. Wie bei so vielem wirkten auch hier dänische und preußisch-deutsche Einflüsse nebeneinander. Vorbild waren die Schulversuche der auch politisch einflußreichen Brüder Reventlow auf Seeland und Fünen sowie die Schulreform des Freiherrn von Rochow aus dem preußischen Reckan, dessen Erfahrungsbericht 1795 in Schleswig erschien (vgl. auch Amsinck 1796; Hudtwalcker 1794; Stender 1830; Suhr 1795; ergänzend: Japsen 1968; Markussen 1988). Im selben Jahr und 1806 kamen in Altona Nachdrucke von Rochows bereits seit 1777 in Dänemark mit mehreren Auflagen erfolgreichem Lehr- und Lernbuch Der Kinderfreund heraus, das in Deutschland den Auflagenziffern nach so verbreitet war wie Goethes Werke. Das Wirken der Gutsherren und ihrer Gutsschulen hat leider noch keine eigene Darstellung gefunden, wird aber gelegentlich im Rahmen der Ortsschulgeschichte bedacht (vgl. z.B. Baasch 1968 über Gut Knoop/Altenholz) und ist daneben in der von dieser Bibliographie nicht erfaßten heimatgeschichtlichen Literatur zu großen Gutshöfen erwähnt.

Noch schwieriger als in diesem Bereich ist naturgemäß die Suche nach Daten zu Elementarunterricht, der keine institutionelle Fortsetzung in heutigen Schulen gefunden hat. Da ist zum Beispiel auf dem Land der Unterricht durch Wanderlehrkräfte, oft nur "Winterlehrer" und in nur zeitweise aufrecht erhaltenen Nebenschulen sowie in den Städten und Flecken in den sogenannten Klipp- oder Winkelschulen. Leider sind die für die Schulgeschichte sonst so nützlichen öffentlichen Quellen vor allem ziemlich unzuverlässig für den Bereich, der das Schulwesen der Herzogtümer wie kein anderes geprägt hat: die von den lokalen Schulinteressenten bis zum 19. Jahrhundert in eigener Regie unterhaltenen Nebenschulen, die als Wurzel der philanthropischen Bewegung auf der einen, der dänischen Freischulbewegung auf der anderen Seite angesehen werden können. Von der kirchlich geprägten Schulberichterstattung wurden diese Schulen als Konkurrenz verschwiegen oder verächtlich gemacht. Auf ihre grundlegende Bedeutung hat als erster Japsen (1968) in seinen Untersuchungen für den dänischsprachigen Teil Schleswigs aufmerksam gemacht. Ihre überragende Stellung ist für alle Landesteile mindestens zahlenmässig belegt (vgl z.B. Paulsen P. 1845; Rendtorff 1902). Außerdem gibt es eine Reihe interessanter Fallstudien (Johnsen 1982 über Kischelund/Bau; Martensen M. 1955 über Kalleby/Angeln; Meyer H. 1968 über Schwabstedt; Petersen J. 1987 über Ockholm/Norddeich; Reimer 1930 über Willenscharen/ Aukrug; Volquardsen 1986 über Diedersbüll/Wiedingharde). Auch wenn es noch keine umfassende historisch-empirische Untersuchung zu diesem Gebiet gibt und auch deshalb dessen Rang für die Schulgeschichte des Landes nicht ganz unumstritten ist (vgl. Fink 1969; Japsen & Fink 1969), kann so als gesichert gelten, daß es je nach Zeitpunkt und Region bis zu siebenmal mehr dieser privaten Schulangebote gab als öffentliche Schulen und daß viele dieser Schulen den öffentlichen Schulen in nichts nachstanden. Mit den trotz wiederholter Verbote bis Anfang des 19. Jahrhunderts verbreiteten Klipp- und Winkelschulen und ähnlichen Vorformen städtischen Elementarunterrichts befassen sich explizit nur wenige kurze Artikel (z.B. Achelis 1941d; Brandt 1982). Weiteres Material ist regelmäßig in den städtischen Schulgeschichten (siehe Ortsregister) zu finden. Über die Geschichte der Nebenschulen hinaus hat sich mit der Arbeit der Wanderlehrkräfte offenbar noch niemand gründlich beschäftigt. Spärliche Hinweise sind in übergreifenden Schulgeschichten (wie Japsen 1968) und manchen Biographien zu finden (z.B. Neumann O. 1980) sowie außerdem in Texten zur Frühgeschichte der Selbstorganisation der Minderheiten. Nachdem Wanderlehrkräfte durch den Ausbau des Schulwesens ansonsten weitgehend verschwunden waren, entstand dort seit dem späten 19. Jahrhundert neuer Bedarf als Ersatz für den in den öffentlichen Schulen verweigerten muttersprachlichen Unterricht (vgl. z.B. Kav 1926).

Bis dahin ließ sich nur im übertragenen Sinn von einem Minderheitenschulwesen reden. Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts wurde auch in dänisch- und friesischsprachigen Gegenden öffentlicher Elementarunterricht oft auf Deutsch erteilt. Nur für den Nordrand Schleswigs galt regelmäßig wie in der Allgemeinen Schulordnung 1814 vorgeschrieben: "In den Dänischen Schulen des Herzogthums Schleswig wird, wie sich versteht, blos Dänisch gesprochen" (§ 68). Material findet sich dazu außer bei Japsen (1968) und in Lokalgeschichten auch in den oben angesprochenen Visitationsunterlagen. Mit der Zuspitzung der nationalen Gegensätze seit den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde die Schulsprache zu einem Problem, das sachlich kaum mehr zu verhandeln war (vgl. Clausen H.P. 1965, 1966; Rohweder 1973; Thyssen 1977). Von 1851 an versuchte die Schulaufsicht gegen enorme Widerstände im heutigen Grenzland (etwa im Viereck Tondern, Apenrade, Husum, Schleswig) Dänisch als Schulsprache durchzusetzen (die meist beschriebene Episode schles-wig-holsteinischer Schulgeschichte: vgl. u.a. Bracker 1966; Hjelholt 1923, 1978; Madsen 1945; Ravn L.S. 1971b).

Nach 1868 ließen die Preußen dänische Schulen zunächst noch in und nördlich von Flensburg zu. Ab 1888 wurde dann auch in den bis dahin unumstritten zum dänischen Sprachraum gehörenden Nordschleswiger Randgemeinden Deutsch als Schulsprache eingeführt (vgl. u.a. Olsen 1956; Ravn L.S. 1966, 1968, 1980, 1981). Das löste nachhaltigen, ab 1892 von einem eigenen Schulverein, Den Nordslesvigske Skolefor-ening, getragenen Widerstand aus (vgl. ebd. sowie Lebeck 1913). Seit 1920, der Rückkehr Nordschleswigs zu Dänemark, entstand daraus der noch heute aktive Dänische Schulverein für Südschleswig (Dansk Skoleforening for Sydslesvig), der ein eigenes Schulsystem für mehrere tausend Schülerinnen und Schüler unterhält (vgl. Hansen B. 1945; Johannsen S. 1975; Nielsen C.J. 1946; Noack J.P. 1990; Rerup 1991; Zeuch 1975; als typische Schulgeschichte vgl. z.B. Hansen H. o.J. über Tarp). Parallel dazu gründete die in Nordschleswig verbliebene deutsche Minderheit eigene Schulen (Byram 1986; Christensen F. 1971; Gimm 1966; Rerup 1991), während sich die Mehrheit schrittweise in die dänische Volksschulentwicklung einfügte (vgl. die mit der Kopfzeile nach 1920 im Ortsregister aufgeführte Literatur). Der friesischen Minderheit schließlich ist erst in den letzten Jahren die offizielle Anerkennung ihrer Sprache als Schulsprache vergönnt gewesen. Als Unterrichtsfach oder sprache führte Friesisch bis dahin eine vom guten Willen einzelner Lehrerinnen und Lehrer abhängige Randexistenz (vgl. Claussen M. 1958; Clemenz 1970; Steensen 1986).

Nichts war so umstritten in der Schulgeschichte Schleswigs wie diese hier angedeutete Entwicklung, und so gibt es auf beiden Seiten der Grenze eine Vielzahl von Schriften (vgl. Stichwort Minderheiten und Schule im Register). Bis in unsere Zeit sind viele davon in der Quellenauswahl und wertung vom nationalen Gegensatz geprägt. Zusammenfassend zur Elementarschule der jeweiligen Minderheiten gibt es knapp gehaltene Übersichten (u.a. Christensen F. 1971; Hansen R. u.a. 1993; Johannsen S. 1975; Kochansky/Bodenstein 1988; Rerup 1991). Eine beiden Seiten gerecht werdende wissenschaftliche Geschichte dieser Schulen ist vielleicht anläßlich der kommenden Jubiläen (hundert Jahre Dänische Schulvereine; fünfundsiebzig Jahre Minderheitenschulen) zu erhoffen.

1.2.2 Höhere Schulen

Leichter als im Elementarschulbereich ist die Suche nach Material zu Real- und Mittelschulen, Kloster-, Latein- und Gelehrtenschulen sowie zu deren Nachfolgern, den Gymnasien. Für die in preußischer Zeit gegründeten Mittelschulen und Gymnasien gab es bereits Jubiläen anläßlich des fünfzigsten, fünfundsiebzigsten oder hundertsten Gründungstages, für einige Gymnasien auch schon höhere runde Geburtstage, was fast immer zu Festschriften führt (siehe Ortsregister).

Die Real- und Mittelschulen sind in ihrer heutigen Form alle erst nach 1864 entstanden (vgl. Mähl H. 1960). Wer weiter zurückgehen will sollte prüfen, ob die untersuchte Real- oder Mittelschule tatsächlich eine Neugründung war oder aus einer älteren Bürger- bzw. Stadtschule hervorgegangen ist. Das dürfte für Gründungen bis zur Jahrhundertwende die Regel sein. Man kann - soweit Stundentafeln und Lehrbücher erkennen lassen - die als Hauptschule bezeichnete Oberstufe der schleswig-holsteinischen Bürgerschule, so wie sie im 18. Jahrhundert als städtische Schulform entwickelt und 1814 kodifiziert wurde, als Vorläuferin der heutigen Realschulen betrachten. "Höhere" Bürgerschulen als eine Art Realgymnasium - wie aus Dänemark und Preußen bekannt - gab es in den Herzogtümern nicht.

Eine zweite Wurzel der heutigen höheren Schulen ist in den kleinen Lateinschulen, Rektorklassen und ähnlichen, mehr an Privatunterricht erinnernden Einrichtungen zu sehen, in denen gegen Aufgeld besonderer Unterricht erteilt wurde (so Eltern sich das leisten konnten und wollten). Solche aus wenigen Schülern bestehende Schulen bzw. Klassen gab es in ihrer Blütezeit im 17. und 18. Jahrhundert in fast allen Kirchspielen, teils explizit als Vorbereitung auf weiterführende Schulen bzw. die Universität, teils schlicht als zusätzliches Bildungsangebot. Ihr Niedergang und die drastische Reduzierung der Standorte höherer Schulen durch die Schulordnungen um 1814 verstärkte in Verbindung mit der Differenzierung der Bildungsbedürfnisse bürgerlicher Schichten die Nachfrage nach ortsnahen Formen höherer, aber nicht universitätspropädeutischer Bildung, die schließlich im Vormärz in die Forderung nach Realschulen mündete. Die Geschichte der kleinen Lateinschulen und der noch weniger formell organisierten Rektorklassen ist systematisch nicht erzählt, für viele Städte und größere Flecken aber recht gut dokumentiert: im 19. Jahrhundert manchmal in voluminösen Aktensammlungen (vgl. z.B. zu Glückstadt: Detlefsen D. 1890ff.; Itzehoe: Seitz 1888ff.; Meldorf: Dohrn 1815ff.), darüber hinaus in oft mehreren Einzeldarstellungen (vgl. z.B. zu Husum: Christiansen U. 1903; Laage/Hand 1977; Manicus 1860; Möller E. 1914, 1927, 1939 u.v.m.), viele davon vom Historiker der Lateinschulen im Lande, Thomas Otto Achelis (z.B. zu Apenrade: 1927ff.; Eckernförde 1952; Hadersleben: 1921ff., bes. 1934; Sonderburg: 1923ff.). Wo bei kleineren Orten Zweifel bestehen, ob es zeitweise eines dieser oft sehr kurzlebigen Angebote gegeben hat, lohnt neben der Suche in Sammeldarstellungen (wie Tadey 1836; Weimar 1987) ggf. ein Blick in die Pfarrgeschichte, da solche Sonderformen häufig auf die Initiative oder den Eigenbedarf der Ortsgeistlichen zurückgingen. Neben diesen Vorläufern gab es mancherorts (wie in Apenrade, Flensburg, Friedrichstadt, Rendsburg und Schleswig) weiterzielende Versuche zur Einführung von Realschulen nach preußischem oder dänischem Vorbild. Deren Geschichte ist freilich bis heute ebensowenig zusammenhängend aufgezeichnet wie die des damals schon prekären Verhältnisses von gymnasialer und realistischer Bildung, das Anlaß zu solchen Versuchen gab. Letzteres hat immerhin wiederholt Bearbeiter gefunden (von Tadey 1828ff. und Lübker 1843ff. bis zu Offen C.H. 1988 und Thießen 1990; vgl. Sachregister).

Die Geschichte der Gelehrtenschulen und Gymnasien ist demgegenüber unzweifelhaft das bestbearbeitete Teilstück schleswig-holsteinischer Schulhistorie: Hier gibt es die jüngste Gesamtdarstellung (Weimar 1987), eine langwährende Dokumentationstradition (mit Wurzeln im Standortstreit im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert; vgl. bereits Volkmar 1796), differenzierte Querschnittsanalysen und Problemstudien (herausragend die Arbeiten von Elkar 1973ff. und der Gebrüder Kopitzsch 1976ff.). Kein Traditionsgymnasium, dessen Grunddaten unbekannt sind (sieht man einmal davon ab, daß vermutlich längst nicht alle Daten zu den vorangegangenen Kloster- und Lateinschulen etc. recherchiert bzw. verbürgt sind). Sieben Gymnasien können auf mehr als sechshundert Jahre Geschichte zurückblicken (in Eutin, Hadersleben, Kiel, Ratzeburg und Schleswig sowie zwei in Lübeck), aus dänischer Zeit stammen weitere acht (Altona, Flensburg, Glückstadt, Husum, Meldorf, Plön und Rendsburg sowie - kurzlebig - Bordesholm). Rund zwei Dutzend wurden in preußischer Zeit gegründet (meist zunächst als Real- oder Töchterschule sowie häufig um 1800 eingegangene Lateinschulen bzw. Rektorklassen fortsetzend in: Altona, Apenrade, Eckernförde, Elmshorn, Flensburg, Heide, Husum, Itzehoe, Kappeln, Kiel, Lübeck, Marne, Neumünster, Niebüll, Oldenburg, Oldesloe, Reinbek, Rendsburg, Schleswig, Schwartau, Segeberg, Tondern, Uetersen und Wandsbek; vgl. die Übersicht bei Weimar 1987). Wer sich mit diesen Schulen befassen will, findet über das Orts- und Sachregister reichlich Material, das freilich zum Teil vom jeweiligen Publikationszweck (Festschrift, Werbung für die Schule, Verteidigung des Schulstandortes usw.) ziemlich nachhaltig geprägt und deswegen nicht immer historisch zuverlässig ist. Zu beklagen ist vielleicht auch, daß außerhalb der Landesgrenzen diese Fülle an Wissen und Material kaum je genutzt wird, und das obwohl der berühmteste aller deutschen Gymnasialhistoriker, Friedrich Paulsen, aus Schleswig-Holstein stammt. Deshalb fehlen systematisch vergleichende Bezugnahmen auf die schleswig-holsteinische Entwicklung.

Mittel- oder Gelehrtenschulen der Minderheiten gab es vor 1848 nicht. Der Versuch, 1848 das Johanneum in Hadersleben in die erste dänische Gelehrtenschule zu verwandeln, war einer der viel beschriebenen Streitpunkte im Nationalitätenkampf (vgl. z.B. Achelis 1934; Jacobsen N.H. 1947; Jessen P.H. 1865; Schrader 1848; weitere Literatur im Ortsregister). Zwischen 1851 und 1864 wurde wie im Elementarschulbereich eine stärkere Danisierung der höheren Schulen versucht (Achelis 1932a, 1951a; Cruse 1950; Galster 1946; Peters A. 1966; Skierka 1986a; Vaagt 1966). Nach der preußischen Übernahme wurden alle höheren Schulen zur deutschen Sprache verpflichtet (damit auch die Gelehrtenschule in Hadersleben). Nur bis 1878 hielten sich die dänischen Schulen in Flensburg (vgl. neben der allgemeinen Literatur zur Flensburger Schulgeschichte speziell Graef 1933). Ab 1888 verschwand Dänisch selbst als Fremdsprache vom Stundenplan (vgl. Achelis 1953, 1954b; Skalberg 1932; Weichert-Hassel 1980). Nach 1920 errichtete die dänische Minderheit eine Mittelschule in Flensburg (Duborg-Schule; nach 1945 zum Gymnasium erweitert; vgl. Fanø 1975), später weitere in Husum und Schleswig. Die deutsche Minderheit gründete Mittelschulen in Apenrade, Hadersleben, Sonderburg und Tondern sowie ein Gymnasium in Apenrade (zusammenfassend z.B. Kochansky/Bodenstein 1988; Kragh 1937). Daneben wurden für die dänische Mehrheit die in Dänemark üblichen Mittelschulen und Gymnasien eingerichtet (vgl. neben den im Ortsregister bei Nordschleswiger Gemeinden genannten Schulschriften z.B. Egeberg Jensen 1947; West 1930, 1941). Schulübergreifende, vergleichende wissenschaftliche Darstellungen fehlen. Eine ausgewogene Einführung gibt der von der Landeszentrale für politische Bildung herausgegebene Bericht zur Minderheitengeschichte auf beiden Seiten der heutigen Grenze (Hansen R. u.a. 1993), der Überblicksband zum heutigen Schulwesen auf beiden Seitden der Grenze von Kochansky/Bodenstein (1988) enthält einzelne Hinweise zur Schulgeschichte. Wenn möglich, empfiehlt sich ergänzend breitgestreute Literatur aus verschiedenen Zeiten und mit unterschiedlichen nationalen Bindungen zugleich zu nutzen, da Quellenauswahl und wertung mit den nationalen Stimmungen erheblich variieren können.

1.2.3 Andere Schulformen und -einrichtungen

Die Abgrenzung zwischen den bisher besprochenen und anderen Schulformen und einrichtungen fällt nicht leicht für Zeiten, in denen es noch keine klare Gliederung der Aufgaben und Funktionen des Schulwesens im heutigen Sinne gab. So ist zum Beispiel zu berücksichtigen, daß bis in das 19. Jahrhundert die Teilnahme älterer Erwachsener am Elementarunterricht so wenig ungewöhnlich war wie der Schulbesuch Drei- und Vierjähriger, die man heutzutage wohl eher in den Kindergarten schicken würde. Es gab auf keiner Stufe eine einheitliche Schule für alle, sondern verschiedene Schulen für verschiedene Klientelen.

Die Allgemeine Schulordnung von 1814 war auch darin ihrer Zeit voraus, daß sie im Rahmen der städtischen Elementarschule, der Bürgerschule, für Kinder unter sechs Jahren das freiwillige Institut der Aufsichtsschule vorsah. Die Schule war ausdrücklich Kindern vorbehalten, deren Eltern durch Arbeit an der Aufsicht gehindert waren, und sollte der normalen Elementarschule Entlastung bringen. Unterricht sollte in den Aufsichtsschulen nur unvermerkt vor sich gehen (§ 38). Außer in Randnotizen der Lokalgeschichten ist die mindestens bis in das 18. Jahrhundert zurückreichende, also lange vor Fröbels Kindergarten-Initiative beginnende Geschichte der Aufsichtsschulen bzw. Spielschulen (wie sie ursprünglich in der Allgemeinen Schulordnung genannt werden sollten) bis jetzt nirgends rekonstruiert und gewürdigt.

Entschieden besser dokumentiert ist die nächste Ausdifferenzierung der Elementarschule, die sogenannte Arbeitsschule, die ab 1814 als Schulzweig für Mädchen in den Städten und für Mädchen und Jungen auf dem Lande verbindlich vorgesehen war (§§ 44 und 69 der Allgemeinen Schulordnung von 1814). Die Arbeitsschule folgte der schon vorhandenen, auch im Fürstentum Lübeck und in Lauenburg verbreiteten Tradition des Arbeitsunterrichts bzw. der Industrieschulen, die bei den Mädchen der Einführung und kleingewerblichen Nutzung der Handarbeit und bei den Jungen der Einübung in handwerkliche Tätigkeiten dienten (vgl. Andacht 1939; Michaelsen H. 1984; Weimann 1974). Mit Industrieschulen im Sinne von Kinderarbeit im Rahmen großer Industrie (wie sie z.B. im Rheinland und in Preußen notorisch wurden) hatte das nichts zu tun, konnte es schon deshalb nicht, weil es an entsprechenden Großbetrieben fehlte (vgl. Haase N. 1926). Häufiger als Kinderausbeutung in Fabriken war und blieb bis in unser Jahrhundert die starke Inanspruchnahme der Kinder durch die Mitarbeit daheim und in der Landwirtschaft.

Die Notwendigkeit ergänzender Bildung zumindest für die sozial besser gestellte Landjugend wurde dann auch wie in Dänemark ganz früh gesehen (vgl. z.B. Privatschulen, höhere Bauernschulen etc. 1842). Vorformen einer einschlägig spezialisierten Bildung sind bereits vom Ende des 18. Jahrhunderts bekannt (vgl. Staudinger 1797f.). Im Vormärz wurde mit der Höheren Volksschule zu Rendsburg erstmals eine besondere Anstalt für die nachschulische Jugendbildung geschaffen (vgl. Laack 1968). Abgesehen von der Höheren Volksschule hat die später aus Dänemark (re-)importierte Idee einer spezifisch "ländlichen" Volkshochschule südlich der Grenze jeodch nie recht Fuß fassen können, wohl aber zur Gründung der ersten Volkshochschulen beigetragen (beginnend in Albersdorf 1906; vgl. Lembke 1904f.). Die Geschichte der Landwirtschaftsschulen in modernem Sinne begann etwa zeitgleich 1844 in Örsberg/Angeln (vgl. Erichsen 1949, 1953; Vaagt 1968). Sie fanden besonders im Kaiserreich Verbreitung (vgl. zu Bredstedt: Nonnesen 1969; Eutin: Großkreutz 1968; Flensburg: Hinricus 1971; Hohenwestedt: Cordts 1970; Segeberg: Ellenberg 1988; Woltersmühlen: Lunau 1962). Übergreifend wird die Geschichte der landwirtschaftlichen Bildungsanstalten von Liedke (1882), Mehner (1988) und Vollrath (1957) berichtet.

Solche Gesamtdarstellungen finden sich erfreulicherweise auch für die Geschichte der Gewerblichen Schulen, die aufbauend auf Spezialschulen des 18. Jahrhunderts (wie die Kieler Königliche Forstlehranstalt) ebenso erst in preußischer Zeit klare Konturen fanden. Dargestellt findet sich dies bei Ritzmann (1957) zum beruflichen Fortbildungswesen in Kiel 1795 - 1921, bei Rust (1962) zur Entwicklung des berufsbildenden Schulwesens in Flensburg 1815 - 1962 und bei Wep-pelmann (1972) zum selben Bereich in Lübeck im 18. und 19. Jahrhundert. Manche Merkwürdigkeit befindet sich zwischen diesen Vorläufern der heutigen Berufsschulen wie etwa in preußischer Zeit das private Technikum eines Baurats Klücher in Eutin (vgl. Rönnpag 1979b; Saeftel 1956, 1979).

Relativ spät entwickelte sich ein eigenes Mädchenschulwesen. Auf dem Land wurde bis ins späte 19. Jahrhundert koedukativ unterrichtet. Meist waren sowieso alle in einem Raum: links die Jungen, rechts die Mädchen, vorn die Kleinen, hinten die Großen. Es gibt freilich Hinweise, daß Mädchen innerhalb der ungteilten Schule häufig weniger lernten (beispielsweise im 18. Jahrhundert anders als die Jungen nur selten Schreiben und Rechnen), sei es - Untersuchungen fehlen dazu - weil sie seltener zur Schule kamen, ihre Schulpflicht in der Regel ein Jahr weniger betrug oder weil sie weniger unterrichtet bekamen. Die höheren Schulen waren zunächst ganz selbstverständlich den Jungen vorbehalten (so auch in der Allgemeinen Schulordnung 1814). Ergänzende Bildungsangebote für Mädchen hatte es in den Städten dagegen seit der Reformation vereinzelt gegeben. Meist handelte es sich jedoch wohl nur um eine Art Ergänzungsunterricht in "hausfraulichen" Tätigkeiten. Die erste öffentliche Mädchenschule entstand dann im Rahmen der städtischen Elementarschule, der Bürgerschule, die sich ab dem vollendeten neunten Jahr in zwei Abteilungen oder getrennte Hauptschulen für Mädchen und Jungen gliederte. Der Mädchenzweig war zwar im curricularen Angebot etwas schlechter gestellt als das Angebot für die Jungen, enthielt jedoch immer noch weitaus mehr als andernorts überhaupt für die Elementarbildung für notwendig erachtet wurde. Daneben gab es ein in der Qualität oft zweifelhaftes Privatangebot, darunter einige wenige den höheren Schulen für Jungen vergleichbare Einrichtungen wie die 1806 gegründete Bildungsanstalt für Töchter in Lübeck (vgl. Grönhoff 1961a; Meier A. 1856/69, 1859; Meier J.H. 1816, 1836; Offen C.-H. 1990). Zur Expansion eigenständiger höherer Töchterschulen im öffentlichen Rahmen kam es freilich wie in Preußen erst im Kaiserreich, unter anderem mit Gründung eines Schleswig-holsteinischen Provinzialvereins für das höhere Mädchenschulwesen (Statut 1879). In den großen Städten bildeten sich rasch mehrere Anstalten (vgl. zur gut dokumentierten Kieler Geschichte: Grönhoff 1961a; Langemann 1906; Menzel 1912; Meusel 1936; Plümer 1888; zu Eutin: Obermeier 1986; Schinzel 1960a; Flensburg: Leppien 1986; Lübeck: Offen C.-H. 1990; Schwartau: Harders G. 1986; weitere Hinweise in den Ortsschulgeschichten). Die heute wieder heftige Diskussion über die Koedukation wurde in Schleswig-Holstein schon in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ausgiebig gepflegt (vgl. Gudenrath 1843; Kallsen 1844).

Eine besondere Stellung hatten einige weitere Schulformen: Zunächst die Garnisons- bzw. Militärschulen, von denen es einige in Schleswig und Holstein gab (u.a. in Flensburg, Friedrichsort, Glückstadt und Rendsburg). Erstere dienten der Beschulung der Kinder des Militärpersonals, letztere der militärischen Ausbildung; manchmal ging beides ineinander über. Sie unterstanden in der Regel nicht der lokalen Schulaufsicht, sondern direkt den jeweiligen Mittelinstanzen und den militärischen Behörden. Ein spezieller Bericht ist bislang nur der Rendsburger Garnison gewidmet (vgl. Reimer 1930a), weitere Beispiele sind in Ortsgeschichten (vgl. zu Friedrichsort z.B. Detlefsen N. 1978) und in den Geschichten einzelner Anstalten zu finden (vgl. z.B. zum u.a. als Kadettenanstalt und später als Nationalpolitische Erziehungsanstalt genutzten Internat Schloß Plön: Geißler 1954; Schmidt E./Kasdorff 1968). Vermutlich wären hier Recherchen im militärhistorischen Schrifttum ergiebig, die wir unterlassen haben.

Militärschulen rechnen zugleich zu den Internatsschulen, für die einziges Jahrhunderte überdauerndes Beispiel im Lande die ganz und gar unmilitärische Internatsschule der Herrnhuter-Brüder in Christiansfeld in Nordschleswig ist (vgl. Bloch Ravn 1984; Bloch Ravn/Thyssen 1984; Bundsgaard 1984; Holdt 1942; weitere Literatur im Ortsregister). Ansonsten läßt sich von den gegenwärtig betriebenen Internaten neben Schloß Plön nur noch die Duborg-Schule (gegr. 1920, heute mit Teilzeitinternat) indirekt mit dem Berichtszeitraum bis 1945 verknüpfen (vgl. Fanø 1975). Weitere Internate (wie z.B. das Landerziehungsheim Louisenlund, das Nordsee-Gymnasium St. Peter-Ording, beim deutschen und beim dänischen Gymnasium in Apenrade, die Jugendschulen der dänischen Minderheit in Ladelund/Nordfriesland und der deutschen Minderheit in Tingleff/Nordschleswig) sind erst nach 1945 entstanden. Zusammenfassende Darstellungen zur Geschichte der Internate im Lande sind nicht bekannt. Ebensowenig systematisch untersucht scheint die Vorläuferpraxis der Unterbringung von Schülern in Gastfamilien, die an den Gelehrtenschulstandorten bis in unser Jahrhundert hinein gang und gäbe war. Nur indirekt in der Bibliographie erfaßt ist schließlich die in der dänischen Schulgeschichtsschreibung gut dokumentierte Tradition der vor allem von N.F.S. Grundtvig und seinen Freunden ins Leben gerufenen Heimvolkshochschulen, die bekanntlich ihren Anfang 1844 in Rödding/ Nordschleswig nahm (Wegener 1845).

Weitgehend vernachlässigt ist die spannende Geschichte besonderer Schulen für körperlich oder anders Behinderte. Nur die zu ihrer Zeit berühmte Taubstummen-Anstalt Georg Wilhelm Pfingstens (zunächst in Kiel, später Schleswig) ist wiederholt näher studiert worden (vgl. Pfingsten 1793ff. sowie u.a. Blau 1955; Borzikowsky 1976; Engelke 1905; Pörksen 1905). Trotz erster Unterrichtspläne und Schulpflichtregelungen (in den Herzogtümern ab 1805) dürfte ein ausdifferenziertes Sonderschulwesen erst nach 1911 mit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht für Taube und Blinde in Preußen entstanden sein. Abgesehen von zufälligen Hinweisen in Ortsgeschichten und in den Chroniken zur Schleswiger Schule waren genauere Angaben zur Ausdifferenzierung der Sonderschulen jedoch nirgends zu finden. Nur unwesentlich besser ist der Informationsstand zur Erziehung in Waisenhäusern und das auch nur, weil diese Waisenhäuser mitunter als Experimentierbühnen für Schulreformen und als Ausbildungsschulen für angehende Lehrer dienten. Das gilt insbesonders für das best dokumentierte Waisenhaus in Schleswig-Holstein, das Christianspflegehaus in Eckernförde, dessen Schule von 1820 bis 1848 Musterschule für den wechselseitigen Unterricht war (vgl. 1.4.1), ähnlich auch für die Waisenhäuser in Altona, Tondern und im Kieler Damperhof (vgl. im Ortsregister insbesondere die Literatur zur Lehrerbildung).

Manch weitere Ausnahmeschule bleibt noch zu entdecken. Beispielsweise sei auf die Geschichte der konfessionell abweichenden Schulen verwiesen, die im staatskirchlich geprägten Land immer eine Randexistenz führten. Ein heute noch lebendiges Beispiel ist die Katholische Grundschule in Süden auf Nordstrand, deren Geschichte um 1800 begann und die seit 1862 ihrer kleinen Gemeinde als Volksschule diente (vgl. Kochansky/Bodenstein 1988, 34ff.). In Friedrichstadt gab es seit dem 17. Jahrhundert aufgrund des besonderen Statuts der Stadt eine Vielfalt konfessionellen Unterrichts (vgl. u.a. Hansen H. 1971; Schmidt H. 1964) und auch in den großen Handelszentren mit ihrer buntgemischten Bevölkerung entstanden immer wieder aufs neue konfessionsspezifische Unterrichtsangebote (vgl. zu Lübeck: Offen C.H. 1990). Die Geschichte der weniger formellen kirchlichen Lernorte schließlich, aus deren Anfängen im Katechismusverhör das schleswig-holsteinische Elementarschulwesen zum Teil hervorgegangen ist und an denen Kinder späterhin ergänzend zum üblichen Schulgang in ihren Glauben eingeführt wurden (von den jüdischen Talmud-Schulen über die außerschulische Konfirmations- und Firmungsvorbereitung bis zu den heutigen Koran-Schulen), ist abgesehen von den indirekt den Unterricht verhandelnden Geschichten der Konfirmation (vgl. z.B. Becker 1916; Hansen E. 1911; Ravn L.S. 1980) nirgends gründlich bearbeitet.

Es ist abschließend darauf hinzuweisen, daß alle Formen ausschließlich tertiärer oder Erwachsenenbildung (Volkshochschulen, Hochschulen, Universitäten etc.) sowie alle nicht in Schulform organisierten Bildungsgänge (Privaterziehung durch Hofmeister, Hauslehrer, Geistliche; innerbetriebliche Ausbildung, Fortbildungskurse etc.) in dieser Bibliographie nicht systematisch erfaßt werden konnten.

1.3 Arbeitsbedingungen, Vereinigungen und Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer

Lehrerinnen und Lehrer waren und sind das Rückgrat jeder Schule. Insofern handeln alle hier zusammengetragenen Texte von ihnen und ihrem Schicksal. Spezieller mit den Arbeitsbedingungen (1.3.1), den Vereinigungen (1.3.2) oder der Ausbildung (1.3.3) der Lehrkräfte befaßt sich knapp jeder dritte in der Bibliographie erfaßte Beitrag, alles in allem rund achthundert, die sich recht gleichmäßig auf diese drei Themen verteilen. Schief ist die Verteilung zwischen den Schularten: Gut fünfmal mehr Texte berichten von den Elementarschulpädagogen und ihren Erfahrungen, denn von Gymnasial- und Mittelschullehrkräften. Das spiegelt die zugrundeliegenden Mengenverhältnisse wider: Den seit dem späten 18. Jahrhundert mehr als eintausendfünfhundert Elementarschulen standen zwischen einem Dutzend und gut hundert höhere Schulen gegenüber, so daß, selbst wenn man die größeren Kollegien berücksichtigt, die Zahl der Elementar- bzw. Volksschullehrkräfte stets ein Mehrfaches der übrigen war. Zudem gab es gute Gründe für die ungleiche Beachtung des "niederen" und des "höheren" Lehramts: Die berufliche Stellung an Elementarschulen war immer umstrittener und unsicherer, die Elementarschullehrer begannen früher als alle übrigen Lehrkräfte sich zu organisieren und verfügten früher und umfangreicher über eigene Bildungsstätten. Durchweg gilt im übrigen auch hier, daß das meiste Material unsortiert in Lokal- und Fallgeschichten übermittelt ist, zusammenfassende Darstellungen, Quer- und Längsschnittanalysen fehlen.

1.3.1 Arbeitsbedingungen

Lehramt war nie gleich Lehramt. Die Arbeitsbedingungen waren an den verschiedenen Schularten immer grundverschieden. Gymnasiallehrer und neben ihnen wenige Stadtschullehrer waren Respektspersonen mit nicht immer gutem, aber auskömmlichen, durchaus kleinen Pfarrstellen vergleichbaren Bezügen, die vom jeweiligen Schulträger in Geld und nur ausnahmsweise und zu geringen Teilen in Sachleistungen wie Wohnung und Feuerung erbracht und garantiert wurden. Elementarlehrer und ihre Kolleginnen wurden demgegenüber schlecht, unregelmäßig und überwiegend in Sachleistungen und Naturalien besoldet, waren ihrer Einkünfte selten völlig sicher, und was mancher heute wieder beklagt - wenig angesehen. Manch Kuh- oder Schweinehirt auf Ostholsteiner Gutshöfen verdiente mehr als der Lehrer der nächstgelegenen Dorfschule (vgl. Offen C.-H. 1981, 123f.). Stadtlehrer unterrichteten im Dienst, daneben vielleicht noch privat, und gingen selten anderen Berufen nach. Landlehrer waren unter anderem Lehrer - und vieles, vieles mehr.

Daten zur Arbeitssituation müssen bis ca. 1800 grundsätzlich fallweise zusammengestellt werden (vgl. im Sachregister die Stichworte: Beschäftigung, Besoldung, Stundentafel etc.), da sie lokal ausgehandelt wurden bzw. durch lokale Randbedingungen (wie Kinderzahl, Stundentafel, Dienste etc.) vorgegeben waren. Danach entstanden durch Allgemeine, Orts- und Schulregulative (vgl. Dienstrecht, Schulrecht) übergreifende Normen, deren Umsetzung aber systematisch nicht geprüft ist und nicht vorausgesetzt werden kann (dagegen sprechen die Aktenbündel in den Archiven der Obergerichte, Konsistorien Regierungen usw. sowie die zahllosen Verfügungen, die sich mit Streitigkeiten zwischen Anstellungsträgern und Lehrkräften befassen). Überregionale Vergleiche und Übersichten fehlen. In preußischer Zeit entwickelte sich ein dichter geknüpftes Dienstrecht mit Stundendeputaten und formellen Aufgabenverteilungen, das den Schulrechtssammlungen entnommen werden kann.

Im einzelnen ist nur wenig bekannt über die Arbeits- und Freizeit der Lehrinnen und Lehrer. Da sie in der Regel alleinverantwortlich für ihre Schule bzw. an Stadtschulen für ihr Fach, ihre Klasse oder Abteilung waren, kann man wohl davon ausgehen, daß ihre Arbeitszeit identisch mit dem durch die jeweilige Stundentafel vorgeschriebenen Unterricht plus derjenigen Zeit war, die sie für Hilfsdienste im Rahmen der Gemeinde, für den Ortsgeistlichen etc. aufzubringen hatten. Unterrichtet wurde an allen Schulformen in der Regel an sechs Tagen der Woche, meist ganztags, üblicherweise blieben jedoch Mittwoch- und Samstagnachmitttag frei. Erst gegen Ende des Berichtszeitraums wurde der Nachmittagsunterricht allgemein unüblich, freilich weiterhin in neuer Form mit Ganztagsschulen experimentiert (vgl. z.B. Edert 1914). Lange, mancherorts bis in die Weimarer Zeit, hielt sich die Unterscheidung von Winter- und Sommerschule, in der Regel abgegrenzt durch Ostern und Michaelis (29. September), manchmal auch durch Allerheiligen (1. November) oder Martini (11. November) im Herbst sowie Mariae Verkündigung (25. März) im Frühjahr. Auf dem Land kamen während der Sommerschule viele Kinder mit oder ohne Erlaubnis (mit dem lateinischen Wort damals Dispensation genannt) nur stundenweise oder gar nicht zur Schule. Frei hatten die Lehrkräfte deswegen nicht. Für die übrigen Kinder mußte normaler Unterricht erteilt, zum andern der eigene Acker versorgt werden, der regelmäßig zur Stellenausstattung als wesentlicher Lohnteil gehörte.

Eine einheitliche Ferienregelung gab es bis Ende des 19. Jahrhunderts so wenig wie in anderen Berufen, aber schulfrei an den damals häufigen kirchlichen und sonstigen Feiertagen, die freilich für Landlehrer durch Küster- und Chorpflichten arbeitsintensiver als ein normaler Schultag sein konnten. Zunächst wurden nur die Lehrer an höheren Schulen, so sie das nicht schon früher ausgehandelt oder bewilligt bekommen hatten, ab 1814 von solchen Pflichten befreit, die übrigen konnten sich erst im Verlaufe des Jahrhunderts von diesen (wegen der manchmal damit verbundenen Nebeneinahmen nicht nur unangenehmen) Pflichten entledigen. Außer an einigen Tagen vor und nach den großen Kirchenfesten (Ostern, Pfingsten, Weihnachten), bei ortsspezifischen Anlässen (etwa dem Namenstag der Ortskirche) sowie an den geräuschvollsten Markttagen (§ 25 Allgemeine Schulordnung) gab es meist im Sommer oder Frühherbst vierzehn Tage zusammenhängend frei, auf dem Land oft variabel geregelt je nach Ernteeinsatz. Seit den Schulordnungen des 18. Jahrhunderts gab es dazu grobe Rahmenvorgaben. Erst in Weimarer Zeit verdichteten die Regelungen sich durch Ausweitung der Sommerpause und durch Entkoppelung vom örtlichen Bedarf zur heutigen Ferienaufteilung. Bis dahin ist anhand der Schul-, Orts- oder Kirchenchronik das ortsübliche Maß zu ermitteln.

Die Besoldung und Versorgung der schleswig-holsteinischen Lehrer an höheren Schulen ist bislang zusammenfassend nirgends systematisch dokumentiert. Man ist neben den Personalakten in den Archiven - auf die in Biographien, Orts- und Schulgeschichten enthaltenen Daten angewiesen (vgl. Sach- und Ortsregister). Soweit danach zu erkennen, ging es ihnen im allgemeinen nicht schlecht. Ebenso wie auch viele Lehrer an Stadtschulen und viele Lehrer mit besoldeten kirchlichen (Neben-)Aufgaben konnten sie von ihrem Einkommen ordentlich leben (vgl. Offen C.-H. 1981). Das gilt insbesondere für die Lehrer an Kirchspiel- bzw. an größeren Gemeindeschulen, die häufig zugleich oder hauptamtlich als Küster dienten. Nicht so gut sah es für einen erheblichen Teil der schleswig-holsteinischen Landschullehrer aus. Über ihre Besoldung ist einiges bekannt, denn fast alle Darstellungen zur ländlichen Lehramtsgeschichte vor 1900 berühren oder beruhen auf Unterlagen zur Einstellung von Lehrern, mit denen der Leistungs- und Entlohnungsumfang vereinbart wurde (vgl. z.B. Gribsvad 1928 über einen Kontrakt aus Fjelstrup/Nordschleswig von 1721; Hansen J. 1925 über einen weiteren Kontrakt aus Rohrkarr/Nordschleswig von 1738). Da das Geld und die Natural- und Sachleistungen vor Ort aufgebracht werden mußten, dafür aber auch die Einstellungsentscheidung außerhalb klösterlicher, adliger und ähnlicher Bezirke bei der Gemeinschaft der Zahlenden lag (bei Vorauswahl/Vetorecht des Propstes), war die Auswahl- und Einstellungsprozedur das, was alle Beteiligten am meisten beschäftigte und immer neue Überlegungen hervorbrachte, wie man vorzugehen habe (vgl. z.B. Hartz über Tönning 1797). Ein schönes Beispiel von fünfzehn konkurrierenden Bewerbern berichtet Rönnpag (1979a) aus Gothendorf von 1839, weitere sind in jedem Jahrgang der Provinzial- und Schulblätter zu finden. Schließlich ist leider fast nichts von den Einkommensverhältnissen der ersten Lehrerinnen bekannt. Soweit Ortsschulgeschichten erkennen lassen, waren es meist die Ehefrauen der Elementarschullehrer, denen Arbeits- und Aufsichtsschulaufgaben übertragen wurden - vermutlich auch deshalb, weil dadurch ein Zusatzgehalt eingespart werden konnte. Eine Sonderstellung nahmen nur die Lehrerinnen ein, die selbst als Veranstalterinnen von Unterricht (z.B. in sogenannten privaten Töchterschulen) auftreten konnten (vgl. z.B. Offen C.-H. 1990).

Alle Schulordnungen des 17. und 18. Jahrhunderts appellierten, den Lehrern einen angemessenen Lohn "für ihre saure Arbeit" zu gewähren (§ 5 der Gemeinschaftlichen Schulverordnung von 1745). Doch mußten viele Lehrer ihr Bargehalt bei Schülereltern durch Umsingen und Hilfsdienste erwirtschaften und die versprochenen Naturalleistungen meist selber eintreiben. Die Allgemeine Schulordnung von 1814 schuf zusammen mit den sie begleitenden Ortsregulativen in den Herzogtümern für die Lehrerbeschäftigung und besoldung endlich klare Verhältnisse, verbot wenigstens den Wandeltisch (die Unsitte, den Lehrer reihum zu Tisch zu bitten, statt ihn entsprechend zu bezahlen) und das vom einzelnen Schüler je nach Besuch gezahlte Schulgeld und verpflichtete den Schulträger (Patronat, Gemeinde bzw. Distrikt) stattdessen, eine ausreichende Mindestausstattung für das ganze Jahr zu gewährleisten (auch während der spärlich besuchten Sommerschule). Das klappte weder gleich noch überall (manchmal wurde sogar Militär gegen widerspenstige Distrikte eingesetzt; vgl. Paulsen H.H. 1936, 161ff.), wirtschaftliche Not und Streit um die Versorgung waren für viele Lehrer weiterhin kaum vermeidbar und durchziehen als Thema die gesamte Lehrerliteratur des 19. Jahrhunderts.

Gut ging es da meist nur den Lehrern, die "zusätzlich" ein Küster-, Organisten- oder sonstiges kirchliches Einkommen hatten, das deutlich über dem Lehrergehalt zu liegen pflegte (zu den ersten Lehrern überhaupt zählten Küster und Kantoren, die Trennung beider Arbeitsbereiche wurde erst in preußischer Zeit abgeschlossen). Wegen der prekären Doppelrolle als Kirchendiener und Schulmann war das freilich selbst unter Lehrern keine unumstrittene Würde (vgl. schon Jensen T. 1826), zumal sie je nach Anstellungsverhältnis jederzeit auch zu unentgeltlichen Hilfsleistungen, Botendiensten etc. eingespannt werden konnten sowie zusammen mit ihrer Schülerschar bei Begräbnissen und Festen mitzuwirken hatten (was musikalische Fähigkeiten leicht zum wichtigsten Einstellungskriterium werden ließ). Besonders schwierig war die Situation natürlich für die oben erwähnten Wander- bzw. Winterlehrer ohne feste Anstellung, die sich nach der "Unterrichtsaison" im Sommer auf alle mögliche Weise verdingen mußten. Mitarbeit bei der Ernte, Schreibdienste, Musikant - zu allen Arbeiten, die im oder neben dem Lehrberuf ausgeübt werden konnten, waren Lehrer bereit, wenn sie dadurch ihre Existenzgrundlage sichern oder aufbessern konnten, wobei jedoch spätestens ab dem 18. Jahrhundert keineswegs gern gesehen war, wenn Lehrer über die berufsbedingten Dienstleistungen hinaus als Krugwirt, Schneider oder Schuster auch noch dem örtlichen Kleingewerbe Konkurrenz machten (ganz zu schweigen von anderen Begleiterscheinungen solchen Nebenerwerbs; vgl. Grönhoff 1934, 1957).

Daten, Statistiken und Beispiele zur oft unglücklichen wirtschaftlichen und sozialen Lage der Elementarlehrer und ihrer Familien in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind bei Offen C.-H. (1975, 1981) gesammelt. Aufstieg und Einkommensverbesserung waren bis zur Einführung der preußischen Alterszulagen meist nur durch Stellen- und Ortswechsel möglich. Mit der damit zusammenhängenden regionalen Lehrermobilität befaßt sich Kopitzsch W. (1979c). Fast alle Schulregister aus dänischer wie preußischer Zeit waren primär Einkommensregister, die Jahreslohn, Naturallieferungen sowie Schulland und Schulwohnung katalogisierten (vgl. dazu 4.6), und anhand derer bei Vakanz geprüft werden konnte, ob eine Bewerbung lohnen würde. Sehr zufriedenstellend kann das Einkommen auch dann meist nicht gewesen sein, folgt man der Streitschrift K. Schmidts: Der moderne Tantalus oder die holsteinischen Hungerschulstellen von 1863. Noch nach der Jahrhundertwende zeugte trotz der Mindestlohnregeln in den preußischen Besoldungsgesetzen der neunziger Jahre eine Übersicht des Allgemeinen Schleswig-Holsteinischen Lehrervereins über die Einkünfte der Lehrer und Lehrerinnen in Schleswig-Holstein (Die Gehaltsverhältnisse der Lehrer und Lehrerinnen in Schleswig-Holstein 1911) von kargem Lohn und Brot. Zu den Arbeits- und Einkommensverhältnissen seit der Weimarer Zeit liegen leider ebensowenig geeignete Übersichten vor wie zu den Arbeitsbedingungen an den Minderheitenschulen, die wegen der mit ihnen verbundenen kulturellen und sozialen Aufgaben sicherlich der Multifunktionalität des Berufs bis zum 19. Jahrhundert am nächsten kommen.

Zwei Probleme plagten die Elementarlehrer bis zur allgemeinen preußischen Versorgungsregelung im besonderen Maße: die Alters- und die Witwenvorsorge. Es gab keine zwingende Pensionierungsgrenze, d.h. man arbeitete solange, wie es irgend möglich war, denn nur solange war das vereinbarte Gehalt in voller Höhe sicher. Sollten Alter und Krankheit den Unterricht erschweren oder ausschließen und es zu keiner Einigung mit dem Schulträger oder der Schulgemeinde über eine ausreichende Pension kommen, suchte man einen nach Möglichkeit billigen Hilfslehrer zu verpflichten, der freilich - so nicht der Schulträger ein Einsehen hatte - aus eigener Tasche zu bezahlen war; oder man versuchte sich mit einem Nachfolger über eine Art Abfindung für die Stellenüberlassung zu verständigen (vgl. dazu neben der o.g. Literatur: Die Abfindung des Lehrers mit seinem Vorweger 1853). Beides war auch deshalb nicht unproblematisch, weil die Wohnung Teil des Einkommens und der Stelle war und kaum für eine, geschweige denn für zwei Familien ausreichte. Die Lehrer selbst ergriffen die Initiative für Zulagekassen (vgl. Langfeldt/Nissen 1843ff.), ohne damit aber an der mißlichen Lage viel ändern zu können. Ab 1885 wurde es dann möglich, mit einer in Prozenten des letzten Gehalts berechneten Pension mit 65 Jahren in Rente zu gehen. Von Eigenbeiträgen der Lehrerfamilien getragen waren die Witwen-Pensionskassen, die nach Schleswiger Initiativen aus dem späten 18. Jahrhundert (vgl. Schleswig-Holsteinischer historischer Kirchen- und Schulalmanach 1801, 211f.) auf Propsteiebene entstanden und spätestens mit der Allgemeinen Schulordnung 1814 für alle Lehrer verpflichtend wurden (vgl. Offen C.-H. 1975, 1981; Thomsen F. 1969); sie haben ausweislich der Bibliographie (Stichwort: Witwenkasse) die Lehrer wie kein anderes wirtschaftliches Thema beschäftigt.

1.3.2 Vereinigungen

Die Witwenkassen-Vereine waren eine entscheidenden Wurzel der beruflichen und gewerkschaftlichen Selbstorganisation der Lehrer; hier waren sie ortsübergreifend aufeinander angewiesen. Die zweite Wurzel bildeten die ebenso zunächst lokal gegründeten, später wie in Dänemark und Preußen halbverstaatlichten Lehrerkonferenzen, in denen sich je nach Organisationsgrad auf Kirchspiel- oder Propsteiebene alle Elementarlehrer unter Anleitung des Ortsgeistlichen, des Propstes oder eines besonders erfahrenen Kollegen zur gemeinsamen Lektüre und zum Erfahrungsaustausch trafen.

Eine erste publizierte Nachricht von einer Schullehrer-Lesegesellschaft und Konferenz in der Wilsterschen Gemeinde findet sich bei Dose 1802. Die Tradition führt jedoch mit Sicherheit mindestens bis ins 18. Jahrhundert zurück. Die in Landes- und Lokalarchiven (z.B. in Eckernförde) befindlichen Konferenzakten sowie die aus den Konferenzen hervorgegangenen Artikel in den Provinzial- und Schulblättern dokumentieren eine enorme Belesenheit und Vielseitigkeit der damaligen Lehrerschaft (vgl. z.B. Bertels über die besonders aktiven Fehmarner Konferenzen 1839; Hansen A. über die Alsener Konferenz 1841; C. Kählers Extrakt aus dem Flemhuder Konferenzprotokoll 1840 und sein Bericht zu den Heiligenhafener Konferenzen 1839 und Kasper/Bergen 1848 über die Tondernsche Konferenz; Schlichting 1847 sowie Eine Stimme aus der Schule aus Hattstedt 1844; Beispiele für Konferenztexte sind Gudenrath 1839 und der namentlich nicht gekennzeichnete Beitrag: Ueber die Leistungen der Elementarschule in: Schleswig-Holsteinisches Schulblatt von 1843). Die Materialien und Protokolle der Konferenzen sind wie die gesamte nachfolgende Lehrervereinsgeschichte noch nicht systematisch ausgewertet.

Rasch vollzog sich der Wandel von einer Weiterbildungs- zur Berufsorganisation. Ein prominenter Lehrerschriftsteller des Vormärz, Staack, widmete den Lehrerkonferenzen noch eher beschauliche Briefe über den segensreichen Einfluss der Schullehrer-Conferenzen auf das Schul- und kirchliche Leben und auf das staatsbürgerliche Wohl (1832). Den nächsten Autoren ging es dann schon explizit nach dänischem Vorbild um die quasi-gewerkschaftliche Selbstorganisation, in der Weiterbildung nur ein Element neben anderen war (so Lütgens' Geschichte der Konferenzen von 1842 sowie ders. über den dänischen Schullehrerverein ebenfalls 1842). Die erste Generalkonferenz der Holsteinischen Schullehrer fand 1842 statt. Im Schleswiger Archiv finden sich dazu aus diesen Jahren Protokolle, Gutachten und Streitschriften, die sich alle um die Frage mühten, ob und wie eine Lehrerorganisation auf Landesebene zu rechtfertigen, zu veranstalten oder zu verhindern sei. Der berühmte Kieler Bildungsphilosoph Thaulow konnte sich dann 1848 in seinem Aufruf bereits an den gesammten Lehrerstand in Schleswig-Holstein wenden und kurze Zeit später von den Verhandlungen der ersten allgemeinen Schleswig-Holsteinischen Lehrerversammlung zu Kiel am 2. und 3. Oct. 1848 berichten. Sie bildete den Auftakt zu einer Flut von Reformkonzepten, Streitschriften und Flugblättern. Ähnliche, der Schulaufsicht obskure Bestrebungen waren auch im Fürstentum Lübeck zugange (vgl. Duncker 1848).

Viele in den Konferenzen führende Lehrer engagierten sich offen im Nationalitätenstreit, auch in den militärischen Kämpfen und politischen Unruhen 1848 bis 1851, was unter anderem zur Gegengründung eines loyalen Lehrervereins führte (vgl. Bekker 1852). Seit 1845 existierte bereits ein Erlaß, der die Entlassung unbotmäßiger Lehrer regelte (vgl. Asmussen et al. 1845; Groß 1861), und von diesem wurde nach Wiederherstellung dänischer Oberhoheit ab 1851 kräftig Gebrauch gemacht (vgl. Hjelholt 1923, 1978; Ravn L.S. 1971b), so wie dann analog nach 1864 Lehrer, die sich nicht eidlich zu Preußen bekannten, ihre Stellung verloren (vgl. Bonde 1946; Olsen 1956; Petersen A. 1952; Ravn L.S. 1966, 1976, 1978). Viele Lehrer wurden in die Emigration, in Not und Elend getrieben (vgl. z.B. Nissen N. 1859). Eine Geschichte dieser Verstrickung steht noch aus.

Es gehört zu den bemerkenswerten Eigenheiten der Schleswiger Schulgeschichte, daß bereits in diesen Jahren jenseits von Standesdünkel eine Vereinigung der Lehrer aller Schularten versucht wurde (vgl. Henrichsen 1850). Sie ist gescheitert. Die Elementarlehrer blieben trotz erheblicher Widerstände erst der dänischen, dann der preußischen Regierung organisiert, aber unter sich (vgl. aufeinanderfolgend Stolley 1878a; Doormann 1907; die von Godbersen 1925 bearbeitete Geschichte des Allgemeinen Schleswig-Holsteinischen Lehrervereins von 1900 bis 1925 sowie der Weiterbildung zugewandt: Kopitzsch W. 1977a). Nur zu wenigen Kreis- oder Regionalverbänden liegen Geschichten vor (vgl. zu Fehmarn: Laage 1965; Föhr: Zacchi 1983; Kiel: Richers 1914; Lütjenburg: die Festschrift 1826/1926). Die Geschichte der ersten hundert Jahre des Lübecker Lehrervereins ist bei Bangert W. (1909) aufgezeichnet, die Entstehung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft aus den alten Lehrervereinen bei Godbersen (1968). Weiteres Material wird in Vereins- und Gewerkschaftsdokumentationen und in Ortsschulgeschichten zu finden sein.

Die Lehrer höherer Schulen blieben abgesehen von den kurzen Jahren kämpferischer Gemeinsamkeit um 1848 eine Kaste für sich. Über eine erste allgemeine Versammlung der Direktoren und Lehrer deutscher Real- und höherer Bürgerschulen berichtet Dielitz 1846. Schon vorher hatte es in den zwanziger Jahren in Westfalen Direktorenkonferenzen für Gymnasien gegeben, die mit preußischer Übernahme auch in der Provinz eingeführt wurden (und im Archiv des Provinzialschulkollegiums im Landesarchiv Schleswig dokumentiert sind). Vorläufer des heutigen Philologenverbandes entstanden dann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (vgl. Knüppel 1909). Wann genau und wo die verschiedenen gesamtstaatlichen Lehrervereine für Realschulmänner, Philologen etc. sowie die Fachlehrervereinigungen, die ebenfalls im späten 19. Jahrhundert ihren Anfang nahmen, in Schleswig-Holstein Filialen bildeten, ist in der Regel den hier nicht bibliographierten Vereinshistorien auf nationaler Ebene zu entnehmen. Zu vermuten ist, daß sie durchweg nicht vor ca. 1880 Einzug hielten. Eine Organisationsgeschichte der Lehrkräfte an Minderheitenschulen, die - soweit bekannt - ggf. Untergliederungen der entsprechenden Lehrervereinigungen des Nachbarlandes bildeten, liegt nicht vor.

Neben den hier besprochenen allgemeinen Lehrervereinigungen gab es berufsständische Organisationen wie den sogenannten Lehrer-Brandverein (vgl. Thomsen C. 1871) und besonders den Lehrern gewidmete Stiftungen (wie die Saßsche Stiftung für emeritierte Volksschullehrer; vgl. Harder F. 1858; Saß 1859, 1860), zu deren Wirken bislang nur zufällige und unvollständige Informationen bekannt sind.

1.3.3 Ausbildung

Zur Ausbildung der Lehrkräfte für Elementarschulen gibt es erfreulicherweise übergreifende und zusammenfassende Darstellungen: Zwei Arbeiten befassen sich mit der Lehrerbildung vor 1814 (Asendorf 1940; Kopitzsch F. 1983), eine mit den Veränderungen in preußischer Zeit (Kopitzsch W. 1983; ergänzend empfiehlt sich die Geschichte preußischer Seminare von Sauer 1987). Zeitübergreifende Geschichten der Vorbereitung auf das Lehramt wurden von Grönhoff (1963b) und Knoop (1984) für Schleswig-Holstein sowie Fuchs K. (1985) für Lübeck vorgelegt. Sie können als Einführung in die einschlägige Literatur genutzt werden.

Die Herzogtümer waren Vorreiter der Lehrerbildung in Dänemark. Das erste Seminar im Norden entstand 1781 in Kiel. Der Bericht von der Entstehung, Einrichtung und bisherigen Wirksamkeit des königlichen Schulmeisterseminarii in Kiel, nebst einigen Bemerkungen über die vorzüglichsten Hindernisse und Beförderungsmittel dieser Anstalt (Müller H. 1788) legt heute noch Zeugnis vom hohen Anspruchsniveau der Anstalt ab. Sie wurde Vorbild für viele nachfolgende Einrichtungen und durch ihr Wirken entfaltete sich eine eigenständige Volksschulpädagogik in den Herzogtümern. Das Seminar geriet jedoch in heftige Auseinandersetzungen (vielen Kritikern schien das Selbstbewußtsein der Kieler Seminaristen unpassend für einfache Landschullehrer) und es wurde deshalb 1805 reorganisiert. Damit begann ein langsamer Niedergang des Seminars, bis es schließlich 1823 offiziell geschlossen wurde. Ein an seiner Stelle wirkendes privates Seminar mußte 1836 seine Pforten schließen. Danach gab es bis zur Neugründung 1911 kein Elementarschulseminar in Kiel (vgl. Clausnitzer 1914). Dem Kieler Seminar folgte 1788 gestützt auf ein noch zwei Dutzend Jahre älteres Lehrangebot ein Seminar für das Herzogtum Schleswig in Tondern, das trotz wiederholter Krisen (die 1829, nach 1850, 1868 und nach 1884 jeweils zu einer Reorganisation führten) als einziges Seminar im Lande durchgehend bis zur Niederlegung 1991 Bestand hatte (zur Geschichte Tonderns vgl. aufeinander aufbauend: Eckert 1888; Siemonsen H. 1925; Albeck/Eskildsen 1938; Ravn L.S. 1967; Gondesen 1985; Karup/Rod/Tybjerg 1988; Vaagt 1988, 1989a, 1989b). 1807 entstand außerhalb der Herzogtümer mit dem privat betriebenen Lübecker Seminar die drittälteste Lehrerbildungsanstalt in den Grenzen des heutigen Schleswig-Holstein (vgl. Fuchs K. 1985; Luger 1857; Möbusz 1907; Offen C.-H. 1990; Sartori 1889).

Seit 1783 (und trotz mancher Schwierigkeiten in der Allgemeinen Schulordnung von 1814 bestätigt) galt in den Herzogtümern bei Stellenbesetzungen das Vorrecht der Seminaristen vor den Lehrern ohne formelle Ausbildung, den sogenannten Autodidakten. Die meisten Lehrer im Amt waren und blieben jedoch noch lange Autodidakten. Selbst wenn man berücksichtigt, das zusätzlich einige Seminaristen an dänischen Einrichtungen (insbesondere Skaarup auf Fünen; vgl. Grönhoff 1962) ausgebildet worden sind, blieb eine chronische Versorgungslücke. So schwankte noch in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts der Versorgungsgrad mit seminaristisch vorgebildeten Lehrern zwischen siebzig Prozent im Herzogtum Schleswig, weniger als fünfzig Prozent im Herzogtum Holstein und unter zwanzig Prozent in einigen ost- und mittelholsteinischen Propsteien (vgl. Holz 1979), was immerhin deutlich vor den entsprechenden Werten für Dänemark und Norwegen bzw. Preußen und die meisten übrigen deutsche Länder gelegen haben dürfte (vgl. Schmale 1991; Tveit 1991).

Ab 1820 verfolgte die Regierung mit Gründung der Normalschule für den wechselseitigen Unterricht in Eckernförde und mit weiteren Probeschulen für diese Schuleinrichtung in allen Propsteien (darunter eine in Wonsild für den dänischsprachigen Teil) eine neue Lehrerbildungspolitik: Kurze Kurse an der Normalschule sollten die langwierige Seminarausbildung ergänzen oder möglicherweise ganz ersetzen (vgl. Hopmann 1989, 1990). Der Glaube, durch Normalschulen die Seminarausbildung erübrigen zu können, hielt nicht lange. So wurde 1839 als Ersatz für Kiel nach längerem Streit über den Seminarstandort (vgl. Asmussen 1838, 1839; Decker 1839; Lucht 1839) in Segeberg ein zweites Seminar für die Herzogtümer eröffnet (zur Geschichte dieses Seminars vgl. Lange 1881; Scharnweber 1956). Dem folgte 1858 den deutschen Teil des Tonderner Seminars übernehmend und als Nachfolger der Normalschule - ein Seminar in Eckernförde (vgl. Detlefsen M. 1979; Gramm 1908; Martens 1908; Scheibner 1888).

Alle weiteren Seminargründungen fallen in preußische Zeit: Ratzeburg 1873 (vgl. Bruhn A. 1988b; vorher gab es eine Normalschule im Herzogtum; vgl. Mirow 1898), Uetersen 1875 (vgl. Behrens 1987; Schröter 1987; Westphal/Stüben 1967), Hadersleben 1884 (durch Verlegung der dänischen Abteilung von Tondern; vgl. Buch 1984; Kardel H. 1962), Rendsburg 1907 (Kraft 1980) und wie erwähnt Kiel 1911. Dazu kamen die 1876 eingerichtete Lübecker Lehrerinnenbildungsanstalt (vgl. Fuchs K. 1985), das 1878 gegründete Seminar für Lehrerinnen in Augustenburg (vgl. Jessen I. 1965; Kannegießer 1903; Kardel H. 1966b; Petersen K. 1920) sowie kurzlebige Kursstätten wie das Städtische Lehrerinnen-Seminar in Schleswig (vgl. Walsemann 1907).

Vorgeschaltet vor den Besuch des Seminars war meistens eine Zeit als Hilfs- oder Unterlehrer an einer Elementarschule (eindrucksvolle biographische Beschreibungen dazu bei Calm 1928, 1987; Sievert 1959) sowie in preußischer Zeit der Besuch einer sogenannten Präparandenanstalt, die sowohl den allgemeinen Bildungsstand heben (Präparanden hatten selbst meist nur eine Elementarschule besucht), als auch auf die Lehrerausbildung vorbereiten sollte. Die Geschichte einzelner Anstalten ist verschiedentlich dargestellt worden (vgl. z.B. zu Apenrade: Kardel H. 1963, 1964; Barmstedt: Kardel H. 1974; Risum: Johannsen F. 1989); zusammenfassende Darstellungen zu den Anstalten in Schleswig (Kardel H. 1966c) und zur Präparandenbildung in preußischer Zeit (Bruhn A. 1992) liegen vor. Berichte über Erlebnisse auf dem Weg zum Lehramt versammelt Rickers (1984).

Die Teilung Schleswigs 1920 führte bei Weiterbestand der Seminare zu trennungsbedingten Ergänzungen (u.a. einem Tondern-Ersatz in Niebüll), bis alle deutschen Seminare aufgelöst und im Zuge der Akademisierung der Lehrerbildung durch Pädagogische Akademien in Kiel (1926) und Altona (1930) ersetzt wurden (vgl. Grönne 1985). Die Kieler Akademie hatte während ihrer kurzen Lebensspanne viele unter Pädagogen prominente Dozenten, so Erich Weniger, Wilhelm Flitner und Friedrich Copei. Bereits 1932 wurde die Akademie in Altona wieder geschlossen, im folgenden Jahr die Kieler Akademie nach allgemeinem Muster in eine Hochschule für Lehrerbildung umgewandelt, die sich bis zu ihrer Auflösung bei Kriegsbeginn 1939 ganz in den Dienst faschistischer Lehrerbildung stellte (vgl. Peters U./ Weinrowsky/Witt 1937). Als Ersatz wurde ab 1941 mit der Einrichtung der wieder mehr Seminaren ähnlichen Lehrerbildungsanstalten begonnen, von denen in Schleswig-Holstein drei für Lehrer (in Burg/ Dithmarschen, Lunden und Ratzeburg) und zwei für Lehrerinnen (in Ahrensbök und Waldenau) entstanden.

Ein Kapitel für sich ist die akademische Ausbildung für Lehrer an höheren Schulen. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts, in Einzelfällen auch darüber hinaus, war eine Zeit als Privatlehrer oder Lehrer an einer höheren Schule normaler Bestandteil der Lebensläufe künftiger Pastoren, das theologische Examen üblicher Zugang zum Lehramt. Für diesen Bedarf hat es bereits im 18. Jahrhundert vereinzelt pädagogische Vorlesungen gegeben (vgl. Herrlitz 1966). 1810 wurde dann in Schleswig-Holstein vergleichbar dem zeitgleich eingeführten preußischen Examen pro facultate docendi als Lehrerexamen das philologische Examen geschaffen. Es war ab 1814 regelmäßig Anstellungsvoraussetzung für die ersten Lehrerstellen an Gelehrtenschulen. Ab 1820 beinhaltete es Pädagogik als möglichen Prüfungsgegenstand. Eine entsprechende pädagogische Ausbildung entstand erst in den vierziger Jahren, vor allem auf Initiative Gustav Ferdinand Thaulows, der das erste Seminar an der Kieler Universität einrichtete und eine einflußreiche Gymnasialpädagogik auf Hegelscher Grundlage verfaßte (vgl. Thaulow 1843, 1845, 1846, 1858). Trotz Dilthey (in Kiel 1868 - 1871) und anderer Hochschullehrer, die sich mit Pädagogik wenigstens am Rande befaßten, entwickelte sich aus diesem Frühstart im Berichtszeitraum kein eigenständiger Fachbereich für Pädagogik. Mehr als Pädagogik einschließende Philosophielehrstühle sowie in Weimarer Zeit Privatdozenturen und Lehraufträge in Verbindung mit der Akademie kamen nicht zustande (vgl. Herrlitz 1966).

Ein Kapitel für sich war schließlich auch die Ausbildung der Lehrkräfte für die Minderheiten. Schon die Fundationsakte für Tondern hatte ganz selbstverständlich vorgesehen, daß künftige Lehrer, die im dänischsprachigen Teil angestellt werden wollten, die dänische Sprache beherrschen sollten. Eine spezielle Abteilung für dänischsprachige Lehrer gab es jedoch nur in den letzten Jahren dänischer und den ersten Jahren preußischer Herrschaft (vgl. Ravn L.S. 1967b). Versuche, ein eigenes Seminar für diesen Kreis zu installieren, scheiterten in den Turbulenzen um 1848 (vgl. ergänzend Knoop 1984: Petersen H. 1948). Praktisch war die dänische Minderheit bis heute immer auf Seminare und Universitäten in Dänemark angewiesen. Sie setzt damit die lange Tradition der Lehrer von dänischen Seminaren fort (vgl. Grönhoff 1962; Mogensen A. 1928; Ravn L.S. 1966). Im zurückgekehrten Nordschleswig hat es zu keiner Zeit ein spezialisiertes Seminar für die Schulen der deutschen Minderheit gegeben. Ihre Lehrkräfte kamen und kommen sowohl von dänischen wie auch von deutschen Lehrerbildungsstätten; ihrem Bildungsweg ist jedoch noch keine spezielle historische Untersuchung gewidmet.

1.4 Schulordnung, Lehrplan und Schulleben

Mit dem Lehrplan und verschiedenen Aspekten des inneren und äußeren Schullebens beschäftigt sich neben den zahllosen Hinweisen in Ortsschulgeschichten immerhin jeder vierte der bibliographierten Texte. Die Struktur ist denen anderer Bereiche vergleichbar: Wenigen Bruchstücken guter Dokumentation stehen große Lücken in der Überlieferung gegenüber. Gut ein Viertel aller Texte bezieht sich auf eine einzige Episode, den Aufstieg und Fall des wechselseitigen Unterrichts. Ähnlich bedeutende Einschnitte wie die Schulordnungen des 18. Jahrhunderts oder die Lehrpläne des Kaiserreichs sind kaum gewürdigt. Dazu kommt ein offenkundiger Schwund an Interesse. Nur knapp zehn Prozent aller Veröffentlichungen zu Lehrplan und Schulleben sind in den letzten zwanzig Jahren entstanden. Gut zwei Drittel aller Beiträge sind älter als hundert, mehr als die Hälfte älter als einhunderfünfzig Jahre. Empirisch oder sozialhistorisch unterfütterte Längs- oder Querschnittanalysen sind kaum vorhanden. Auch damit weicht die Bearbeitung der schleswig-holsteinischen Schulgeschichte deutlich vom allgemeinen Trend schulhistorischer Forschung ab.

Da Lehrplanentscheidungen und grundlegende Aspekte des inneren und äußeren Schullebens seit den Kirchen- und Schulordnungen der Reformation zentralstaatlichen Eingriffen ausgesetzt waren, müssen grundsätzlich einführend zu diesen Gebieten Darstellungen zur dänischen bzw. preußischen Schul-, Rechts- und Verwaltungsgeschichte zu Rate gezogen werden (vgl. unten 2.7). Für Lokalgeschichten übersteigende Vorhaben ist ihre Kenntnis unentbehrlich. Im Vergleich wird erst der Hintergrund sichtbar, der den Zusammenhang landesgeschichtlicher Entwicklungen bestimmt. Um so bedauerlicher, daß genau solche vergleichenden Studien bislang fehlen.

1.4.1 Schulordnungen und Lehrpläne

Lehrplanarbeit begann für Schleswig-Holstein mit den Kirchen- und Schulordnungen für Lübeck (1531) und für die Herzogtümer (1542). Im selben Jahrhundert folgten - um nur die wichtigsten zu nennen - die mecklenburgische Kirchen- und Schulordnung von 1551 (gültig ab 1561 in der Herrschaft Holstein-Pinneberg), eine gesonderte Schulordnung für das Lübecker Katharineum (1571), die sachsen-lauenburgische Kirchen- und Schulordnung (1585) sowie der reformierte Lehrplan der Husumer Lateinschule (1588). Vorher schon gab es für einzelne Kloster-, Dom- und Lateinschulen Lektürekataloge und ähnliche Vorformen des Lehrplans sowie für einzelne Schulen in den großen Städten Überlegungen des Stadtregiments zu Lehrumfang und -zweck (hier insbesondere Lübeck; vgl. Grauthoff 1836; Ruge 1908; Wriedt 1983). Diese Ordnungen hatten aber noch nicht den Charakter separater Rechtsnormen auf Basis landesrechtlicher Hoheit (vgl. zusammenfassend Dolch 1959; Hopmann 1988; Kurtz 1982). Abgesehen von J.C. Jessens Schulgeschichte der Herzogtümer (1860) sind diese Ordnungen bislang zusammenhängend nur im reformations- bzw. schulrechtshistorischen Kontext (vgl. Funk 1911; Göbell 1986; Heppe 1860; Hettwer 1965; Lau G.J.T. 1867; Rendtorff 1902) behandelt worden, wirkungsgeschichtlich nur aus Sicht einzelner von ihnen erfaßter Schulen (u.a. Husum, Lübeck, Ratzeburg und Schleswig; vgl. zusammenfassend für höhere Schulen Paulsen F. 1921; Weimar 1987; für "deutsche" bzw. Elementarschulen neben Jessen J.C. die jeweilige Literatur im Ortsregister, da es bislang keine zusammenfassende Darstellung gibt). Die in der Reformation geschaffene schleswig-holsteinische Landesordnung des Schulwesens gilt im übrigen als vorbildlich und stilbildend für gesamtstaatliche Schulregulierung (vgl. Hettwer 1965; Kurtz 1982).

Die mit der Reformation eingeführte Schulaufsicht war im Kirchenregiment, der Stellung des Landesherrn als oberstem Kirchenherrn, begründet, deshalb freilich nicht schrankenlos. Um die Reichweite einer gesamtstaatlichen Kirchen- und Schulordnung in der damaligen Rechtsgeschichte zu verstehen, muß man zunächst berücksichtigen, daß die Herzogtümer (wie die anderen damals entstehenden Territorialstaaten) alles andere als ein einheitlicher Rechtsraum waren. Die jeweils höheren Rechtsordnungen galten dabei (gerade gegenläufig zur heutigen Praxis) aufsteigend subsidiär, d.h. sie griffen nur dann, wenn anderslautendes Lokalrecht nicht nachzuweisen war. Die Kirchenordnung von 1542 bestätigte in diesem Sinne ausdrücklich den Vorrang gegebener Patronatsrechte. Die (übrigens auch im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794 beibehaltene) nachrangige Geltung des Landesrechts führte bis zum Ende dänischer Zeit dazu, daß übergreifendes Schulrecht um Wirkung zu erreichen - immer erst noch in Reglements für einzelne Rechtszonen (Landschaften, Ämter, Kirchspiele bzw. Harden, Güterdistrikte, Köge etc.) überführt werden mußte, die das Verhältnis zum jeweiligen Ortsrecht festlegten. Die meisten in den Rechtssammlungen überlieferten Maßnahmen waren denn auch keine allgemein verbindlichen Grundsatzentscheidungen (wie sie typisch für klassisch naturrechtliche wie moderne rechtsstaatliche Ordnungen sind), sondern spezialisierte Interventionen in regelungsbedürftige Einzelfälle. Eine durchgängige Subsumtion unter einheitliches Recht wurde erst durch das preußische Schulrecht bewirkt, der Vorrang lokaler Rechtsnormen endgültig in Weimarer Zeit aufgehoben.

Die Rechtszersplitterung hatte dabei der Sache nach unterschiedliche Wirkung. Sie prägte bis zur letzten Jahrhundertwende Auseinandersetzungen um Schulbau, Beschäftigung und Besoldung, also die Bereiche, in denen bereits in den Anfängen des öffentlichen Schulwesens umstrittene Leistungspflichten Entscheidungsbedarf ausgelöst und so zu lokalen Rechtsgeschichten geführt hatten (vgl. auch oben 1.2.1, 1.3.1). Für das innere Schulleben und den Lehrplan bis zu den jeweiligen Landesregelungen weitgehend rechtsfreiem, allein durch Brauch oder innerkirchliche Abstimmung präjudizierten Raum ergaben sich weniger Schwierigkeiten. Hier konnten recht freizügig Setzungen gewählt, normiert und den lokalen Verhältnissen übergestülpt werden. Allerdings scheute die dänische anders als die nachfolgende preußische Oberherrschaft immer davor zurück, das einzelne des Schullebens in einer Weise verbindlich zu regulieren, die als Übergriff in lokale Rechte und Gepflogenheiten hätte empfunden werden müssen (wie es beispielsweise bei einer zwangsweisen Einführung des wechselseitigen Unterrichts möglich gewesen wäre; vgl. Hopmann 1990).

Explizite Regelungen zum Lehrplan der Elementarschule enthielten die ersten Kirchen- und Schulordnungen nicht. Ergänzend soll es für die Herzogtümer bereits 1544 eine nicht weiter publizierte Volksschulordnung gegeben haben (vgl. den Abdruck bei Rendtorff 1902). Ließe sich das bestätigen (rechts- und wirkungsgeschichtliche Überprüfungen stehen aus), wäre dies eine der ersten eigenständigen landesrechtlichen Volksschulordnungen überhaupt. Der überlieferte Text liegt freilich auf einer Linie mit den übrigen Reformationsordnungen, insofern er den Unterricht primär als religiöse Unterweisung definiert und damit - wie die Schulreformation insgesamt - an die Stelle des in den sogenannten Deutschen Schulen und anderen Elementarschulen gepflegten privaten Nutzens (hier: Rechnen und Schreiben) den öffentlichen Auftrag (Einübung in ein spezifisches Glaubens- und Weltverständnis) als Hauptzweck setzt. Hier begann eine Konkurrenz zwischen privatem und öffentlichem Schulinteresse, die bis zur Gegenwart hin die Schulentwicklung im Norden einschneidend geprägt hat. Spätere Versuche, eine Landesordnung zu schaffen, blieben im Entwurfsstadium stecken (wie der des Superintendenten Klotz 1651). Aufbauend auf Vorleistungen wie die Kirchen- und Schulkonstitution Christians IV. von 1646 gelang jedoch die für die Schulgeschichte so ungeheuer wirkungsmächtige Verknüpfung von Elementarschule und Konfirmation (vgl. Hansen E. 1911; Rendtorff 1902).

Leider ist für das 16. und 17. Jahrhundert die Rechtsgeschichte nur für wenige Orte und einige Schulen durch eine aktenkundige Schulgeschichte ergänzt (so für Dithmarschen durch Erichsen 1932ff.; für Flensburg: Bonde 1953; für Nordschleswig: Japsen 1968; für Plön/ Eutin: Prange 1990, 1991; für Sonderburg: Bonde 1945), so daß über die Schulpraxis dieser Zeit verallgemeinernde Aussagen kaum möglich sind. Damit ist schwer zu erkennen, wie weit sich die von einem Holsteiner, Wolfgang Ratke, zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts entwickelten Lehrplanideen haben durchsetzen können. Immerhin zeigt die von ihm verfochtene Aufwertung der Muttersprache und der Realien eine Richtung an, die für das Schulwesen der Herzogtümer wiederholt bedeutsam wurde und über die Landesgrenzen hinaus Lehrplangeschichte gemacht hat (vgl. Dolch 1959). Ebenso schwierig ist zu beurteilen, wie dicht die begriffs- und stilbildende erste neuzeitliche Lehrplantheorie, die der Holsteiner Daniel Georg Morhoff 1688 unter dem Titel De curriculo scholastico vorlegte, an die damalige Schulwirklichkeit herankam.

Für das 18. Jahrhundert ist zwischen den Schularten zu unterscheiden. Im Elementarschulbereich engagierten sich Kirche und Staat kräftig. So kam es 1711 zum beispielhaften Synodalbeschluß,

"dass alle Kinder, auch im Sommer, wenigstens Einen Tag, die Schule besuchen, und sämmtliche Klippschulen abgeschafft, oder doch Kinder über 8 Jahre darin geduldet werden, und dass Prediger fleissige Schulbesuche anstellen sollen" (nach Buchardi 1837, 75).

In rascher Folge wurden 1726, 1732, 1734, 1744, 1745, 1747 ff. Schulordnungen verfügt, die u.a. pröpstliche Lehrerexamination und den Schulzwang in Verbindung mit der Konfirmation als Schulabschluß einführten (Abdrucke in Rendtorff 1902). Als Schulinhalt waren neben dem seit der Reformation zentralen Katechismus und dem übrigen Religionsunterricht immerhin auch Rechnen und Schreiben - wenn auch nicht für alle - vorgesehen. Mehr als vage Inhaltsvorgaben sind den Ordnungen aber nicht zu entnehmen. Ihr übriger Inhalt ist so bunt und vielfältig wie ihr Geltungsbereich, der sich mal auf einzelne Herrschaften, mal auf herzoglich-holsteinisches und Plöner Gebiet, nie jedoch auf ganz Schleswig oder beide Herzogtümer gemeinsam erstreckt. Angesprochen werden u.a. Schulaufsicht, Besoldung und Beschäftigung, Schulbau und Schulland, Ferien und Feiertage. Mit ihrer fallweise bestimmten Auswahl und Abfolge tragen die Ordnungen noch deutlich den Charakter vormoderner Souveränappelle. Ihre durch die regionale Zersplitterung vermutlich begrenzte Wirkung auf die Schulpraxis ist nicht näher erforscht, auch nicht für Lauenburg, das ab 1757 einer einheitlichen Landschulordnung unterlag. Ebensowenig ist der landesgeschichtliche Ausschnitt des schulpädagogischen Diskurses (von Callisen J.F.C. 1737 über Ehlers M. 1766 und Jochims 1775 bis zu Forchhammer J.L. 1800), der sich im 18. Jahrhundert Bahn brach und die Schulreformen an der Jahrhundertwende vorbereitete, systematisch ausgewertet (vgl. zu Dänemark in dieser Hinsicht Markussen 1988). Dabei hat nicht zuletzt die gegen Ende des 18. Jahrhunderts im Vergleich zu anderen Ländern lockere Zensur manche Schulreformdebatte aus Nachbarstaaten in die Herzogtümer emigrieren lassen (prototypisch das Schleswiger Journal), andere Ideen nahmen wie Basedows Werk hier ihren Ausgang. Eine zusammenfassende Darstellung dieser Entwicklung ist in Vorbereitung.

Nicht weniger lebhaft verlief die Entwicklung der höheren Schulen im 18. Jahrhundert (vgl. zusammenfassend Kopitzsch F. 1981b). Ein Zeichen für den curricularen Aufbruch war die Einrichtung des Christeaneums in Altona 1738, das zwischen Gelehrtenschule und Universität einen institutionellen Brückenschlag bilden sollte und im Lehrplan über den bis dahin vorherrschenden Gelehrtenunterricht als lateinzentrierte Theologenvorschule deutlich hinausging (vgl. ebd. sowie Altonaer Museum 1988; Hess 1888; Schröder H. 1938). Daneben arbeiteten die Gelehrtenschulen sowie an fast allen nur denkbaren Standorten größere und kleinere Lateinschulen, Vor- und Rektorklassen. Lehrpläne machte sich jede Schule selbst - so gut es ging. Der Wildwuchs brachte qualitativ erhebliche Unebenheiten hervor, und ab Mitte des Jahrhunderts entstand daraus ähnlich der Situation in Preußen und in Dänemark eine extensive Diskussion um die Bündelung und Struktur höherer Bildung. Die Verwaltung veranstaltete 1777 in diesem Kontext die erste flächendeckende Schulumfrage in den Herzogtümern, die detailliertes Material zu allen zu dieser Zeit vorhandenen höheren Schulen erbrachte. In der Deutschen Kanzlei wurde versucht, diese Initiativen in Reformpolitik zu übersetzen (siehe Kopitzsch F. 1981b; Weimar 1987). Gelungen ist das nicht.

Erst das Reformwerk um die Jahrhundertwende, das schließlich in die Allgemeine Schulordnung von 1814 mündete, brachte hier Änderung (vgl. bes. Erichsen/Sellschopp 1964). Vorbereitet wurde diese Reform im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts in Schleswig, wo - folgt man dem Bericht des Superintendenten J.G.C. Adler (1817) - der Mißstand größer als im anderen Herzogtum war, da es hier um die Mitte des 18. Jahrhunderts keine umfassende Schulneuordnung wie in Holstein gegeben hatte. Bis zum Ende des zweiten Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts erhielten alle Schulen im Lande neue Rechtsgrundlagen und erstmals in der Landesgeschichte einen einheitlichen Lehrplanrahmen. Ausgangspunkt war die Reduzierung der Anzahl der höheren Schulen auf zehn Standorte (Altona, Flensburg, Glückstadt, Hadersleben, Husum, Kiel, Meldorf, Plön, Schleswig sowie entgegen den ursprünglichen Planungen Rendsburg) und die gleichzeitige Dreiteilung des Schulsystems in Gelehrtenschulen, Bürgerschulen (Elementarschule der Städte und Flecken) und Landschulen, die von nun an als Distriktsschulen genaue Einzugsbereiche erhielten. Viele Vor- und Zwischenformen (von den Winkel- bis zu den oft nicht besseren Lateinschulen) wurden formell erneut abgeschafft und diesmal gelang im Verlauf des Jahrhunderts deren Verdrängung tatsächlich mit der schrittweisen Durchsetzung der Schulpflicht (als besonders resistent erwies sich das im öffentlichen Sektor lange unterbewertete Mädchenschulwesen). Das Spannungsverhältnis von allgemeinem und lokal geltendem Recht wurde geschickt dadurch umgangen, daß die jeweils auf die einzelnen Gelehrtenschulen, Städte, Flecken, Ämter usw. bezogenen Einzelregulative in Struktur und Wortlaut soweit irgendmöglich an die Allgemeine Ordnung angeglichen wurden.

Die Stundentafel der Gelehrtenschule entsprach im Vormärz im Grundsatz dem neuhumanistischen Kanon. Die Altsprachen standen im Zentrum, dazu kamen Religion, Französisch, Rechnen, Kalligraphie sowie

"die ersten Grundsätze der empirischen Psychologie und allgemeinen Logik, Geschichte der Philosophie, neue und alte Geographie, Vaterlands- und allgemeine Geschichte und Chronologie, die reine Mathematik, Naturlehre, Naturgeschichte und Technologie, Anthropologie und die ersten Grundsätze der Rhetorik und Poetik" (§ 17 der Allgemeinen Schulordnung).

Der Idee nach wurde so der neuhumanistische Plan mit einigen "nützlichen Kenntnissen" ergänzt, wobei aufgrund der fast immer rein theologischen und/oder philologischen Vorbildung der Lehrer die sachkundlichen Anteile nicht überbewertet werden sollten. Kaum überraschend ist, daß neben Unterricht in Französisch (das sich je nach politischen Verhältnissen in den Lehrplänen mit Englisch abwechselte) Dänisch durchgehend und auf hohem Niveau (Übersetzungssicherheit in beide Richtungen) verlangt wurde, aber ohne die selbst beim Umgang mit den Altsprachen geforderte Übung im Sprechen, die dem Privatunterricht vorbehalten bleiben sollte (vielleicht ein Kompromiß: Für Rechtsverkehr und Handel genügte die passive Kenntnis).

Die Stundentafel der Landschule war dagegen audrücklich von spätphilanthropischen Nützlichkeitserwägungen geprägt und auf dieser Ebene ziemlich anspruchsvoll:

"Mit Rücksicht auf den künftigen Beruf der die Landschulen besuchenden Jugend, werden für diese Schulen die folgenden Gegenstände des Unterrichts festgesetzt: 1) Unterricht im Lesen. 2) Unterricht im Schönschreiben. 3) Anleitung zum Rechtschreiben. 4) Uebung im Kopf- und schriftlichen Rechnen. 5) Verstandes- und Gedächtnißübungen. 6) Das Gemeinnützliche aus der Naturlehre und Naturgeschichte, vaterländischen Geschichte und Geographie. Seelen- und Gesundheitslehre ist nicht systematisch, sondern gelegentlich in Unterredungen, bei den Verstandesübungen, durch Vorschriften etc. mitzutheilen. 7) Religionslehre und Religionsgeschichte. 8) Übungen im Singen der Kirchenmelodien. Und ausser den gewöhnlichen Schulstunden, wenn es seyn kann, auch noch 9) Practische Anleitung zur Obstbaumzucht und zum Gartenbau." (§ 66 der Allgemeinen Schulordnung)

An den städtischen Hauptschulen wurde dieser Katalog noch ergänzt durch Sachbereiche wie Arithmetik, Geometrie, kaufmännisches Rechnen, Anthropologie, Naturlehre bzw. Naturgeschichte verbunden mit Technologie, physikalische Grundkenntnisse sowie Dänisch als Pflicht- und Französisch als Wahlfach, in der Summe mehr als die moderne Volksschule bis vor dreißig Jahren als Regelkanon kannte. Dieser Lehrplanrahmen war abgesehen vom lauenburgischen Landschullehrplan von 1868 das einzige landesrechtliche Gesamtkonzept, das im Berichtszeitraum speziell für die Herzogtümer entwickelt wurde. Soweit Stundenverteilungen und summarische Inhaltsbeschreibungen erkennen lassen, entsprach er - bei gemeinsamer Oberhoheit erwartungsgemäß - den lauenburgischen (vgl. Mirow 1898) und dänischen Anforderungen. Er überschritt jedoch deutlich das, was zu dieser Zeit z.B. in Lübeck (vgl. Offen C.-H. 1990) oder Preußen (vgl. zusammenfassend Leschinsky/Roeder 1983) Schulnorm war. Nun läßt sich von Lehrplanrahmen (die ja auch bloß hochfliegende Pläne sein konnten) nicht auf die Unterrichtswirklichkeit schließen. In einer Zeit wie dem Vormärz aber, in der andernorts staatliche Verfügungen zur Reduzierung der ohnehin bescheidenen Elementarbildung ausgestellt wurden, war ein so hochzielendes Programm schon als Absichtserklärung ungewöhnlich.

Für die Gelehrtenschulen wurden die Unterrichtsinhalte über den groben Rahmen der Schulordnung hinaus in dänischer Zeit nicht zentral reguliert. Entsprechende Initiativen wurden schon damals als vielleicht für Bayern, nicht aber für Schleswig-Holstein zumutbar abgelehnt (vgl. Elkar 1978). Anders für die Elementarschulen: Dort begann um 1820 nach dänischem Vorbild ein breitangelegtes Reformprogramm zur Einführung einer speziellen Unterrichtsform, des wechselseitigen Unterrichts (vgl. zusammenfassend Erichsen 1950; Hopmann 1990; Weiss-Pedersen 1960; ausführlich die unter dem Stichwort Wechselseitiger Unterricht bibliographierte Literatur). Kern dieses Programms waren der Einsatz älterer Schüler als Lehrerhelfer, ein dazu präzise portioniertes Lehrprogrammm in einem einheitlichen Lehrgang. Die mit der Einführung betraute Kommission in Eckernförde leistete europaweit beachtete Vorarbeit und ließ das dortige Christianspflegehaus, in dem die Musterschule für die Methode untergebracht war, für einige Jahre zum pädagogischen Mekka werden. Nach und nach wurde die wechselseitige "Schuleinrichtung", wie sie auch genannt wurde, in allen drei Herzogtümern an nahezu allen dafür geeigneten Schulen (d.h. mit ausreichend großem Schulzimmer und mehr als vierzig Kindern) eingeführt. In Verbindung damit wurden die Schulbauvorschriften, das Berichtswesen, die Aufsichtshierarchie und das innerschulische Bewertungs- und Examenswesen erstmals standardisiert, kurz, Schule flächendeckend an ein einheitliches Maß gebunden, das für jeden erkennbar werden ließ, was zu welchen Konditionen von den Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrkräften in jeder Schule zu erwarten war. Nebeneffekt dieser Vereinheitlichung war die Möglichkeit eines einheitlichen Referenzrahmens für das pädagogische Fachgespräch: Von der Elbe bis zur Königsau und darüber hinaus wußte man, was auf der siebzehnten Tafel des Rechenkurses stand und welchem Prinzip das Lesenlernen folgte. Beginnend in Lehrerkonferenzen auf lokaler und Propsteiebene, ausgedehnt in Flugschriften und Didaktikratgebern, in Aufsatzsammlungen und den ersten regelmäßig erscheinenden Lehrerzeitschriften entstand so ein didaktisches Fachgespräch, das quantitativ wie qualitativ ein hohes Niveau erreichte (vgl. Hopmann 1991). Die Methode war für schwachstrukturierte Schülerpopulationen und schlecht ausgestattete Schulstuben berechnet, mit Rücksicht auf die mangelhafte Qualifikation vieler Autodidakten unter den Lehrern schematisch und simpel aufbereitet, dem Geschmack der Zeit entsprechend mit viel formaler Disziplin und straffer Unterrichtsführung ausgestaltet - alles Eigenschaften, die qualifizierten Lehrern in besser situierten Schulen zuwider sein konnten und mit wachsendem pädagogischen Selbstvertrauen werden mußten. Aus begeisterter Zustimmung wurde so im Laufe der Jahre offene Ablehnung. Endgültig aus den Schulstuben verschwand die Methode erst Jahrzehnte nach dem offiziellen Ende der mit der Einführung betrauten Eckernförder Kommission 1849. Ihre pädagogische Ausnahmestellung hatte sie jedoch bereits um die Jahrhundertmitte eingebüßt (vgl. Erichsen 1950; Hopmann 1990; Weiss-Pedersen 1960).

Zwar gab es für die höheren Schulen keinen verbindlichen Lehrplanrahmen, deshalb aber nicht weniger Diskussion. Die Debatte befaßte sich hauptsächlich mit der Frage, ob und in welcher Form es einer höheren Schulbildung bedürfe, die nicht zur Universität führt, sondern mehr für die bürgerlichen Schichten berechnet ist, der schleswig-holsteinischen Version des als Streit zwischen Philantropismus und Humanismus (Niethammer) formulierten Kampfes um realistische Bildung. Die Zahl der Streitschriften und Diskussionseinlagen in Zeitschriften und auf Ständeversammlungen ist kaum zu übersehen (vgl. einführend Thießen 1990; Literatur unter dem Stichwort Lehrplan 1814 - 1864). Zwei Autoren fanden weit über die Landesgrenzen hinaus Beachtung: Carl-Christian Tadey, Rektor an der Stadtschule in Friedrichstadt und Vorkämpfer für eine eigenständige Realschule, und Gustav Ferdinand Thaulow, Hochschullehrer in Kiel und Gründer des ersten pädagogischen Universitätsseminars für Gymnasiallehrer. Beide waren für die Entstehung dessen, was heute Schulartdidaktik genannt wird, von prägender Bedeutung.

Eine dem schleswig-holsteinischen Vormärz vergleichbare didaktische Diskussionsfreude hat es auf Landesebene nie wieder gegeben (vgl. Hopmann 1991). Landeseinheitlich wurde im Anschluß, in den vierziger und fünfziger Jahren, nur noch das Verhältnis der Schule zum Staat diskutiert, das insbesondere im antidänischen Nationalitätenkampf spannungsgeladen wurde und mittelbar (durch neue Schulbücher, Schulsprachenreglements etc.) Auswirkungen auf die Unterrichtsinhalte hatte. Lehrpläne und Rahmenvorgaben wurden dann ab 1864 und bis zum Ende des Berichtszeitraums weit entfernt, in Berlin, vorbereitet und entschieden. Landesspezifische Gesichtspunkte haben außer im fortgesetzten Sprachenstreit dabei kaum eine Rolle gespielt (vgl. Hopmann/Haft 1988). Die von dort übernommenen Lehrpläne (u.a. 1872, 1920/1922, 1937f. für die Elementar- und Mittelschulen; 1881, 1890ff., 1900ff., 1925 für Gymnasien) haben die schleswig-holsteinische Schule nachhaltig verändert und an preußische Verhältnisse angeglichen. Von dort kam die Facheinteilung für die Elementarschule und die Einebnung der Stadt-Land-Differenzen (1872), die Schichtung und Spezialisierung der Gymnasialtypen (bes. 1881/1900), die einheitliche Grundschule (1920) und schließlich die Vereinheitlichung zum dreigliedrigen System (1937ff.). Einzelheiten können der Literatur zur preußischen Schulgeschichte entnommen werden (vgl. 2.7.2).

Die schleswig-holsteinische Experimentierfreude überlebte in einer von der philanthropischen Grundierung geschaffenen und vom Schulrecht geförderten Nische. Nirgends in preußischen Altlanden und Provinzen war die Schulpflicht so lang (neun statt der sonst üblichen sieben Jahre), nirgends das Elementarschulwesen in Stadt und Land so umfassend entwickelt und mit den Realien vertraut. Darauf gründete die rasche Verbreitung der Realschulen bis zur Jahrhundertwende (Schleswig-Holstein wurde zur Provinz mit der höchsten relativen Mittelschuldichte) sowie eine rege Versuchstätigkeit mit Mischformen realistischer Bildung auf allen Stufen (vom Altonaer Realgymnasium um die Jahrhundertwende bis zur elastischen Einheitsschule in Lübeck in Weimarer Zeit; Beispiele siehe Ortsregister). Leider steht eine zusammenfassende Darstellung dieser vor etwa dreißig Jahren (mit Ende der Preetzer Volksschuloberstufe) abgebrochenen Reformen aus. Ebensowenig sind die zahllosen kleinen und großen Neuerungen, die sich in Ortsschulchroniken, Biographien und pädagogischen Zeitschriften aufspüren lassen, zusammenfassend gewürdigt. Das schleswig-holsteinische Schulwesen war jedenfalls dank der Experimentierfreude seiner Lehrkräfte und Schulaufsicht fast im ganzen Berichtszeitraum von einem der ökonomischen und juridischen Rückständigkeit kontrastierenden Modernisierungsvorsprung geprägt.

1.4.2 Fächer, Examen und inneres Schulleben

Etwas vom schleswig-holsteinischen Ideen- und Initiativenreichtum läßt sich in der Literatur zur Geschichte der Schulfächer bzw. Unterrichtsinhalte aufspüren. Schon seit den Stadtschulen der frühen Neuzeit und Lehrplankonzepten wie denen des Wolfgang Ratke im frühen 17. Jahrhundert war die Forderung nach sachkundlichem Unterricht in den Herzogtümern verbreitet. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erhielt dieses Lehrplanthema vorbereitet vom Engagement einzelner Gelehr-tenschullehrer und von philanthropischen Initiativen wie Basedows Elementarwerk und Resewitz' Proklamation des Nützlichen (1773) neuen Aufschwung (vgl. Markussen 1988). Immer häufiger fanden die Realien Eingang in den Unterricht (vgl. als wegbereitendes Schulbuch Esmarch H.P.C. 1797), zum Teil aus ziemlich pragmatischen, aber darum nicht weniger legitimen Gründen (z.B. als Aufforderung zum Schulunterricht über Feuersicherheit 1799). Realien wurden dabei an Elementarschulen in der Regel nicht als eigenständiges Fach oder Lehrgebiet, sondern indirekt durch den Lesestoff eingeführt und im Rahmen der sogenannten Verstandesübungen behandelt (vgl. beispiel-haft das Lehrbuch von Diekmann H. 1825). Ähnliches hatte es vorher an höheren Schulen gegeben (Behandlung in Anschluß an Beispiele in der klassischen Lektüre; vgl. Larsen B. 1991), der Regelfall war aber dort seit dem 18. Jahrhundert - abgesehen von Phasen rein humanistischer Konzentration um 1800 - der naturkundliche Fachunterricht.

Von den zwanziger bis zu den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts (zeitlich in etwa parallel mit entsprechenden preußischen und dänischen Diskussionen) beschäftigte die schleswig-holsteinischen Lehrer ziemlich ausgiebig eine Kontroverse über die rechte Art, Rechnen zu lehren (vgl. u.a. Biel 1832; Biernatzki 1843c; Burgwardt 1845, 1846b; Kardel J.H. 1846a; Lohse J. 1847; Nissen N. 1840; Peters P.J. 1820; Petersen C. 1824; die Rezension zu den Lese-, Schreib- und Rechentabellen der Eckernförder 1825; Schlüter 1828; Schmidt 1847), die fast nahtlos in eine entsprechende Diskussion über den Gesamtrahmen realistischen Unterrichts an Volks- und höheren Schulen hinüberglitt (vgl. Grünfeld 1869; Gudenrath 1844; Karsten 1849; Petersen H.J.R. 1865; Vechtmann 1850; den Kommentar: Ist der Unterricht in der Naturkunde für alle Schulen, namentlich auch für unsere Landschulen denn wirklich nothwendig? 1856). Bis zum Jahrhundertende läßt sich der Streit verfolgen (Eichler 1888; Peters H. 1888; Richter 1891) und kam dann vielleicht auch deswegen zur Ruhe, weil im sogenannten Kieler Erlaß für Preußen die Gleichberechtigung realistischer Bildung schulstrukturell verankert und damit die wichtigste Streitfrage entschieden wurde (vgl. Paulsen F. 1921). Manche Herausforderungen von damals sind freilich heute noch nicht überall abgegolten (vgl. z.B. Experimente und Experimentieren in der Volksschule in der Schleswig-Holsteinischen Schul-Zeitung 1871).

Noch umfangreicher war die Diskussion über Lesen und Schreiben in der Schule. Es würde den Rahmen sprengen, hier alle einschlägigen Werke seit den ersten Vorgaben in der Kirchen- und Schulordnung von 1542 aufzuzählen (vgl. dazu die Stichworte Didaktik, Lehrplan und Sprachen im Stichwortverzeichnis). Auf drei besondere Bereiche sei jedoch wegen ihrer schulhistorischen Bedeutung gesondert hingewiesen: Zum ersten hat es ziemlich lange gedauert, bis der Lese- und der Schreibunterricht zusammenwuchsen. Lesefertigkeit war das Hauptmotiv der reformatorischen Schulordnungen, denn jeder sollte die Heilige Schrift lesen können. Schreiben kam im späten 18., frühen 19. Jahrhundert als Pflichtstoff dazu. Bis dahin gab es Schreibunterricht nur als gesondert zu honorierende Extraleistung, zu der mangels entsprechender Kenntnis viele Elementarlehrer nicht in der Lage waren. Fast das ganze 19. Jahrhundert ist dann über konkurrierende Modelle (z.B. Lautier- versus Buchstabiermethode) für den Lese- bzw. Schreibunterricht, deren Interdependenz sowie die Auswahl geeigneten Stoffes gestritten worden (vgl. z.B. Bruhn C.O. 1841; Burgwardt H. 1845, 1846b; Eggers/Hansen 1825, 1826, 1830; Feddersen 1842; Gudenrath 1840b, 1841, 1842b; Heinrich 1839; Klindt 1828; Knees F. 1841a, 1841b; Langfeldt/Nissen 1841c; Redling 1851; Schmidt 1847; Sierck M. 1842; 1846; den Beitrag: Die Schreiblesemethode 1853).

Zum zweiten war Schleswig Grenzland mit konkurrierenden Hauptsprachen, Deutsch und Dänisch, und die Schule hat eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Entwicklung des Nationalitäten- als Sprachenkampf gehabt. Zunächst dadurch, daß sie dem Deutschen als "heiliger" (weil Luthers) Sprache im Religions- und Leseunterricht selbst dort Vorschub leistete, wo die Umgangssprache Dänisch, Friesisch oder ein Dialekt war; dann beim daraus resultierenden Kampf um die Schulsprache; schließlich durch die Minderheitenschulen, in denen noch heute die Zweisprachigkeit besonders gepflegt wird. Es gab im Berichtszeitraum keine Schulordnung oder Lehrplanregelung größeren Umfangs, die nicht direkt oder indirekt Deutsch oder Dänisch als Schulsprache favorisiert und dadurch in das Nationalitätenverhältnis eingegriffen hätte (zur Literatur vgl. das Stichwort Minderheiten und Schule).

Drittens sollte Erwähnung finden, daß neben den beiden Hauptsprachen immer eine Reihe Sprachen und Dialekte landesüblich war, darunter an erster Stelle das Friesische, das außerhalb der Minderheitenschulen erst in den letzten Jahren Anerkennung an öffentlichen Schulen erhalten hat (vgl. z.B. die Beiträge: Welche Bedeutung haben die jetzt gesprochenen plattdeutschen Dialecte für die Volksschule und für den sprachlichen Unterricht in derselben? im Schulblatt 1860, Dücker 1860; Hochdeutsch und Plattdeutsch im Schulblatt 1858; Paulsen P. 1844; Sassisch-Niederdeutsche (Plattdeutsche) Sprache im Schleswig-Holsteinischen Schulblatt 1839, sowie aufarbeitend: Claussen M. 1958; Clemenz 1970).

Eine Sonderstellung nahm der Religionsunterricht ein. Von der Reformation bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war Elementar- hauptsächlich Religionsunterricht und höchst gelegentlich etwas mehr. Erst im 19. Jahrhundert setzten sich daneben Schreiben, Rechnen und andere nützliche Kenntnisse von der Naturkunde bis zum Turnen im Pflichtkanon durch. In einem langwierigen und schmerzhaften Prozeß der Ablösung trennte sich die Schule von der Kirche und verwandelte (erstmals im Lehrplan 1872 so festgehalten) Religion zu einem Fach neben anderen. Wer Genaueres über diese Geschichte erfahren will, kann sich nicht mit fachgeschichtlichen Daten begnügen, sondern muß an der Kirchengeschichte sowie der Geschichte der Schulaufsicht herausarbeiten, wie sich dieser Trennungsprozeß anfangs unmerklich, ab ca. 1800 mit wachsender Heftigkeit (hineingetragen von Konservativen wie Propst Harms und Radikalreformern wie 'Germanicus' Christiansen) vollzog und schließlich Schule und Kirche ab dem preußischen Schulaufsichtsgesetz von 1872 vollends auseinandertrieb (vgl. z.B. Andersen P.F. 1872; Asmussen J. 1849b; Carstens E. 1840; Christiansen N. 1842a, 1843; Dohrn H.P. 1869; Ehlers J. 1864; Goosmann 1848, 1858a; Groß 1843; Kähler C.N. 1839a, 1839d; Koopmann W.H. 1850; Kühner 1842, 1843; Lilie 1841; Lucht P. 1818; Mau 1848c; Münzenberger 1839b; Olshausen 1815; Sack 1871; Schetelig 1839; Schröder F. 1821; übergreifend: Hindahl 1959; Kurtz 1982). Für die höheren Schulen mit ihrem schon früher in Schulfächer gruppierten Lehrprogramm stellte sich die Frage nach der Stellung der Religion im Unterricht nie ganz so scharf (vgl. z.B. Dohrn H. 1834). Gleichwohl kam es noch zur Kaiserzeit aus Protest gegen die schleichende Säkularisierung des Schullebens zum Versuch der Gründung eines christlichen Gymnasiums in Breklum (vgl. Stehr 1886).

Dem Sprachunterricht im Nationalitätenstreit und dem Religionsunterricht im Streit um die Säkularisation der Schule folgte im Zentrum der staatlichen Aufmerksamkeit der Geschichtsunterricht, der spätestens seit dem frühen 19. Jahrhundert an höheren Schulen regelmäßig, an Elementarschulen in sehr begrenzten Umfang erteilt wurde. Insbesondere der preußische Staat versuchte nach 1871 durch einen am Kaisergeschlecht und der deutschen Nation ausgerichteten Geschichtsunterricht die widerspenstige schleswig-holsteinische Identität endgültig zu prussifizieren und gleichzeitig - hier bahnte sich ein neuer Konflikt an - etwas gegen die "gefährlichen Umtriebe der Sozialdemokratie" zu tun (vgl. Kopitzsch F. 1988; Kopitzsch W. 1978, 1979a, 1981).

Andere Fächer kamen dagegen nur gelegentlich in den Sog politischer Auseinandersetzung. So zum Beispiel die Musik, die in Schleswig-Holstein im Wettstreit der Kulturen mit Sängerfesten und Kampfliedern (wie dem Schleswig-Holstein-Lied) eine besondere Rolle spielte (vgl. Clausen K. 1970; Dahlhaus/Widra 1965; Mai 1969). Ausgerechnet der Turnunterricht, der andernorts dank 'Turnvater' Jahn ein dauerhaftes Politikum war, scheint in Schleswig-Holstein lange von dieser Auseinandersetzung frei gewesen und erst nach 1933 nachhaltig mißbraucht worden zu sein (vgl. Baumfelder 1838; Gienke 1948; Hansen J. 1962; Nissen N. 1849; Polanke 1970). Im übrigen bildet das politische Interesse an den Fächern nur eine, wenn auch besonders gut dokumentierte Seite ihrer Geschichte ab. Darüber hinausgehende Fachgeschichten, die den Werdegang einzelner Fächer verfolgen, liegen außer in den erwähnten Arbeiten zum naturkundlichen Unterricht, zum Sprachproblem sowie zum Musik- und zum Turnunterricht jedoch nicht vor.

Von gesellschaftspolitisch überragender Bedeutung waren auch Examensordnungen, die festlegen, zu welchen Bedingungen eine Schule verlassen oder um Aufnahme auf einer Schule nachgesucht bzw. von Klasse zu Klasse vorgerückt werden darf. Trotz der langen, noch heute an den Pädagogischen Hochschulen lebendigen Tradition der kritischen Auseinandersetzung mit der Schulzeugnisse Werth und Würdigung (Frise 1826) ist die Geschichte der Versetzungs- und Prüfungsordnungen in ihren sozialen und schulstrukturellen Folgewirkungen für Schleswig-Holstein leider noch nicht zusammenhängend untersucht worden (anders als für die skandinavischen Länder und Preußen; vgl. beispielhaft Jordheim 1989; Müller D.K. 1977). Nur für Lübeck liegt eine nachahmenswerte Studie vor, die berücksichtigt, wie im Prozeß der Schulentwicklung Schülerströme auch durch Abgangs- bzw. Aufnahmekonditionen reguliert wurden (Offen C.H. 1990).

Das erste landesüblich vorgeschriebene Pflichtexamen war die Konfirmation, die seit dem 17. Jahrhundert nach und nach verbindlich wurde (nachzulesen in Hansen E. 1911; Rendtorff 1902). Durch sie wurde ein Examen Voraussetzung der Beendigung der Schulpflicht und zum Eintritt in bestimmte soziale Rechte (z.B. durfte in der Regel ohne Konfirmation kein Hof übernommen und nicht geheiratet werden). Diese Koppelung hat mit Sicherheit dem Schulbesuch nachhaltig Auftrieb gegeben, aber auch lange Zeit die Unterrichtsinhalte stark davon abhängig gemacht, was der jeweils zuständige Pastor voraussichtlich im Konfirmationsverhör verlangen würde. Im frühen 19. Jahrhundert gelang es mit dem wechselseitigen Unterricht, daneben landeseinheitlich nichtkirchliche Leistungsnormen verbindlich zu machen. Eine rein säkular, durch Lebensalter bzw. Schulpensum bestimmte Schulpflicht hat sich ebenso wie ein fachbezogenes Leistungszeugnis erst in preußischer Zeit durchsetzen können.

Im gymnasialen Bereich war das Abschlußexamen die Reifeprüfung (ggf. auch Abitur oder Matura genannt). In Preußen wurde im 18. und 19. Jahrhundert die Reifeprüfung schrittweise zur verbindlichen Zugangsvoraussetzung zur Universität und zu ausgewählten höheren Beamtenlaufbahnen (vgl. Herrlitz 1973; Petrat 1962). Die rigorose und selektive Handhabung der Matura sollte dafür sorgen, daß nicht zuviele den Zugang zu diesen höheren Karrieren schafften. In Schleswig und Holstein gab es gewiß auch Diskussionen über die Qualität der gymnasialen Abschlüsse (vgl. Schinzel 1972; Elkar 1978), bis zum Ende der dänischen Zeit aber keine verbindliche Regelung. Die Vorschriften blieben bis zur ersten Holsteiner Maturitätsordnung 1857 uneinheitlich und ohne erkennbare Bindungskraft. Überdies kamen auch die vorgeschalteten Versetzungs- und Abgangsordnungen landeseinheitlich erst unter preußischer Verwaltung zustande. Gesellschaftlich bedeutend war dabei insbesondere das mit Abschluß der Untersekunda verliehene Vorrecht zum sogenannten Einjährigen, d.h. verkürzten Militärdienst.

Unklar ist, wann und wie sich die zum internen Bewertungs- und Promotionssystem gehörige Unterteilung der Schule in Jahrgangsklassen in Schleswig-Holstein durchgesetzt hat. An den Gelehrtenschulen hat sich die Ablösung der Fachklassen (Unterteilung nach Fachniveaus) durch Jahrgangsklassen (Unterteilung nach Lebensalter bzw. fächerübergreifender Klassenstufe) vermutlich wie in Preußen zu Beginn des 19. Jahrhunderts flächendeckend duchgesetzt. Vorher wird aufgrund der geringen Schulgröße eine Alternativsetzung beider Modelle kaum notwendig gewesen, die Zusammensetzung des Stundenplans recht individuell erfolgt sein. In größeren Elementarschulen gab es bereits im 18. Jahrhundert verbreitet Zweiteilungen in Unter- und Oberstufe. Der wechselseitige Unterricht kannte eine bis zu neunzig Stufen umfassende Feingliederung in Untergruppen. Die mit der Allgemeinen Schulordnung 1814 für die städtischen Elementarschulen, die Bürgerschulen, eingeführte Drei- bzw. Vierteilung in getrennt unterrichtete Klassen bzw. Stufen kam für die Landschulen erst gegen Ende des Jahrhunderts mit dem enormen Anwachsen der Zahlen der Schülerinnen und Schüler und der Beschäftigung mehrerer Lehrkräfte am selben Schulstandort in Betracht. Der in den Allgemeinen Bestimmungen von 1872 enthaltene Lehrplan war schließlich der erste, der von einer mehrklassigen Elementarschule als Regelfall ausging. Jahrgangsübergreifender Unterricht blieb freilich in den kleineren Landschulen bis in die jüngste Zeit üblich. Die letzte einklassige öffentliche Grundschule wurde in Schleswig-Holstein zum Schuljahresende 1991 geschlossen. Im Minderheitenschulwesen wird an rund zwei Drittel aller Schulen noch heute jahrgangsübergreifend unterrichtet. Spezielle Literatur dazu liegt nicht vor.

Überregionale Übersichten zu den aus der geringen Unterteilung folgenden Klassenfrequenzen gibt es bislang nicht, können jedoch für das 19. Jahrhundert anhand der Schulstatistiken zusammengestellt werden. Die Schülerzahl war je nach örtlichen Verhältnissen enormen Schwankungen unterworfen: Schulen mit zehn oder fünfzehn Kindern standen andernorts Klassen mit mehr als zweihundert Schülern und Schülerinnen gegenüber, wobei im allgemeinen die größten Klassenstärken im Elementarschulbereich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (nach Durchsetzung der ganzjährigen Schulpflicht), an den höheren Schulen erst in Weimarer Zeit erreicht wurden. Angaben dazu können den meisten Schulchroniken entnommen werden (siehe Ortsregister).

Große Schülergruppen führten natürlich schon in früheren Jahrhunderten zu ziemlichen Disziplinproblemen, zumal Lehrkräfte wie Schülerschaft auf die schulische Situation mit ihren eigenen Ritualen und Funktionserfordernissen nicht so gut wie heute vorbereitet waren. Den Lehrern fehlte eine entsprechende Vorbildung, den Schülerinnen und Schülern von Haus aus eine Lebenswelt, in der Stillarbeit, reguliertes Sprechen und der Umgang mit Lernaufgaben vorab eingeübt werden konnten. Kein Wunder also, daß sich mit steigenden Schülerzahlen die Publikationen zum Disziplinproblem der Schule mehrten (vgl. z.B. Jungclaussen J.P.A. 1820; Schlichting 1844; Ueber Schuldisciplin und ihre Gränzen in den Provinzialberichten 1833; Wegner 1844). Das System des wechselseitigen Unterrichts führte gar ein dem Militär abgeschautes Ehren- und Strafsystem ein, das Lehrer und Schulaufseher offenkundig gleichermaßen faszinierte (vgl. Hopmann 1990). Auch danach blieben Anleitungen zum Umgang mit Disziplinproblemen bevorzugter Lesestoff, wie heute nicht zuletzt für angehende Lehrer (erstes Lehrbuch dazu Brütt 1852). Freilich muß man sich davor hüten, die im Rückblick schwer verständlichen körperlichen und Ehrenstrafen mit heutigem Wertmaßstab zu messen (vgl. Krüger R. 1976), sie hatten auch außerhalb der Schule einen anderen Stellenwert. Zudem wurden an die disziplinierende Wirkung der Schule sehr viel weitergehende Hoffnungen geknüpft. Sie sollte gleichsam das elementare Sozialverhalten überhaupt erst einpauken, das der sogenannte 'Pöbel' von sich aus kaum hatte, eine Erwartungshaltung, die umgekehrt dann auch der Schule anlasten ließ, was gesellschaftlich aus den Fugen geriet (vgl. Hopmann 1991). So wurde beispielsweise seit Ausgang des 18. Jahrhunderts (Suhr 1796) wiederholt ernsthaft die Frage diskutiert: "Haben auch die Schulen Schleswig-Holsteins ihren Antheil an dem Zunehmen der Verbrechen?" (Christiansen N. 1842b; Gudenrath 1842a).

Schon zu dieser Zeit wurde erkannt, und dies spricht für das Niveau der schleswig-holsteinischen Debatte, daß es für Disziplin und Zusammenleben in der Schule nicht allein darauf ankommt, wie die Kinder vorab erzogen sind, sondern daß darauf auch die innere Schulorganisation erheblichen Einfluß hat, neben der Disziplinarordnung insbesondere durch den Zeitumfang, in dem Konzentration und Ruhe bewahrt werden sollen (Frise 1830; Kardel J.H. 1846b; Ein Wort über das tägliche Zeitmaaß des öffentlichen Unterrichts in den Bürgerschulen 1826). Überlegungen Ueber die Benutzung der Pausen im Schulunterricht (Harder H.H.F. 1859) sind heute noch angebracht. Etwas kurios wirken dagegen aus heutiger Sicht die damaligen Anschauungen zur Selbstbefleckung (z.B. Christiansen 1848b) innerhalb und außerhalb des Unterrichts, die seinerzeit zum Standardinventar jeder Schulmethodik gehörten. Weitere Regulierungen des inneren Schullebens befaßten sich beispielsweise mit der Schülerkleidung, der Reinlichkeit, der Grußpflicht oder der Öffentlichkeit des Unterrichts (Literatur u.a. unter den Stichworten Schuldisziplin und Schulordnung). Die Sozialgeschichte des inneren Schullebens, die in solchen Themen enthalten ist, ist weder für die dänische, noch für die preußische Zeit zusammenfassend erzählt, spiegelt sich freilich in fast allen Schulerinnerungen und Biographien. Sie hat in Schleswig-Holstein anders als die Schulfächer, die Sprachregelungen oder die Examensordnungen nie die politschen Gemüter erhitzt, in der Alltagsgeschichte aber, in den gängigen Vorstellungen von Disziplin und Wohlverhalten, bis heute tiefe Spuren hinterlassen.

1.4.3 Schulbau und Schulausstattung

Eine Geschichte des Schulbaus gehört auch mit Blick auf die eben besprochene Geschichte der Schuldisziplin zu den wichtigsten Desiderata schleswig-holsteinischer Schulgeschichtsschreibung. Wer im Freilichtmuseum Molfsee oder sonst irgendwo auf dem Land in einer der vielen erhaltenen Schulkaten steht und sich vorstellt, wie in diesen winzigen Räumen vierzig, fünfzig oder manchmal sogar mehr als hundert Kinder unterschiedlichen Alters, Geschlechts und Leistungsstandes auf engstem Raum zusammengepfercht, bei qualmendem Ofen, katastrophaler Lüftung und dämmrigem Licht bis zu sieben oder acht Stunden ohne rechte Pause unterrichtet wurden, der kann vielleicht ermessen, wieviel Schweiß und Tränen es gekostet haben mag, auch nur ein wenig Ruhe zu bewahren, ein wenig zu lernen, einander auszuhalten. Selbst wenn sich Hygienevorstellungen und der Umgang mit Nähe und Körpererfahrung seitdem wesentlich geändert haben sollten, müssen allein Abluft, Platz- und Lichtverhältnisse dem Lerneifer physische Grenzen gesetzt haben.

Dabei waren solche Schulkaten, die auf dem Land in Schleswig und Holstein im 17. und frühen 18. Jahrhundert gebaut wurden, ein gewaltiger Fortschritt gegenüber dem, was bis dahin Alltag war. Außer den kirchlich und städtisch geförderten höheren Schulen sowie einzelnen Elementarschulen in größeren und reicheren Flecken wurde bis dahin der Unterricht vorzugsweise an Orten erteilt, die hauptsächlich anderen Zwecken dienten: in der Pfarrstube (Vorbereitungsunterricht für künftige Gelehrtenschüler), der Küsterei, reihum an den Gesindetischen der großen Höfe oder ganz schlicht im nächstgelegenen ungenutzten Stall (neben fast allen Ortschroniken berichtet Beispiele in illustrierender Vielfalt z.B. Japsen 1968).

Da Bau, Ausstattung und Unterhalt der Schulgebäude den jeweiligen lokalen Instanzen - also den Abgabepflichtigen, den Patronaten oder sogar nur den gerade betroffenen Eltern - zur Last fielen, war Besserung schwer zu erreichen. Es bedurfte schon erheblichen Drucks von seiten der Schulaufsicht, überhaupt eigenständige Schulgebäude zu erreichen. Es war so kein Zufall, daß die erste Schulbaunorm um 1720/21 in Zusammenhang mit einem staatlich subventionierten Schulbauprogramm entstand, den sogenannten Ritterschulen, die Friedrich IV. nach dem Nordischen Krieg bauen ließ (vgl. Hansen H.H. 1977; Nørgaard 1989). Die Schulstube einer Ritterschule hatte etwas mehr als fünfundzwanzig Quadratmeter. Dazu kam zusammengezählt mit etwa gleicher Grundfläche eine Lehrerwohnung mit Stube, Schlafkammer, Küche und Vorratskammer sowie ein Stall von etwa zehn Quadratmetern (oft direkt neben dem Schulraum, der so leicht zu erweitern war). Der Abort war im Hof oder Schulgarten untergebracht, ein Pausenhof im heutigen Sinn war nicht vorgesehen. So bescheiden sich das bei heute mehrere tausend Quadratmetern umfassenden Schulgebäuden anhört: Bereits damit war das Schulgebäude an vielen Orten "das ansehnlichste Gebäude im Dorf nächst der Kirche" (Nørgaard 1989, 23; Übersetzung v.A.).

Im Grundsatz änderte sich bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht viel an diesem Aufbau. Ein bis zwei etwa ein viertelhundert Quadratmeter große Schulstuben wurden auf einer Ebene kombiniert mit einer etwa gleich großen Lehrerwohnung und einem Stall. Der Streit um die Schulhäuser war - wenn es ihn gab - einer um Kosten und Lasten, nur selten um Architektur (vgl. die Beiträge Ueber die Bauart der Schulhäuser 1800 und Über Bau- und Reparationskosten der Schulwohnungen in den Kirchdörfern Holsteins 1816). Um die Mitte des 19. Jahrhunderts setzte wie in Preußen und Dänemark angeregt von medizinischen Bedenken (vgl. Seidel 1842, 1845) - eine Bewegung ein, die größere, luftigere und besser belichtete Schulgebäude erreichte. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam es dann mit den in der Regel mehrklassigen Schulen zur Trennung von Lehrerwohnung und Schulgebäude. Stattdessen wurden Pedellwohnungen üblich. Gestaltete Pausenhöfe sowie (an besonders reichen, schülerstarken Standorten) die ersten Aulen, Turnhallen und Fachlehrräume (für Physik, Chemie u.ä.) kamen hinzu. Einheitliche Richtwerte für die Raumgröße, die Raumhöhe, die Zahl und Ausrichtung der Fenster, die Flurbreite, die Zahl der Aus- und Eingänge, der Aborte und Kleiderablagen etc. sorgen seitdem dafür, daß die Schulen großzügiger und einheitlicher manche werden sagen: charakterloser - werden.

Der einheitliche Ausbau ließ Stilwillen fast nur noch bei den Fassaden und Außenanlagen Platz: mal mehr einer Kaserne ähnlich (um 1900), mal im sogenannten Landhausstil (ab 1910), mal mit Bauhaus-Strenge oder reformpädagogisch verspielten Winkel- und Rundformen (beides in Weimarer Zeit, letzteres von der Waldorf-Architektur fortgeführt), schließlich entweder in Kirchnähe gelegen (bis Mitte des 19. Jahrhunderts), in möglichst freier Landschaft, Waldnähe oder in anders natürlich begünstigter Lage (zwischen 1900 und 1925 verbreitet) oder aber - wenn schon mitten in der Stadt - mit Garten oder Spielfläche ausstaffiert (seit 1920). In den rasch gewachsenen Vororten der großen Städte gerieten die Volksschulen zunehmend zu massiven, den Gymnasien und anderen öffentlichen Gebäuden ebenbürtigen Repräsentativbauten (z.B. die Ellerbeker Volksschule von 1912, die Dietrichsdorfer Volksschule von 1915). Neben diesen immer größer werdenden Schuleinheiten blieb manch einklassige Volksschule bis in die fünfziger und sechziger Jahre erhalten, wurden - wo Verkehrswege das erzwangen - sogar noch neue "Wohnschulen" erbaut (wie z.B. 1910 in Bistensee), bis die kleinen ortsnahen Schulen endgültig von einer der großen Mittelpunktschulen verdrängt wurden. Die (abgesehen von den Minderheitenschulen) letzte dieser Schulen wurde 1991 in Gammelby geschlossen. Da es außer spärlichen Angaben in den Schulstatistiken des 19. Jahrhunderts keine Übersichtsliteratur zu diesem Bereich gibt, müssen die lokal gegebenen Daten aus den Ortsakten (Bau- und Kirchenverwaltung) herauspräpariert werden, wenn sie nicht bereits in einer Ortschronik zusammengetragen sind (vgl. z.B. Brandt 1968 über die Herzhorner Schule; Grönhoff 1964a über Hassee/Kiel; Lohse W. 1950 über eine Schule in Rendsburg; weitere Literatur im Ortsregister). Besonders instruktiv sind dabei häufig alte Postkarten mit Abbildungen früherer Gebäude- und Innenraumansichten (vgl. z.B. Hansen Å.E. 1986 zu Bau und Holebüll in der Flensburger Propstei, heute: Sønderjyllands Amt; Thomsen W. 1982 zum Kreis Steinburg).

Nicht mit der Baugeschichte der Volksschule vergleichen läßt sich die Architektur der höheren Schulen. Sie waren von Anfang an Repräsentationsgebäude, die über ihren pädagogischen Zweck hinaus auch den Veranstalter auszeichnen sollten. Die Domschule in Schleswig, das alte Hauptgebäude der Humboldtschule in Kiel oder die Goetheschule in Flensburg vermitteln am Beispiel verschiedener Epochen und unterschiedlicher Schulträger eindrucksvoll, wie herrschaftlich Schularchitektur gestaltet sein kann. Zur Baugeschichte der höheren Schulen gibt es zwar auch keine zusammenfassende, aber recht viel lokalgeschichtliche Literatur, da die Gebäude höherer Schulen die nächst dem Rathaus und allenfalls noch den Obergerichten größten und aufwendigsten Zivilbauten in den jeweiligen Städten waren, und fast jeder größere Neubau von einer entsprechenden Einweihungsschrift begleitet wurde (vgl. z.B. aus der großen Expansionsphase der höheren Schulen zu Altona: Strehlow 1897; Elmshorn: Diesend 1898; Flensburg: Flebbe 1897; Kiel: Reuter 1878; Neumünster: Sorgenfrey 1879). Außerdem enthalten Schulchroniken und Jubiläumsschriften regelmäßig auch bauhistorische Abschnitte (vgl. die Literatur zu höheren Schulen lt. Ortsregister).

Entgegen heutiger Gepflogenheit konnten übrigens auch öffentliche Schulen in privaten Gebäuden untergebracht sein. Beispiel dafür sind nicht nur viele der früheren Lateinschulen und Rektorklassen, die ihre Schülerschar meist in der 'guten Stube' unterrichteten (wie wohl auch bei der Mehrzahl der Mädchenschulen bis ins späte 19. Jahrhundert üblich), sondern mancherorts ebenso die reguläre Elementarschule. So mußten beispielsweise Lübecker Elementarschullehrer selber das Schulgebäude stellen und unterhalten (vgl. Offen C.H. 1990). Gegen solche Privatisierung öffentlicher Aufgaben wandte sich in den Herzogtümern die Allgemeine Schulordnung von 1814, die die Gebäudelasten ausdrücklich dem jeweiligen Schuldistrikt (und damit dessen Einwohnern oder Patronatsherren) aufbürdete und dazu verpflichtete, ausreichend Platz vorzuhalten oder zu schaffen. Es dauerte freilich Jahrzehnte, manchmal bis in das gegenwärtige Jahrhundert, diesem Anspruch Respekt in Form angemessener Bauten zu verschaffen (vgl. z.B. am Beispiel Fehmarns Unverhau 1981).

Eine bunte Vielfalt bieten baugeschichtlich die Privatschulen, die in der Regel auch in privat angemieteten oder bereitgestellten Räumen zuhause waren, sowie die Militärschulen und Internate. Die Qualität ihrer Unterbringung reichte von einfachen Katen und Wohnstuben über konventionelle Schulgebäude bis hin zu Kasernen und Schlössern wie dem von Plön und war vom Auftrag und Reichtum der Veranstalter geprägt (Hinweise in den Institutionengeschichten). Eine eigenständige Baugeschichte haben schließlich auch die Lehrerbildungsstätten, deren (anfangs auch aufgrund der Wohnungs- und Internatsteile sehr umfangreichen) Bauten in Anspruch und Gepräge mit den Gymnasien verglichen werden können (vgl. z.B. Haase I. 1988a, 1988b zu Tondern).

Zur inneren Ausstattung der Schulen ist nur wenig landesspezifisches bekannt. Manche Ortsschulgeschichten gehen knapp oder am Rande auf die Schulausstattung ein, ohne aber Genaues zur Beschaffenheit oder Gestaltung erkennen zu lassen. Bänke und Tische wurden vermutlich wie allgemein üblich von den örtlichen Schreinern gefertigt oder auch schon mal aus dem Bestand ausgemusterter Bauern- oder Kirchenmöbel entnommen. Tafeln kamen nur langsam in Gebrauch, sonstige besondere Ausrüstungen gab es bis weit in das 19. Jahrhundert meist nicht. Erst der wechselseitige Unterricht erforderte spezielles Inventar: Befestigungen für die Schreib- und Rechentafeln, Tische bzw. Stellplätze für kleinere Untergruppen, Wandleisten für die Schülernummern, ein besonderes Pult und einen Schrank für die Materialien und Protokollbücher etc. Zentral vorgegeben wurden dazu Anfertigungsnormen und Raumaufteilungen, aber gleichzeitig auch Tips, wie man verfahren könnte, wenn sich diese Voraussetzungen nicht bewerkstelligen liessen (vgl. z.B. Diekmann H. 1826).

Mit den erwähnten Auseinandersetzungen um die medizinisch vernünftige Ausgestaltung der Schule um die Mitte des 19. Jahrhunderts und mit der sich ausweitenden Massenfertigung der Schulmöbel in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts entwickelte sich ein international (u.a. mit Sonderabteilungen auf Weltausstellungen) geführter Disput über optimale Schulmöbel und deren Gestaltung. In der gesamten preußischen Zeit gab es dazu in den einschlägigen Verordnungen Möbelnormen, so daß von da ab die Ausstattung an vorgegebenen Standards ausgerichtet und von Ort zu Ort immer einheitlicher wurde.

Wandkarten, Schautafeln und ähnliche Hilfsmittel waren zwar schon seit dem 16. und 17. Jahrhundert bekannt, haben in den normalen Schulalltag allenfalls erst im 19. Jahrhundert Eingang gefunden (insbesondere mit dem in der Nachfolge Pestalozzis propagierten Anschauungsunterricht). Im 19. Jahrhundert kam es dann zeitweise für die Elementarschulen zu einer Auseinandersetzung, ob Schautafeln und Tabellen gegenüber den abgesehen von Bibel und Katechismus genauso unüblichen Schulbüchern vorzuziehen seien, aus didaktischen (gemeinsames versus individualisiertes Lernen) wie aus finanziellen Gründen (Bücher waren teurer; vgl. Kardel J.H. 1846a; Schmidt 1847).

Fachübergreifende Darstellungen zur Schulbuchgeschichte sind rar (und nur indirekt auf Schleswig-Holstein bezogen: vgl. z.B. Müller P. 1964; Ravn L.S. 1971; Skovgaard-Petersen 1989; Larsen B.R. 1991 über Dänemark). Häufiger findet sich Material zu Schulbüchern einzelner Fächer (vgl. z.B. die oben zitierten Fachgeschichten oder Spezialliteratur wie Jensen D. 1965; Paulsen H.H. 1961; Schmack 1960). Klare Vorschriften, welche Schulbücher zu nutzen seien, gab es bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nicht, selbst nicht an den Gelehrtenschulen, für die der Lektürekatalog weitgehend den Lehrplan bestimmte. Allerdings gab es neben dem eigenen Katechismus seit dem 18. Jahrhundert Autoren, die auch für andere Bereiche speziell für schleswig-holsteinische Schulen gedachte Bücher auf den Markt brachten. Charakteristisch für die vom Philanthropismus und dem Kieler Seminar nach 1781 ausgehende pädagogischen Bewegung war eine Vielzahl für kleine lokale Märkte (ein Herzogtum, eine Propstei u.ä.) entwickelter Schulbücher, die zunächst fast ausschließlich von Geistlichen, später auch von den Lehrern selbst verfaßt wurden. Viele dieser in Einzelexemplaren nachweisbaren Bücher können jedoch außer als Lehrermaterial im Unterricht nicht genutzt worden sein, da ihre Anschaffung für die meisten Eltern und Schulträger zu teuer war. Die abgesehen vom Katechismus ersten landesweit wirksamen Schulbuchvorgaben ergaben sich bei der Zuspitzung des Sprachenstreits zwischen 1851 und 1864 (vgl. Ravn L.S. 1971b). Danach, unter preußischer Verwaltung, wurde das in Preußen seit dem Generallandschulreglement von 1763 entwickelte Zulassungsverfahren wirksam. Erst in unserem Jahrhundert haben sich dann Schulbücher in allen Schularten als beherrschendes Lehrmaterial durchgesetzt. Fast alle früher genutzten Schulbücher können in der Schulgeschichtlichen Sammlung der Pädagogischen Hochschule Kiel eingesehen werden.

Dort sind auch die Bestände vieler früherer Schulbibliotheken zu finden, die oft ein Schmuckstück waren. An den Gelehrtenschulen seit dem 18. Jahrhundert üblich, allgemein vorgesehen seit der Allgemeinen Schulordnung von 1814, entwickelten sich aus den kleinen, mehr auf den Lehrerbedarf als die Schülerinteressen berechneten Buchsammlungen an vielen Schulen ansehnliche Schulbibliotheken (vgl. dazu u.a. Claussen J. 1897; Lucht M.J.F. 1878; Peters A. 1961; Skierka 1984 sowie die zahlreichen Hinweise in Schulchroniken), deren Zusammenstellung und Nutzung uns heute z.B. einen der weni-gen alltagsnahen Einblicke in damals interessierende Themen und Diskussionen geben können (vgl. z.B. Elkar 1978). Weiteres Lehrmaterial entstammte oft der eigenen Initiative der Lehrkräfte wie kleine Gesteinssammlungen, Herbarien und natürlich auch die er-sten Rohrstöcke. Lehrer waren es auch, die die Federn für die Schüler spitzten, Tinte, Tafeln sowie später Hefte und Stifte besorgten. Für manchen Lehrer war dieser Kleinhandel mit Schulmaterial ein nicht unwichtiger Zusatzverdienst, für Eltern eine nicht unerhebliche Bela-stung, so daß einige lokale Schulordnungen Festpreise vorgaben (etwa für Federn oder Tintengeld; Hinweise in den Ortsschulgeschichten).

Als letztes Element des Schulbaus und der Schulausstattung soll hier der Schulgarten erwähnt werden, der unter dem Stichwort "Ökologie" in den letzten Jahren wieder mehr Beachtung findet. Seinen Ursprung hatte der Schulgarten in dem Schulland, das Lehrern als Einkommensquelle für ihre Schulstelle zugewiesen wurde (vgl. oben 1.3.1). Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts kam es immer wieder zu hartem Streit über Umfang und Qualität dieses Schullandes (vgl. z.B. Brauer 1849; Köhncke 1849). Erst die Besoldungsgesetze im frühen Kaiserreich schufen eine einheitliche, von Naturalien und Landbewirtschaftung unabhängige Besoldung. Gegen Ende des Jahrhunderts war dann schon wie selbstverständlich vom Schulgarten als Lernort die Rede (vgl. Lichtenberg 1896), wurde der Dorfteich als lehrreiches 'Biotop' entdeckt (Junge 1885; ND 1985).

1.5 Schulverwaltung

Schulgeschichte ist - wie bereits eingangs gesagt - im wesentlichen Schulverwaltungsgeschichte, d.h. sie nutzt mangels anderer Zugänge primär das Material, das die jeweilige Schulaufsicht gesammelt und archiviert hat. Darum ist es für die Schulgeschichtsschreibung auch besonders wichtig zu wissen, wer jeweils als Schulaufsicht zuständig für was war oder als Schul- bzw. Anstellungsträger fungiert hat. Bei einem territorial bis ins späte 18. Jahrhundert so zersplittertern Rechts- und Verwaltungsraum wie den Herzogtümern und den angrenzenden, heute ebenfalls zu Schleswig-Holstein gehörenden Gebieten, erfordert schon die einfache Zuständigkeitsermittlung fast detektivischen Spürsinn: Wem mag die Schule wann zugeordnet gewesen sein? Verwaltungsgeschichtliche Literatur gibt es zwar, aber sie behandelt Schulverwaltung regelmäßig nur am Rande, etwa im Rahmen der Kirchenverwaltung (vgl. zusammenfassend Franz W. 1958/59; Friedland/ Jürgensen 1977; Hauser 1967; Krüger K. 1983; Postel 1983a, 1983b; Steiniger 1983). Die preußische und die dänische Schulverwaltungsgeschichte sind jeweils recht gut dokumentiert (vgl. zusammenfassend zu Dänemark: Ussing Olsen 1982; zu Preußen: Nevermann 1982, 1984). Für die Stadt Lübeck, das Fürstentum Lübeck, Lauenburg (bis zum Anschluß an Dänemark) sowie für die Territorien mit temporärer Sonderstellung (wie Holstein-Pinneberg, die beiden Dithmarschen) mangelt es an spezieller schulverwaltungsgeschichtlicher Literatur, können jedoch die Zuständigkeiten der im ersten Abschnitt beschriebenen allgemeinen schulgeschichtlichen Literatur entnommen werden, die hier aufgrund der Vielfalt der Einrichtungen von bloß lokalgeschichtlichem Interesse ausgespart bleiben können. Für Schleswig-Holstein liegt eine grobe Zusammenfassung für die wichtigsten Oberinstanzen in dänischer und den ersten Jahren preußischer Zeit vor (Hopmann/Haft 1988). Im folgenden muß es genügen, die wichtigsten Instanzen und die ihnen zurechenbare Sekundärliteratur knapp aufzuführen. Da je nach Kirchspiel und Schulgeschichte ein für beide eigenes Abhängigkeitengeflecht entstehen konnte, ist der dafür zuständige Verwaltungsablauf eindeutig nur im Einzelfall zu ermitteln.

In der gesamten dänischen Zeit wurde die Schulaufsicht in einer zweisäuligen Struktur ausgeübt, in der es keine eindeutige Zuordnung von Zuständigkeiten gab. Auf der einen Seite standen die vom König als Landesherrn bis zu den Lokalbehörden und Patronaten reichenden zivilen Instanzen, auf der anderen Seite die vom König als Kirchenherrn bis zum Ortsgeistlichen und seinen Helfern reichende, ebenfalls dem staatlichen Bereich zuzurechnende Kirchenverwaltung. Eine formelle Aufgabenteilung mit dem Ziel einer säkularisierten Schulaufsicht kannte erst das preußische Schulaufsichtsrecht von 1872.

An der Spitze der Zivilbehörden befand sich die 1523 errichtete Deutsche Kanzlei, die für die Kopenhagener Verwaltung der Herzogtümer zuständig war (ab 1806: Schleswig-Holsteinische Kanzlei; ab 1816: Schleswig-Holsteinisch-Lauenburgische Kanzlei). Sie war an der Vorbereitung und Umsetzung aller grundlegenden Ordnungen mindestens mitbeteiligt und für alle vom König zu entscheidenden Schulangelegenheiten vortragende Behörde. Je nach Sachfrage hatte die Kanzlei mit anderen Behörden zu kooperieren, z.B. bei Fragen der Finanzierung oder, wenn es um Schulen auf königlichem Eigenbesitz ging, mit der Rentekammer. Um 1788 von der Kanzlei (wohl auch nach preußischem Vorbild) mit in Umlauf gebrachte Vorschläge, eine spezielle Fachbehörde für Schulangelegenheiten, ein Oberschulkollegium, zu gründen, kamen nicht zum Zuge (vgl. Kopitzsch F. 1981b), nur für das dänische Königreich wurde anfangs des 19. Jahrhunderts eine Direktion für die Gelehrtenschulen errichtet. Auch spätere Vorschläge zur Revision der Aufsichtsstruktur (wie von Schrödter 1805) wurden nicht umgesetzt.

Eine eigenständige Schulbehörde entstand in Dänemark 1848 erst mit der Aufgabe der Kanzleiverwaltung zugunsten einer nach dem Realprinzip unterteilten Ministerialorganisation (zum Vergleich Preußen: 1809/10 Schuldepartment im Innenministerium, 1817 eigenständiges Ministerium). Das dänische Kultusministerium blieb aber auf das Königreich beschränkt (vgl. Petersen N. 1984). Parallel dazu hatte die provisorische Regierungsorganisation für Schleswig-Holstein während des Drei-Jahres-Krieges (1848 bis 1851) ein Ministerium für geistliche und Unterrichtsangelegenheiten vorgesehen (vgl. Decker A. 1848a; Kirchhoff 1848a; Steiniger 1983). Mit der Wiedereinsetzung der dänischen Oberherrschaft war jedoch die kurze Karriere dieses Ministeriums beendet und an seine Stelle traten die wieder nach Territorialprinzip angelegten Kopenhagener Ministerien für Schleswig (ab 1851) und Holstein-Lauenburg (ab 1852). Insbesondere die Schulabteilung des Schleswig-Ministeriums entfaltete unter Leitung A. Regenburgs die wohl größte Regelungsdichte zentralgelenkter Schulaufsicht in dänischer Zeit (vgl. zusammenfassend Hjelholt 1978; Petersen H.F. 1936; Ravn L.S. 1971). Mit preußischer Übernahme ging die oberste Schulaufsicht an das preußische Ministerium für geistliche, Medizinal- und Unterrichtsangelegenheiten in Berlin über und verblieb dort im Prinzip bis zum Ende des Berichtszeitraums. Nur während der nach 1933 erfolgten Einschränkung der Kulturhoheit der Länder stand darüber noch das einschlägige Reichsministerium (vgl. zusammenfassend Nevermann 1982).

Bis zur preußischen Zeit hatten die Oberbehörden eine heute undenkbare dreifache Funktion: sie setzten das Recht, sie verwalteten es und waren in Streitfällen Gericht (das alles natürlich im Rahmen der gerade in Schulsachen häufig ausgeübten königlichen Oberaufsicht). Eine schulhistorisch bedeutsame parlamentarische Begrenzung der von der Kanzlei namens des Königs ausgeübten Rechtsmacht gab es nicht. Der schleswig-holsteinische Landtag (eine Vertretung der Ritterschaft, der Geistlichkeit und der Städte) tagte bis 1675, danach gab es bis zur Einrichtung der Provinzialstände 1834 nur noch ständische Versammlungen und Deputationen; sie alle haben keinen erkennbaren Einfluß auf das Schulwesen genommen. Die bis 1864 aktiven Provinzialständeversammlungen für Schleswig und Holstein (unter eng begrenztem Wahlrecht gewählte Abgeordnete) hatten zwar kein Mitbestimmungsrecht, aber als Foren für die Artikulation von Interessen insbesondere im Zusammenhang mit dem Sprachenstreit enorme öffentliche und politische Bedeutung und sich in diesem Kontext mehrfach mit Schulangelegenheiten befaßt (Beispiele in Hansen H. 1917; Hjelholt 1923, 1978; Thießen 1990). Die protokollierende Ständezeitung berichtet ausführlich darüber und ist eine bislang kaum ausgeschöpfte schulgeschichtliche Quelle ersten Ranges. Die umstrittene Landesversammlung der Erhebung (1848 1850) hat an einem Schulgesetz gearbeitet, es aber nicht mehr in Kraft setzen können. Bis 1834 war die Verwaltung schließlich zugleich Gericht, die Verwaltungshierarchie Instanzenzug für Rechtsstreitigkeiten, erst dann traten beide Aufgaben wenigstens für die Oberbehörden auseinander. Die preußische Schulverwaltung war dann wie jede andere Landesbehörde den jeweiligen parlamentarischen Institutionen verantwortlich und wie die übrigen Behörden vom Gerichtswesen getrennt und dessen Spruchhoheit unterworfen.

Als Mittelbehörde fungierten die Statthalter des Königs und die verschiedenen Verwaltungen der Herzogtümer, Grafschaften usw., die alle mit ihren wechselnden Bezeichnungen und Zuständigkeiten hier aufzuführen unmöglich ist (vgl. zusammenfassend Krüger K. 1983; Steiniger 1983). Schulgeschichtlich bedeutend waren besonders die folgenden Behörden: Für den Verwaltungs- und Rechtsverkehr wurde 1648 in Flensburg ein Obergericht eingesetzt, das 1649 nach Glückstadt verlegt und dessen Zuständigkeit 1713 - mit Einrichtung eines zweiten Obergerichts für Schleswig auf Gottorf - auf den holsteinischen Anteil begrenzt wurde. Mit der Verfassungs- und Verwaltungsreform von 1834 gingen die Verwaltungskompetenzen der Obergerichte auf die gemeinsame schleswig-holsteinische Regierung auf Gottorf als neue Mittelbehörde über. Sie amtierte bis 1848, wurde dann während des Krieges (1848 - 1851) zunächst durch die Provisorische (1848), dann durch die Gemeinsame Regierung (1848/49) sowie schließlich eine Statthalterschaft (1849/51) als entscheidende Ober- bzw. Mittelinstanzen abgelöst. Nach Auflösung der Kanzleien und Wiedereinführung dänischer Oberherrschaft ging die Zuständigkeit über zu den nur zeit- und teilweise in den Herzogtümern angesiedelten Schulabteilungen der Ministerien für Schleswig (ab 1851) und Holstein/Lauenburg (ab 1852). Daneben wirkten späterhin als Mittelinstanzen u.a. die Holsteinisch-Lauenburgische Regierung zu Plön (1862/64) bzw. die Herzogliche Regierung zu Kiel (1864) sowie verschiedene Statthalterschaften und andere Zwischeninstanzen, bis - nach Interim österreich-preußischer Statthalterschaften 1864/66 - schließlich ab 1868 die preußische Verwaltungsstruktur realisiert wurde, bei der eine Abteilung des Regierungspräsidiums für das Elementarschulwesen und ein Provinzialschulkollegium für das höhere Schulwesen als Mittelinstanz zuständig war (vgl. Franz W. 1958/59; Friedland/Jürgensen 1977; Hauser 1967; Steiniger 1983).

Unterhalb der Mittelinstanzen waren als Verwaltungseinheiten die Landschaften (traditionell privilegierte Gebiete) und Ämter (staatliche Verwaltungsdistrikte) angesiedelt, die in Holstein in Kirchspiele, in Schleswig in Harden gegliedert waren. Daneben gab es als Verwaltungseinheiten die normalerweise amtsfreien Städte und Flecken, die Güter und Klöster (die ggf. bezogen auf die Mittelbehörden exemt, d.h. unmittelbar der oberen Behörde unterstellt waren) sowie schließlich einige andere Gebiete mit Sonderstatus (wie z.B. die sogenannten oktroyierten Köge an der Westküste). Für die untere Schulaufsicht wirkte in dänischer Zeit in der Regel die zivile Verwaltungsleitung (z.B. Amtmann, Magistrat) mit dem jeweiligen Propsten als Visitatoren zusammen. Zudem bildeten sich in den Städten in gleicher Koppelung ziviler und kirchlicher Instanzen Schulinspektorate oder vergleichbare Gremien, z.T. unter Beteiligung ausgewählter Bürgervertreter. Erst die preußische Verwaltung setzte an Stelle der komplexen Vermischung unterschiedlicher Verwaltungsinstitute die einheitliche Gliederung in Kreise bzw. Städte, deren Verwaltungen dann auch die untere Schulaufsicht übertragen wurde. Für die Schulentwicklung waren alle diese Instanzen meist insofern bedeutsam, als sie für die Abwicklung äußerer Schulangelegenheiten, also Schulbau, ausstattung und unterhalt, sowie für die Lehrerbesoldung und Dienstaufsicht mitverantwortlich waren. Aus dieser Verantwortung erwuchs jedoch häufig schulpolitisches Engagement (etwa wenn es um Erhalt oder Einrichtung höherer Schulformen am Ort ging; Beispiele z.B. bei Mähl 1960; Thießen 1990).

Parallel zu den zivilen Behörden stand die kirchliche Verwaltung. Ihre höchste Instanz unterhalb des Königs als oberstem Kirchenherrn waren die Bischöfe, später Generalsuperintendenten, die meist für Schleswig und Holstein getrennt eingesetzt wurden (vgl. zusammenfassend Carstens C.E. 1889; Krüger K. 1983; bedeutende Ausnahme: J.G.C. Adler, der von 1807 bis 1834 für beide Herzogtümer amtierte). Wie bei den zivilen Behörden schwankte der Umfang der regionalen Zuständigkeit ständig, blieben einzelne Gebiete zeitweise, andere dauerhaft von ihrer Oberherrschaft ausgenommen (wie etwa in Holstein bis 1817 Norderdithmarschen und noch darüber hinaus Altona, Kiel, die Herrrschaft Pinneberg, die Grafschaft Rantzau sowie im Herzogtum Schleswig die den Bischöfen in Ripen, Odense und auf Alsen zugeordneten Kirchspiele). Solange Schul- als Kirchensachen angesehen wurden und das wurden sie praktisch von der Reformation bis in das frühe 19. Jahrhundert -, solange waren die Generalsuperintendenten durch ihr Amt gleichzeitig auch eine Art Landesschuldirektor, verantwortlich für die Grundsatzentscheidungen und wichtigste Instanz der Dienst- und Fachaufsicht. Da es zudem unter den schleswig-holsteinischen Generalsuperindendenten von Stephan Klotz im 17. bis zu Adler, Hertzbruch oder Kaftan im 19. Jahrhundert viele engagierte Schulreformer gegeben hat (vgl. zusammenfassend Carstens C.E. 1889), hat die kirchliche Schulaufsicht den Gang der Schulentwicklung entscheidend mitgestaltet.

Die Generalsuperintendenten bildeten nebst einem oder zwei weiteren beigeordneten Geistlichen gemeinsam mit dem jeweiligen Obergericht ein Oberkonsistorium als oberste Verwaltungs- und Gerichtsinstanz in allen kirchlichen, Armen- und Schulsachen, damit auch für die Aufsicht über Lehrer. Die damit verbundenen Verwaltungsaufgaben gingen 1834 an die neugebildete schleswig-holsteinische Regierung auf Gottorf (mit zwei geistlichen Beigeordneten, von denen einer meist einer der Generalsuperintendenten war) und deren Nachfolger über.

Unterhalb der Generalsuperintendenten waren die Superintendenten oder - wie allgemein als Bezeichnung üblich wurde - die Pröpste angesiedelt. Propsteien gab es in Schleswig für Apenrade, Bredtstedt (1812 zu Husum), Eiderstedt, Fehmarn, Flensburg, Gottorf, Hadersleben, Hütten, Husum, Lügumkloster (1738 zu Apenrade), Sonderburg und Tondern. Davon ausgenommen und direkt dem Generalsuperintendenten unterstellt waren Friedrichstadt und Friedrichsort sowie die adligen Distrikte im Dänischen Wohld, in Schwansen und Angeln. In Holstein bestanden Propsteien für Plön, Norderdithmarschen, Rantzau, Süderdithmarschen und Stormarn sowie für Kiel, Münsterdorf, Oldenburg, Rendsburg, Segeberg und Pinneberg/Altona jeweils unter Einschluß benachbarter adliger Kirchen und Güter. Auf Propsteiebene fungierte der Propst gemeinsam mit zivilen Beigeordneten als Unterkonsistorium. Während in Holstein die Unterkonsistorien und das Oberkonsistorium auch in zivilen Angelegenheiten für Lehrer zuständig waren, unterlagen sie in Schleswig in solchen Fragen den normalen Verwaltungsinstanzen. Die Propsteien wiederum waren in Kirchspiele gegliedert, die meist von einem, in größeren Flecken und den Städten von zwei und mehr Geistlichen versorgt wurden. Seit der Allgemeinen Schulordnung waren die Kirchspiele in der Regel auch formell zugleich Schuldistrikte, die eine Distrikts- und ggf. weitere Nebenschulen zu unterhalten hatten (Unterteilungen bei großen, Zusammenlegungen bei kleinen Kirchspielen waren möglich). Je nach Rechtsstatus der einbefaßten Gemeinden hatten die Distriktseinwohner oder ihre Patronate einen Einfluß bei der Auswahl und Besoldung der Lehrer. Die Dienst- und Fachaufsicht oblag jedoch in der Regel dem Ortspastor und dem Propst bzw. Unterkonsistorium.

Bis zur offiziellen Säkularisierung der Schulaufsicht 1872, faktisch noch lange darüber hinaus waren die Ortsgeistlichen daher für die Elementarschule die wichtigsten Aufsichtsbeamten und für die Lehrer die entscheidenden Dienstvorgesetzten. Höhere Schulen unterlagen dagegen ihrer herausgehobenen Stellung wegen neben der kommunalen Aufsicht durch die Schulkollegien (gleichfalls gemischt kommunal/kirchlich besetzt) stärker den oberen Aufsichtsbehörden, also der Kanzlei, dem Oberkonsistorium bzw. später der Gottorfer Regierung (der ein spezieller Beauftragter für höhere Schulen beigeordnet war) bzw. noch später dem Oberschulkollegium, die sich z.B. durchweg Entscheidungen über Lehrereinstellungen und Schulgestaltung vorbehalten hatten.

Auf der Ebene der Generalsuperintendenturen bzw. der Propsteien gab es zeitweise (mit wenigen Jahren Abstand bis ins 18., nur vereinzelt im 19. Jahrhundert) Synoden, auch Kalanden (Verbrüderung) genannte Zusammenkünfte der Pastoren des jeweiligen Sprengels. Sie haben folgt man J.C. Jessens (1860) bekannter Darstellung - häufig die Initiative für Schulverbesserungen ergriffen. Eine aktenkundige Geschichte der schulbezogenen Aktivitäten dieser Gremien ist nicht auffindbar gewesen.

Bis in das frühe 19. Jahrhundert ist für die Herzogtümer die Unterscheidung zwischen kirchlichen und zivilen Behörden etwas künstlich: Schulen ressortierten in der Regel unter Kirchensachen. Das zentrale Verwaltungsmittel war die Visitation, die je nach Ebene mindestens monatlich (Besuche durch Ortsgeistlichen, Schulkollegiumsmitglieder u.ä.), jährlich (sogenannte Spezialvisitation durch Propst, Unterkonsistorium) oder jedes zweite bzw. dritte Jahr (sogenannte Generalvisitation durch den Generalsuperintendenten) vorzunehmen war. Anläßlich der Generalvisitationen, die sich in der Regel auf Kirchen-, Armen- und Schulwesen zugleich bezogen, hatten alle an der Schule Beteiligten (so sie konnten: schriftlich) einzuberichten, wurden ggf. Streitfragen besprochen, eine öffentliche Musterlektion abgenommen und die Schülerinnen und Schüler examiniert. Was die Obrigkeit über ihre Schulen wußte, wußte sie normalerweise auf Grundlage der sehr sorgfältig geführten, bei der nächsthöheren Behörde vorzulegenden Visitationsberichte, die dann auch regelmäßig bei gegebenem Anlaß zu entsprechenden Verfügungen, klarstellenden Schreiben etc. führten. Wenn außerhalb der Visitationsverfahren etwas zu regulieren war, wurden entsprechend der Aufgabenverteilung der Ortsgeistliche, der Propst oder (wenn es z.B. um materielle Dinge ging) das gesamte Unterkonsistorium bzw. andere betroffene Obrigkeiten zur Stellungnahme veranlaßt und auf dieser Grundlage je Einzelfall eine Entscheidung verfügt. Die Entscheidungsfindung war meist alleinige Angelegenheit des Generalsuperintendenten bzw. des Oberkonsistoriums, konnte aber auch - wenn einer der Beteiligten das für opportun hielt - der Kanzlei vorgelegt werden. Eine sachliche oder andersartige Gliederung der Zuständigkeiten gab es dafür nicht.

Diese Rangfolge geriet ins Wanken, je mehr sich die Zentralverwaltung in Schulsachen engagierte und damit von einer bloß aufsichtsführenden zur initiativen Behörde wurde. Das begann im späten 18. Jahrhundert damit, daß die Verwaltung eigene Umfragen zum Stand der Schulversorgung durchführte und - zunächst nur für Dänemark - gemischte Kommissionen (aus Kirchen- und Zivilbeamten sowie unabhängigen Experten) berief, denen die Vorbereitung neuer Schulordnungen übertragen wurde (vgl. insbes. Markussen 1988). Um 1785 wurde beispielsweise in den Herzogtümern die kirchliche Schulaufsicht ausgerechnet bei einem so sensiblen Thema wie der Einführung eines neuen Katechismus überstimmt (vgl. Paulsen H.H. 1936, 161ff.). Der massivste Eingriff in diesem Sinne war in den Herzogtümern die Berufung der Kommission für die Verbreitung des wechselseitigen Unterrichts (1820), der zwar bis zu ihrer Auflösung (1849) immer auch ein geistliches Mitglied angehörte, die aber den Weisungen der Kirchenverwaltung nicht unterworfen war (vgl. Hopmann 1990). Für die Gymnasien beanspruchte gleiche Unabhängigkeit der der Gottorfer Regierung ab 1834 angegliederte Beigeordnete für die höhere Schulen (vgl. Elkar 1978 ; Lübker 1864; Nitzsch 1849).

Die Jahre zwischen 1840 und 1850 waren dann - wie in Dänemark und Preußen - von einer intensiven Diskussion über das Verhältnis von Kirche und Schule geprägt (vgl. z.B. Decker A. 1848b; Goosmann 1848; Kühner 1842, 1843; Lilie 1843; Nissen J. 1848a; zusammenfassend: Thyssen 1977). Schulgesetzentwürfe dieser Zeit sahen die Säkularisierung und Verfachlichung der Schulaufsicht vor, die letztendlich erst preußisches bzw. Weimarer Recht verbindlich machte (vgl. Entwurf eines allgemeinen Unterrichtsgesetzes für die Herzogthümer Schleswig-Holstein, vorgelegt von der am 2. October 1848 in Kiel zu der Entwerfung desselben gewählten Commission 1849; Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Leitung des Unterrichts- und Bildungswesens für die Herzogthümer Schleswig-Holstein 1851; sowie: Asmussen J. 1849a, 1850; Kirchhoff 1848; Langfeldt 1849a; Mensing 1849; Trede 1849b; zum Lauenburger Schulrecht: Koopmann W.H. 1850).

Die Logik des Nationalitätenkampfes (Sprachen- als Schulstreit) führte ab 1848 zur Abkoppelung von der bis dahin weitgehend parallel verlaufenden Schulverwaltungs- und Rechtsentwicklung im Königreich Dänemark, die den Schulen spätestens ab dem Schulgesetz von 1855 immer mehr Freiheiten verschaffte (z.B. die Entwicklung der freien Schulen ermöglichte; vgl. zusammenfassend Bodenstein 1982). Stattdessen war die Verwaltung in den Herzogtümern bemüht, ihre Kontrolle über die Schulen und jeglichen Privatunterricht so weit auszudehnen, daß alle "anti-dänischen" Bestrebungen unterbunden werden konnten (vgl. Bonde 1955; Bracker 1966; Galster 1946; Hjelholt 1923; Hjelholt 1978; Madsen 1945; Petersen H.F. 1936; Ravn L.S. 1971). Gerade diese mit einer stärkeren Zentralisierung der Oberaufsicht (in den Kopenhagener Ministerien) einhergehende Abkoppelung förderte eine gewiß unbeabsichtigte Angleichung der Herzogtümer an preußische Verwaltungsstrukturen, so daß der Verwaltungswechsel 1864/66 sich weitgehend problemfrei vollziehen konnte (vgl. zusammenfassend Hopmann/Haft 1988).

Daß sich mit der preußischen Übernahme und der dortigen Rechtsentwicklung die Stellung der geistlichen Schulaufsicht grundsätzlich ändern könnte, wurde in der Provinz rasch erkannt (vgl. Andersen P.F. 1872), zumal die preußische Übernahme auch in übriger Hinsicht eine Angleichung an die preußisch-deutsche Rechtsentwicklung brachte (Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung, einheitlicher Verwaltungsaufbau, Realgliederung der Verwaltungsaufgaben durch Zuständigkeitsbereiche). Die gängigen preußischen Verwaltungsmittel waren nicht mehr die Patronageverhältnissen nachgebildete Kontrolle durch persönliche Inaugenscheinnahme (Visitation) und Ansprache, sondern ein durchgängig standardisiertes und formatiertes Berichts- und Eingabesystem, das Handlungsanlässe und -formen eindeutig kodifizierte (vgl. zur preußischen Verwaltung der Provinz Schleswig-Holstein u.a. Franz W. 1958/59; Hauser 1967; Prall 1932, 1933; Pretzel 1909; Schneider/Bremen 1886/87; zusammenfassend Friedland/ Jürgensen 1977; Grunwald 1971; Steiniger 1983). Auch darin behielten Kirchenmänner - wie der spätere Schleswiger Generalsuperintendent Kaftan - häufig eine herausragende Bedeutung, nun aber nicht mehr kraft kirchlicher, sondern kraft ziviler Ämter bzw. Beauftragung (vgl. Göbell 1949/50; Kaftan 1924; Ramm 1989; Tonnesen 1959). Fallbezogene oder personennahe Geschichten aus der Schulverwaltung dieser Jahre (wie z.B. Bruhn E. 1905) sind freilich selten.

Neben der allgemeinen hat es seit Mitte des 19. Jahrhunderts auch spezialisierte Schulaufsichten für die Minderheiten gegeben. Meist sah diese Aufsicht ihre Hauptaufgabe leider darin, das jeweilige Minderheitenschulwesen zu behindern, wenn nicht gar zu zerstören (wie 1851 bis 1864 die dänische, danach die preußische Verwaltung; vgl. Bracker 1966; Hjelholt 1923, 1978; Japsen 1983; Ravn L.S. 1966, 1968a, 1971, 1976, 1978, 1980, 1981). Erst nach 1945 wurde aus dem administrativen Gegeneinander schrittweise ein vorsichtiges Miteinander, das heute auf beiden Seiten der Grenze eine spezielle Aufgabenstellung der Minderheitenschulen anerkennt (vgl. Biehl 1960; Kochansky/Bodenstein 1988; Christensen H.J. 1945).

2. Quellen und Hilfsmittel zur schleswig-holsteinischen Schulgeschichte

Die große Zahl der in dieser Bibliographie erfaßten Titel zeigt den Umfang der bisher geleisteten Forschungsarbeit. Die hier nachgewiesenen Titel können systematische Hilfestellungen bieten, Informationen vermitteln und Hinweise auf Forschungslücken geben. Weniger leisten sie bei der Erschließung weiterführender Literatur, im Nachweis der relevanten Archive, Rechtsverordnungen und statistischen Materialien. Wichtig ist zudem oft, themenrelevante Zeitungen und Zeitschriften auszuwerten. Für alle diese, in der schulgeschichtlichen Literatur meist vorausgesetzten, aber nicht näher erläuterten Quellen und Hilfsmittel sind geeignete Einführungen in den Bibliographien im Anhang aufgeführt. Die meisten der dort angeführten Hilfsmittel sind problemlos über schleswig-holsteinische Bibliotheken zu beschaffen. Das gilt natürlich auch für die Bibliotheken in Nordschleswig.

2.1 Bibliographien

Die hier vorgelegte Bibliographie ist natürlich nicht ohne Vorläufer, nimmt jedoch die Daten aller zugänglichen Vorgänger - soweit sie geprüft werden konnten - auf. Die jüngste Bibliographie ist die von Lorenzen-Schmidt 1981, die mit über fünfhundert Titeln als Einzelveröffentlichung eine imposante Leistung darstellt. Da jedoch einige der Angaben sich als ungenau oder falsch erwiesen haben, ist dieses Literaturverzeichnis wohl nur noch begrenzt sinnvoll nutzbar. Entsprechendes gilt für die beiden von Grönhoff (1940, 1954) zusammengestellten Quellen- und Literaturverzeichnisse, die vor allem Literatur und weniger Quellen nachweisen. Sie sind freilich beide immer noch nützlich, weil sie über die bibliographischen Daten hinaus knappe Inhaltsangaben bzw. Kommentare bieten.

Johannes Grönhoff ist zweifelsohne eine der überragenden Persönlichkeiten in der schleswig-holsteinischen Schulgeschichtsschreibung in unserem Jahrhundert, in dessen (in der allgemeinen Bibliographie angeführten) zahlreichen Schriften zu fast allen schulgeschichtlichen Themen Materialien und bibliographische Hinweise zu finden sind. Der andere überragende und in der Literatur noch viel häufiger erwähnte Schulgeschichtler ist Thomas Otto Achelis, von dem wir für unsere Zwecke mehr als siebzig Titel aufgenommen haben. Von ihm selbst zusammengestellt gibt es eine Teilbibliographie (Achelis 1960), in der er Dutzende weitere Titel aufführt, von denen die meisten nur engbegrenzte Wiedergaben einzelner Daten und Befunde aus der Personen- und Standesgeschichte sind. Besonders für diejenigen, die unter genealogischen und biographischen Aspekten Schule untersuchen wollen oder sich lokal besonders auf nordschleswigsche Schulen beziehen, lohnt sich eine Durchsicht der Achelischen Schriften.

Nun sind speziell schulhistorische Gesamtbibliographien wie die von Grönhoff oder die hier vorgelegte selten. Fast alle im Anhang (2.8.1, 2.8.2) angeführten Einrichtungen haben zwar aufbauend auf ihre Bestandskataloge oder auf eigenständige bibliographische Recherche Nachschlagewerke oder Dateien zur Literatur über Schleswig-Holstein in den hier zugrundegelegten Grenzen, diese Register sind aber durchweg nicht spezifisch auf Bildungs- oder Schulgeschiche ausgerichtet und bestenfalls partiell mit für diesen Zweck geeigneten Stichwortregistern ausgestattet. An den bibliographierten Titeln allein - mehr wird meist nicht erfaßt - läßt sich nun keineswegs immer erkennen, ob eine Schrift einen einschlägig relevanten Inhalt hat oder nicht. Was einschlägig ist, hängt ja auch sehr von der Themenwahl ab: Die für eine Lokalgeschichte wichtige verwandtschaftliche Einbindung eines Lehrers in die Ortsgemeinde ist für seinen Beitrag zur Didaktikgeschichte wahrscheinlich eher unbedeutend. Unsere bibliographische Auswertung hat hier einen engen Begriff zugrundegelegt. Wir haben nur das erfaßt, was offenkundig in unser Ressort gehörte. Das kann und soll den Blick auf Literatur in Grenzbereichen nicht versperren. Beispielsweise wird niemand, der sich mit schleswig-holsteinischen Themen beschäftigt, an der Zeitschrift für schleswig-holsteinische Geschichte vorbeigehen können. Die als Ergänzungsbände zur Zeitschrift erscheinenden Bibliographien zur schleswig-holsteinischen Geschichte und Landeskunde sind für die hier vorgelegte Zusammenstellung bis 1992 ausgewertet und alle explizit schulgeschichtlichen Titel übernommen worden. Trotzdem bleiben die Bibliographien zur schleswig-holsteinischen Geschichte und Landeskunde und die Zeitschrift weitergehend nützliche Hilfsmittel, wenn beispielsweise zu bestimmten Themen Hintergrundmaterial benötigt wird oder wenn Nebenzweige der historischen Entwicklung betrachtet werden sollen. Außerdem bieten sie sich in Zukunft natürlich zur Aktualisierung unserer Bibliographie an. In diesem Zusammenhang ist auch die Bibliographie zu nennen, die im Rundbrief des Arbeitskreises für Wirtschafts- und Sozialgeschichte Schleswig-Holsteins regelmäßig veröffentlicht wird und ebenfalls eigene Nachweise für den bildungsgeschichtlichen Bereich enthält.

Eine der Årsbibliografi in den dänischen Jahrbüchern für Schulgeschichte (Årbøger for Dansk Skolehistorie; seit 1984: Uddannelseshistorie) vergleichbare regelmäßige Zusammenstellung schulhistorischer Literatur gibt es für unser Gebiet leider nicht. Ein Blick in diese Årsbibliografi sollte nicht unterbleiben, wenn schleswigsche Schulgeschichte Untersuchungsgebiet ist und/oder wenn Vergleiche zu dänischen Entwicklungen bzw. Untersuchungen zu gegenseitigen Einflüssen angestellt werden sollen. Entsprechendes gilt für die allgemeinen schulgeschichtlichen Bibliographien zu Dänemark (Bonde 1957/59; Markussen 1972/74; Qvistgaard/Markussen 1984) und denen, die Literatur zu speziellen Schulformen nachweisen (Nørr 1980; Tuxen/Tuxen 1978). Umfangreiche dänische Bibliographien wurden im übrigen bereits im 19. Jahrhundert zusammengestellt (Rugaard 1847; Thomassen 1896) und können heute noch für bibliographische Überprüfungen dienen.

Wer neben dem Blick auf Dänemark auch andere skandinavische Länder einbeziehen will, findet bei Fraser/Fraser 1973 einen leichten Einstieg, wenn auch dieses Verzeichnis keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, nur englischsprachige Literatur nachweist und zudem übert 20 Jahre alt ist. Es empfiehlt sich, die National- und historischen Bibliographien der entsprechenden Länder auf jeden Fall zu Rate zu ziehen. An der Kieler Universität sowie in den im Anhang aufgeführten nordschleswigschen und dänischen Einrichtungen (2.8.2, 2.8.3) gibt es darüber hinaus eine Reihe allgemeinpädagogischer bzw. historischer Spezialbibliographien, die in unterschiedlicher Erschließung (von Dänemark in den heutigen Grenzen bis zu den ganzen Norden einbeziehenden Registern) weitere Materialien aufführen. Die umfassendste Sammlung dazu gibt es vermutlich in Danmarks Pædagogiske Bibliotek in Kopenhagen, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei gezielten Anfragen (auch auf Deutsch möglich) gern auch Auskunft geben. Die dänische Zentralbibliothek in Flensburg ist an den innerdänischen Bibliothekenverkehr angeschlossen und auf diesem Weg können daher fast alle aus dem skandinavischen Raum gewünschten Titel ohne die Umständlichkeiten der Fernleihe in recht kurzer Zeit ermitteltn und beschafft werden. Das gilt auch - für historisches Arbeiten besonders wichtig - für Literaturrecherchen und Ausleihen aus den historischen Buchbeständen in der Königlichen Bibliothek bzw. der Dänischen Pädagogischen Bibliothek an der Lehrerhochschule.

Soll als Vergleichsrahmen Deutschland in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen dienen, bieten sich weitere Bibliographien an. Zwar ist die von Friederich/Herrmann 1977 zusammengestellte Bibliographie fast ebenso alt wie die von Fraser/Fraser, stellt aber ein sehr umfangreiches und zumeist zuverlässiges Hilfsmittel für die Erschließung der bis dahin erschienenen Literatur dar. Ergänzend für den Elementarschulunterricht in Norddeutschland kann die Sammlung von Heinemann 1984 herangezogen werden. Die fast unüberschaubar gewordene Literatur zu Spezialgebieten der preußischen Schulgeschichte ist in einer Reihe von Themen- und Epochenbibliographien ausgewiesen; ergänzend gibt es sehr umfangreiche Sammelbibliographien zur Schul-, Bildungs- bzw. Sozialgeschichte des deutschsprachigen Raums (wie z.B. Böhme/Tenorth 1990; Dzambo 1987; Herrmann/ Renftle/Roth 1987; Wehler 1976, 1993;vgl. 2.7.2). Auch hier gilt, daß es in den im Anhang (2.8.1) aufgeführten Einrichtungen eine Reihe von allgemeinen und Fachbibliographien zu angrenzenden Themenstellungen bzw. Bereichen gibt, die je nach Interesse mitberücksichtigt werden sollten. Sehr nützlich aufgrund der mitgegebenen Inhaltsangaben können im übrigen auch hier wie für Dänemark die im 19. Jahrhundert publizierten Bibliographien sein. Das gilt beispielsweise für die bis heute unerreichte, vierbändige Bibliographie von Kehrbach (1896, 1897, 1902, 1903) und ähnlich für das die pädagogische Diskussion im 19. Jahrhundert bilanzierende Verzeichnis von Petersilie 1897, das Nachweise zur europäischen und deutschen Literatur für das gesamte 19. Jahrhundert enthält.

Schließlich gibt es noch zahlreiche im 19. Jahrhundert in bzw. für Schleswig-Holstein entstandene bibliographische Hilfsmittel, über die man auf keinen Fall leichtfertig hinweggehen sollte. Wenn sich auch mitunter Fehler finden, so bieten diese Bibliographien doch weitergehende Informationen, die nicht alle hier aufgenommen werden konnten, da Schulgeschichte im eigentlichen Sinne dort meist nur am Rande berührt wird. Wer z.B. biographische Informationen erhalten möchte, kommt am Lexikon der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller (Alberti 1867/1868, 1885/1886) und dem gleichnamigen Vorläufer von Lübker/Schröder (1828/1830) nicht vorbei. Die in unserem Sinne pädagogische Diskussion fand unter den hier verzeichneten "Schriftstellern" statt - denn darunter wurden alle Personen verstanden, die etwas publizierten, also z.B. auch Fachwissenschaftler, Pädagogen, Pastoren, überhaupt und vor allem Kirchenmänner. Beide Lexika verzeichnen deren Lebensdaten und Schriften und sind auf jeden Fall wertvoll für die Ergänzung und Überprüfung der literarischen Produktion verschiedener Agenten im wissenschaftlichen Diskurs des 19. Jahrhunderts. Wie bei der Benutzung dieser Lexika so gilt auch bei Witt (1899, 1913), daß Schulgeschichte immer auch Kirchengeschichte war; auch in seinem Quellenverzeichnis finden sich daher zahlreiche Hinweise auf Schulmaterialien. Es empfiehlt sich darüber hinaus in diesem Zusammenhang auch die gängigen biographischen Hilfsmittel zu nutzen, die für Dänemark bzw. Schleswig-Holstein seit dem 19. Jahrhundert in großer Zahl publiziert wurden wie etwa das in mehreren Auflagen erschienene Dansk Biografisk Lexikon oder das Schleswig-holsteinische biographische Lexikon, da diese in der Regel auch Hinweise auf Publikationen der aufgenommenen Personen enthalten (vgl. auch 2.5).

Noch aus der Zeit der Jahrhundertwende stammt der umfangreiche Katalog der Probst Carstens-Bibliothek (1903). Dieser verzeichnet die in der Seminarbibliothek zu Tondern damals vorhandenen Bücher. Die Bibliothek ist demnach wohl eine der für unser Thema best sortierten Bibliotheken aller Zeiten gewesen und die Bibliographie weist zahlreiche Titel nach, die teilweise nicht mehr beschafft werden konnten und auch im Bestand des ehemaligen Tonderner Seminars nicht mehr nachweisbar waren. Aus dem Tonderner Seminar gab es darüber hinaus zwei Spezialbibliographien (Lampe 1966; Tybjerg 1988), die aber nicht mehr Literatur verzeichnen, als auch von uns aufgeführt wird. Mit der Auflösung des Tonderner Seminars sind soweit uns bekannt die Bestände zum Teil nach Hadersleben verlagert worden, zum Teil an andere Bibliotheken (darunter auch die Dänische Zentralbibliothek in Flensburg) weitergegeben worden. Leider keine Bibliographie gibt es zu den Beständen der Schulgeschichtlichen Sammlung an der ehemaligen Pädagogischen Hochschule in Kiel. Diese können nur in der Bibliothek selbst anhand einer Zettelregistratur erschlossen werden. Die geringe Förderung, die die Tonderner und Kieler schulgeschichtlichen Sammlungen bis heute erhalten haben, zeigt leider überdeutlich, wie wenig auf die Bestandssicherung des schulgeschichtlichen Erbes bisher Wert gelegt wurde.

Wertvolle Bibliographien liegen schließlich zu einzelnen Schulen (neben den in Achelis 1960 nachgewiesenen u.a. Christensen 1948, 1950 zur Katedralskole Hadersleben; Müller 1882 zum Bestand der Kieler Gelehrtenschulbibliothek) und aus einzelnen Städten vor (wieder Achelis 1960 sowie z.B. zu Flensburg: Katalog der Flensburger Propstei-Bibliothek 1927; Stadtarchiv Flensburg 1978; Voigt 1937, 1988; zu Glückstadt: Kroehn 1970).

Die Übersicht über die heranziehbaren Bibliographien zeigt die Schwierigkeit, schulgeschichtliche Literatur zu erschließen. Die überwiegende Zahl der schulgeschichtlich spezialisierten Verzeichnisse stammt aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, ist zwar noch nutzbringend anwendbar, aber eben ohne Nachweismöglichkeiten neuerer Literatur. Zum anderen existiert eine Reihe von Bibliographien zu speziellen Orten, Themen oder Schulen, jedoch keine umfassende Zusammenstellung, die den Anspruch einer vollständigen Literaturerfassung erfüllen könnte. Die hier vorgelegte Bibliographie soll eben diese Lücke auffüllen.

2.2 Archive

Einen bequemen Einstieg in die für ein intensives Studium der Schulgeschichte immer notwendige Archivarbeit bietet Hoffmann G.E. (1954). Er zeigt, in welchen Schritten man sich in verschiedenen Fragen und Arbeitsstadien an die unterschiedlichen Archive wenden sollte. Eines seiner Beispiele für die Archivarbeit wählt er aus dem Bereich schulhistorischer Forschungen und führt vor, wie man sich ausgehend von lokalen Archiven (z.B. Schularchiv, Kirchenarchiv) über die umfassenderen (z.B. Propsteiarchive) zu den zentralen Archiven (Landesarchiv Schleswig, Reichsarchiv Kopenhagen) systematisch vorarbeiten kann. Unsere Darstellung will seine gelungene Einleitung nicht wiederholen, übernimmt jedoch einiges aus seinen Hinweisen.

In jedem Fall sollte zunächst auf örtlicher Ebene mit der Archivrecherche begonnen werden. In der Regel wird es das Interesse sein, die Verhältnisse einer bestimmten Schule, eines bestimmten Schulbezirks zu durchleuchten. Oft findet man in den Schulen selbst noch ein Archiv, das zwar nicht unbedingt diesen Namen führt, sondern im Lehrerzimmer einen mehr oder weniger unscheinbaren Platz einnimmt. Häufiger noch befinden sich die historischen Materialien im Besitz des Schulleiters bzw. der Schulleiterin oder einer anderen ehemaligen Lehrkraft, die sich der Aufgabe angenommen hat, die Schulchronik weiterzuführen. Sehr abhängig von dem Ehrgeiz, dem Geschick und dem Interesse der Personen, die mit der Chronistenpflicht betraut waren, sind diese Aufzeichnungen von besserer oder schlechterer Qualität. Nicht immer sind unter den Unterlagen, die in der Schule zu finden sind, auch Listen von Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern, Zeugniskopien und Rechnungen. Manchmal wird für die jüngere Zeit wenigstens - hier auch die Einsicht verweigert. Oft wird man zudem feststellen, daß in der Chronik die Jahre 1933 bis 1945 ganz oder teilweise fehlen. Sollte es im übrigen an der Schule keine Materialien mehr geben, muß das kein schlechtes Zeichen sein: Nachfragen im örtlichen Pastorat oder im (früheren) Rathaus können vielleicht klären, ob überhaupt etwas über den Verbleib einschlägiger Bestände bekannt ist und welche eventuell an übergeordnete Archive abgeliefert wurden. Manche Gemeinden, Ämter und Kreise unterhalten eigene kleine Archive bzw. Ablagen, manchmal gepflegt und umfangreich wie zur Zeit die Eckernförder Bestände, manchmal als noch unsortierte Sammlung von Dokumentenbündeln. Manche Kirchengemeinde oder Propstei unterhält schließlich neben den Landeskirchen ein eigenes Archiv.

Nach Möglichkeit sollte man auch die zentral archivierten Materialien der Mittel- und Oberbehörden auswerten. Bei Fragen der Schulaufsicht sind diese immer zu benutzen. Die wichtigsten Archive hierfür sind das dänische Reichsarchiv in Kopenhagen, das Landesarchiv in Schleswig, das Landesarchiv in Apenrade (für Nordschleswig/Sønderjylland), das Archiv der Nordelbischen Kirche in Kiel sowie die in einigen Kreisen bzw. größeren Städten angelegten Kreis- bzw. Stadtarchive. Hier ergeben sich allerdings in Schleswig und Holstein Probleme, die manch geplanten Forschungsansatz zum Scheitern bringen und auf jeden Fall größere Schwierigkeiten verursachen, als wenn man sich mit der Schule in anderen deutschen Gebieten beschäftigen würde, etwa in Bayern oder dem Rheinland. Das gilt besonders dann, wenn das 19. Jahrhundert und/oder das beginnende 20. Jahrhundert untersucht werden sollen.

Die Ursachen liegen vor allem in der Verwaltungsstruktur der Herzogtümer bzw. der späteren Provinz und ihrem politischen Schicksal zwischen Dänemark, dem Deutschem Bund, Österreich und Preußen. Gemessen an den Verwaltungsreformen Preußens und der Rheinbundstaaten hatten Dänemark und die Herzogtümer im 19. Jahrhundert eine anachronistische Verwaltungsstruktur (vgl. oben 1.5). Die dauerhafte Einrichtung einer Fachverwaltung gelang nur durch Binnendifferenzierung einer bestehenden Behörde, der Kanzlei, und auch nur für einen Teilbereich, die Gymnasien des Königreichs Dänemark. Im Rahmen der Reform der Kanzleiorganisation wurde 1800 die Zuständigkeit für Kirchen- und Schulangelegenheiten der Herzogtümer einem Departement als Abteilung der Deutschen Kanzlei zugeordnet, bis 1848 die Ablösung durch eine Ministerialverfassung nach Realprinzip erfolgte, die freilich schleswig-holsteinische Angelegenheiten ausklammerte, für die später eigene Ministerien eingerichtet wurden (für Schleswig 1851, für Holstein/Lauenburg 1852). Daneben waren in Bezug auf die Herzogtümer für Schulangelegenheiten die Generalsuperintendenten, die Oberkonsistorien in Glückstadt und Schleswig sowie ab 1834 verschiedene Regierungen als Mittelinstanzen zuständig. Ebenso gab es in preußischer Zeit eine Provinzialverwaltung unter Aufsicht Berliner Ministerien. Noch nicht berücksichtigt sind hierbei die Sonderbehörden für Lauenburg, alle neben der Verwaltung geführten Instanzen quasi-behördlichen Charakters wie die Eckernförder Kommission zur Verbreitung des wechselseitigen Unterrichts (1820 1849), die zum Teil mit über ihren Bezirk hinausgehenden Aufgaben betrauten Pröpste sowie die durch Sonderrechte herausgehobenen adligen oder anders exemten Schulherrschaften, bei deren Aktenbeständen Vorgänge abgelegt sein können, die die Bildungsgeschichte des gesamten Landes betreffen. Jede dieser Instanzen hatte und hat eine eigene Archivablage und darin kann im Prinzip jeder Vorgang archiviert sein, der aus systematischen oder zufälligen Gründen bei dieser Dienststelle oder ihrem Nachlaß landete.

Für die Arbeit im Landesarchiv sowie im Reichsarchiv bedeutet die lose Verwaltungsstruktur in Bildungsfragen, daß kaum gezielt nach Entscheidungen und den dazu führenden Vorarbeiten gesucht werden kann. Je nach Akteneinsicht muß rekonstruiert werden, wie der Verwaltungs-/Entscheidungsprozeß abgelaufen sein kann. Hinzu kommt, daß bei unklarer Kompetenzabgrenzung die bei Instanzensukzession unweigerliche Aktenbestandsübernahme nicht systematisch erfolgte, so daß sich zum Beispiel bezogen auf die gleiche Zeit Akten ziviler Behörden partiell bei den Superintendenturen, Konsistorialakten bei Zivilbehörden finden lassen. Analog sind Akten außerhalb der Verwaltungshierarchie angesiedelter Kommissionen teils eigenständig, teils bei den je nach Sachfrage übergeordneten Instanzen der Allgemeinen, der Bau- oder der Wehrverwaltung, teils direkt beim Königshaus bzw. regionalen Herrschaften, schließlich in Einzelfällen auch bei im Geschäftsgang beteiligten nachgeordneten Instanzen aufzufinden, die zum Teil aus erkennbaren, zeitgeschichtlichen Gründen (z.B. um Mitarbeiter nach Niederschlagung der Sezessionsbewegung zu schützen) Akten nicht nach Aktenplan abgeliefert haben. Diese Archivlage macht es schwer, Vorgängen zielgerecht nachzugehen.

Zu dieser Schwierigkeit gesellt sich eine zweite, die sich aus dem Wechsel der Oberhoheit in Schleswig, speziell im nordschleswigschen Raum ergibt. Zwar ist nach dem deutsch-dänischen Archivabkommen von 1933 das in den Zentralarchiven (damals: Kiel/jetzt: Schleswig sowie Apenrade/Kopenhagen) befindliche Material im Prinzip jeweils dorthin transferiert worden (teilweise nach heftigen Auseinandersetzungen), wo es heute staatsrechtlich hingehörte. Bei intensiver Beschäftigung mit archivalischem Material ist jedoch bald festzustellen, daß dem nur in der Theorie so ist. Wer süd- und nordschleswigsche Probleme bearbeitet, wird auf die Suche nach Materialien auf beiden Seiten der heutigen Grenze gehen müssen. Die Bestände zum Kirchspiel Bau etwa, auf die wir im Landesarchiv Schleswig stießen, gehören der Sache nach in das Landesarchiv für Sønderjylland in Apenrade. Solche Zufallsfunde werden häufig anzutreffen sein und sind als Funde erfreulich, geben aber gleichzeitig einen Hinweis darauf, daß in Schleswig erwartetes und gesuchtes Material sich in anderen Archiven mehr oder weniger korrekt ausgewiesen befinden kann. Vermutlich konnte die Aufteilung der Archivalien zwischen Dänemark und Schleswig-Holstein aufgrund der vorhandenen Bestandsverzeichnisse auch nie präzise gehandhabt werden.

Weiterhin ist bei Arbeiten im Landesarchiv Schleswig zu berücksichtigen, daß hier zwar das Provenienzprinzip herrscht, d.h. daß Akten nicht aus ihrem Entstehungszusammenhang gerissen werden, sondern die einer Behörde zusammenbleiben und im Archiv eine eigene Abteilung bilden, aber leider bedeutet das im Zusammenhang der schleswig-holsteinischen Schulgeschichte nicht, daß tatsächlich alles Material einer Behörde an einem Ort im Landesarchiv zu finden sein wird. Oft sind die Registraturen völlig unzureichend, verzeichnen nicht (mehr) vorhandene Bestände bzw. geben nur Teilbestände in der Akte an, während anderes in der jeweiligen Akte vorhandenes Material gar nicht in den Registraturen nachgewiesen wird. So entdeckten wir - um nur zwei Beispiele zu nennen - zufällig wichtige Eingaben der Eckernförder Kommission für den wechselseitigen Unterricht an die 1848 kurzzeitig amtierende Provisorische Regierung für die Herzogtümer ebenso bei den Beständen der sechzehn Jahre später wenige Monate amtierenden Herzoglichen Landesregierung für Holstein wie eine ebenfalls aus 1848 datierende Eingabe aus Apenrade betreffend die Errichtung einer Landesrealschule. Eine Akte zur polytechnischen Lehranstalt enthielt verschiedene Unterlagen zur Elementarschule aber keine zu einer polytechnischen Lehranstalt. Leider sind bei solchen Unklarheiten oft auch die Angestellten im Landesarchiv überfordert. Dieser Zustand zwingt dazu, systematisch sämtliches potentiell einschlägiges Material durchzusehen, da oft selbst die grob angegebene Themenstellung im Findbuch dem tatsächlichen Aktenbestand weder sachlich, noch regional oder zeitlich auch nur andeutungsweise entspricht. Eine Situation, die schnell mutlos machen kann, aber nicht zur Aufgabe verführen sollte, zumal es ja doch einige Hilfsmittel gibt, die Leitlinien an die Hand geben können.

Außer der schon erwähnten Einführung von Hoffmann G.E. (1954) ist ein weiteres Werk von ihm für jede Arbeit im Landesarchiv unverzichtbar, nämlich die von ihm u. a. zusammengestellte Übersicht über die Bestände des Schleswig-Holsteinischen Landesarchivs in Schleswig (Hoffmann/Suhr/Hector 1953). In dieser Bestandsübersicht finden sich erste Anhaltspunkte hinsichtlich der Ablageorganisation im Archiv und darauf, in welchen Abteilungen (Instanzen, Handschriftensammlungen, topographisch ausgewiesene Bestände) interessantes Material gesucht werden könnte. In jedem Fall kann diese Übersicht nur zur ersten Orientierung dienen, die vor Ort durch die handschriftlichen Findbücher des Archivs ergänzt werden muß. Drei ältere Verzeichnisse bieten weitere Hilfe. Hille (1900) gibt Hinweise auf den damaligen Bestand des zu der Zeit noch in Kiel angesiedelten Landesarchivs, Kochendörffers Aufsatz (1924) ist sehr empfehlenswert, weil er anschaulich die Verwaltungsstruktur der Herzogtümer und Dänemarks und die in den einzelnen Instanzen angefallenen (und bewahrten) Archivalien beschreibt. Er kann noch heute zur Einführung sowohl in die Verwaltungshierarchie als auch in den Aufbau der verschiedenen Archive und ihrer Abteilungen dienen. Witt (1906) stellt spezieller lediglich den Bestand der holsteinischen Generalsuperintendentur vor, diesen aber thematisch untergliedert, so daß hier bereits weitergehende Hilfestellung bei der Suche gegeben wird.

Von den einzelnen Abteilungen des Landesarchivs sollen hier beispielhaft nur einige wenige aufgezählt werden, die in der Regel für schulgeschichtliche Forschungen interessantes Material enthalten:

- als Oberbehörden das Archiv der Deutschen (Schleswig-Holsteinischen, Schleswig-Holsteinisch-Lauenburgischen) Kanzlei (Abt. 65.2) und des Departements für geistliche und Unterrichtsangelegenheiten (Abt. 51 (A XIV)),

- als Mitte